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Gott sorgt sich

Krank lag ich im Bett und fühlte mich ein wenig verloren. Aber es galt, geduldig im Bett zu bleiben. Am frühen Nachmittag ging ich zum Briefkasten. Ein großes Kuvert lag dort. Es kam aus Frankreich. Neugierig öffnete ich den Brief. Darin fand ich eine liebevoll geschriebene Karte auf einem wunderschönen Motiv der Kathedrale von Chartres, einem meiner Lieblingsorte auf der Erde. Der französische Übersetzer unseres Netzwerkes go4peace bedankte sich für das Weihnachtsgeschenk  und schrieb mir: „Ich freue mich, beim Übersetzen zu helfen und so in Verbindung zu sein und ich hoffe, dass du uns weiterhin so schöne Texte schreibst!“ Für mich war’s eine göttliche Umarmung.

Zwei Seiten einer Medaille

Gesundheitlich ein wenig angeschlagen lag ich im Bett. Eine voice-mail erreichte mich. Aufmerksam hörte ich sie ab. Da es still in meinem Zimmer war, nahm ich viele Nuancen und Schwingungen in der Stimme der jungen Botschafterin wahr. Ich spürte große Not, Sorge um ihre Familie und menschliche Überforderung im Bezug auf einige Kolleginnen, die sich ihr gegenüber nicht korrekt verhielten. Doch vor allem erlebte ich, WIE sie alles tat. Sie versuchte, Augenblick für Augenblick in der Liebe zu sein. Sie hielt alles Schwere in Liebe aus versuchte es zu verwandeln. Doch nun war sie an eine Grenze gelangt und frage sich, ob das noch gehen könne … Ich spürte ein tiefes Vertrauen. Die Voicemail endete. Der Schmerz und die Liebe dieses jungen Menschen – zwei Seiten einer Medaille –  hatten mich zuhörend tief ins Gebet gebracht. Not wurde zur Brücke – zueinander und zu Gott. Nichts war gelöst, aber die Wirklichkeit war benannt. In ihr wirkt Gott.

Klopfzeichen!

Mein Telefon klingelt. „Wir haben einen Schüler, der braucht dringend mal ein paar perspektivische Gespräche, denn er hat wirklich eine schwere Geschichte hinter sich und lebt jetzt in einer Jugendhilfeeinrichtung. Könnten Sie das machen?“ Trotz viel Arbeit spüre ich, dass in dieser Anfrage Jesus bei mir anklopft. Wenige Tage später treffe ich mich mit diesem Jungen auf einen Kaffee. Nach wenigen Minuten ist uns ein so vertrauensvolles Klima geschenkt, dass er zu erzählen beginnt. Ich staune, wie er unter widrigsten Bedingungen sein Leben in die Hand zu bekommen versucht und schon gut gelernt hat, sich selbst zu steuern. Ich lasse ihn spüren, wie sehr mich das beeindruckt. Dann erzählt er mir von seinen Musikvorlieben. Er hat bisher noch keine Chance gehabt, ein Instrument zu lernen. Mir kommt ein sehr musikalisch engagierter Mann in den Sinn. Ich schlage dem Jugendlichen vor, mit diesem Mann ein baldiges Sondierungstreffen zu dritt abzumachen. Gern willigt er ein. Abends lese ich in einer Mail. „Ich bin so froh über unser Treffen. Danke, dass Sie das alles möglich machen und organisieren!“

Schon fast vergessen!

Neben all den Hilfsprojekten für Kriegsgebiete hatten wir noch nach dem Erdbeben in Afghanistan auf die Hilfsanfrage eines Freundes für bedürftige Menschen im Erdbebengebiet reagiert. Wir hatten noch eine beträchtliche Summe zusammen  bringen können. Es war schon fast vergessen. Heute Abend bekam ich von unserem afghanischen Freund die Botschaft: „Ich hab heute ein paar Bilder bekommen und wollte mich damit ganz herzlich für eure tolle Unterstützung bedanken. In drei Dörfern haben 500 Familien in den afghanischen Bergen alles verloren. Mit unserer Hilfe haben wir echt ein Zeichen der Hoffnung setzen können. Mein afghanischer Freund hat die bedürftigsten Familien aufgelistet und dann alles verteilt! Mit dem Geld haben wir für 100 Familien für einen Monat Reis und Öl gekauft. Die Menschen dort sind sehr glücklich, dass wir das gemacht haben. Danke für alles!“

Gott lässt sich nicht lumpen!

Bei unsicheren Wetterverhältnissen hatte ich mich schon früh auf den Weg zu einer Schule gemacht, um dort das Projekt navi4life für Schüler*innen einer Abschlussklasse vorzustellen. Ich spürte in meiner Seele die Frage: Lohnt dieser hohe Aufwand insgesamt über 5 Stunden zu fahren für eine relativ kurze Präsentationszeit? Mir kam der Gedanke: Tu alles aus Liebe, denn allein das bleibt! – Es entwickelte sich ein lebendiges Gespräch mit zwei Lehrenden und dann kam die Präsentation. Am Ende durfte ich an alle Jugendlichen das Logbuch 1 „Mein Leben: windschief und glänzend“ verteilen. Mitten in diesem Getümmel blieb ein Jugendlicher einen kurzen Augenblick vor mir stehen und sagte: „Danke für das Buch, aber vor allem für die inspirierende und begeisternde Präsentation. Mir hat das sehr gut getan!“ Mit einer echten Freude im Herzen trat ich die lange Rückfahrt an.

Nur eine Tasse

„Ich muss dir dringend noch was Schönes erzählen“, sagte mir ein Freund vor einem Meeting: Eben wollte ich bei einem Kollegen in einer benachbarten Firma noch etwas abholen. Ich hatte meine rote go4peace-Tasse in der Hand. Ich kam in die Firma und sah, wie mein Kollege gerade dabei war, die gleiche rote go4peace-Tasse abzutrocknen. „Wo hast du denn die her!?“ fragte ich überrascht und vergnügt. „Von unserem Lageristen. Das ist seine Lieblingstasse, die er immer benutzt. Ich musste ihm  versprechen, sie sofort zurückzubringen, wenn ich ausgetrunken habe. Er gibt sie sonst nie aus der Hand.“ Vor über einem Jahr hatte ich dem Lageristen diese Tasse mit der Aufschrift: *Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben!‘ geschenkt.

Leb ganz im Jetzt!

Bei unsicheren Wetterverhältnissen hatte ich mich auf einen weiten Weg zu Jugendlichen gemacht. Sie hatten um Informationen bezüglich eines FSJ-Einsatzes in Bosnien-Herzegowina gebeten. Neben dieser Einsatzstelle im Südosten Europas klangen Länder wie Brasilien, Südafrika, Madagaskar, Peru oder Namibia weitaus reizvoller. So hatten nur zwei Jugendliche an einem Jahr auf dem Balkan Interesse gezeigt. Ich spürte Enttäuschung in meiner Seele. Sofort kam mir das Motto des Monats in den Sinn: „Trau dem Leben!“ Ich stellte das Projekt kurz in der Gesamtgruppe vor und dann ging‘s in die Kleingruppen. Als das Zeitfenster für die beiden Interessierten vorbei war, klopfte es. Eine junge Studentin kam. „Das war so spannend, was du eben erzählt hast.“ Dann entwickelte sich ein halbstündiges ehrliches und lebendiges Gespräch. Und nochmals klopfte es und ein ebenso kostbarer Austausch wurde mir geschenkt! Als ich mich abends verabschiedete, kam eine der Jugendlichen nochmals auf mich zu: „Danke, dass du eigens gekommen bist. Für mich wars eine große Bereicherung!“

Traue dem Leben!

Ich bin Lehrerin an einer Grundschule. Die Mutter eines Erstklässlers schrieb, dass sie sich große Sorgen um ihren Sohn gemacht habe, bevor er in die Schule ging. Viele Dinge habe er ängstlich verweigert und sich nur wenig zugetraut. Sie hatte die Befürchtung, dass er die Schule nicht schaffen würde. Und nun bedankt sie sich von Herzen bei meinem Kollegen und mir, weil der Kleine aufblüht, gerne zur Schule geht und plötzlich neue Schritte wagt. Wir lesen: „Er ist ein selbstbewusster und fröhlicher Junge geworden, der Dinge schafft, die ich nicht für möglich gehalten hätte. So möchte ich ihnen für die große Fürsorge, Liebe und Wertschätzung danken, die sie den Kindern entgegenbringen. Das schafft ein Klima, in dem die Kinder wirklich wachsen können!“

Eine Oase im Trubel des Alltags

Irgendwie lief alles nicht so, wie es laufen sollte und dann noch ein dicker Stau. Ich horchte auf mein Herz und fragte: Was ist jetzt zu tun? Mir kam die Zahnärztin in den Sinn, die als Muslima über ihre Freundin das Licht von Betlehem bekommen hatte und sich tief bewegt bei mir dafür bedankt hatte. „Schauen Sie doch gern mal in meiner Praxis vorbei, wenn sie in meiner Stadt sind!“ hatte sie mich wissen lassen. Also fuhr ich hin. Als ich in den Räumen der Praxis ankam und die Dame am Empfang wissen ließ, dass ich nicht wegen Zahnschmerzen käme, sondern nur um einen kurzen Besuch zu machen, antwortete sie: „Herzlich Willkommen.“ Nach einigen Minuten des Wartens kam die Ärztin. „Ich freue mich so sehr, dass sie gekommen sind! Toll, dass Sie das einfach möglich machen.“ Und dann – mitten im Trubel der Praxis – organisierte sie einen Kaffee und wir kamen ein paar Augenblicke lang in einen ehrlichen und lebendigen Austausch - über ihre Familie im Gaza-Streifen, über ihre Kinder, ihre Heimat und vieles mehr. Eine Oase mitten im Trubel des Alltags. Beim Abschied sagte sie: „Was für ein Geschenk! Kommen Sie gerne wieder. Wir finden immer einen kurzen Augenblick!“ 

Werkzeug in der Hand eines anderen

Viele engagierte Kinder hatten als Sternsinger viel Freude in die Wohnungen vieler Menschen unserer Stadt gebracht. Am nächsten Tag erschien die Hälfte der Kinder und das Organisationsteam nochmals zum Gottesdienst. Ich konnte eine Vielzahl an kleinen frohmachenden Erfahrungen aus ihnen herauskitzeln. Spät abends erreichte mich noch eine wunderschöne Nachricht. „Der heutige Gottesdienst für die Sternsinger war - dank Ihrer unglaublichen Nähe zu den Menschen - ein verspätetes Weihnachtsgeschenk für mich. Die Ihnen vom Herrn geschenkten Talente und Begabungen machten den Kirchenraum zum Zentrum für die Begegnung von Jung und Alt. Die Kinder zu den Wandlungsworten um den Altar stehen zu sehen, war für mich ein helles Licht, wie der Stern über der Krippe. Ich glaubte zu spüren, dass Gott in diesen Augenblicken dankbar alle segnete. Bewahren Sie sich diese tiefe Liebe zu den Menschen. Sie stärken meinen Glauben!“

 

Viele engagierte Kinder hatten als Sternsinger viel Freude in die Wohnungen vieler Menschen unserer Stadt gebracht. Am nächsten Tag erschien die Hälfte der Kinder und das Organisationsteam nochmals zum Gottesdienst. Ich konnte eine Vielzahl an kleinen frohmachenden Erfahrungen aus ihnen herauskitzeln. Spät abends erreichte mich noch eine wunderschöne Nachricht. „Der heutige Gottesdienst für die Sternsinger war - dank Ihrer unglaublichen Nähe zu den Menschen - ein verspätetes Weihnachtsgeschenk für mich. Die Ihnen vom Herrn geschenkten Talente und Begabungen machten den Kirchenraum zum Zentrum für die Begegnung von Jung und Alt. Die Kinder zu den Wandlungsworten um den Altar stehen zu sehen, war für mich ein helles Licht, wie der Stern über der Krippe. Ich glaubte zu spüren, dass Gott in diesen Augenblicken dankbar alle segnete. Bewahren Sie sich diese tiefe Liebe zu den Menschen. Sie stärken meinen Glauben!“

Kinder auf dem Weg

Über 60 Kinder und Jugendliche hatten sich mit ihren Begleiter*innen auf den Weg gemacht, als „Drei Könige“ verkleidet für Projekte in unserer go4peace Partnergruppe in Albanien zu sammeln. Mit großem Elan waren sie z.T. über 8 Stunden unterwegs und mobilisierten ihre letzten Kräfte, um für ihre Alterskollegen die Flamme der Hoffnung zu nähren. Zu einem Zwischenstopp kamen einige Gruppen in unser Pfarrzentrum, um sich aufzuwärmen, etwas zu essen und dann weiterzumachen. Es war ein beeindruckender Tag. Als ich gegen Ende einen kleinen König mit blonden Haaren fragte: „Sag mal, hat eigentlich die Krone die Farbe deiner Haare oder haben deine Haare die Farbe der Krone angenommen?“ sagte er mir: „Ist egal! Ich find das so cool, was wir machen, dass ich heute Abend mit der Krone schlafen gehe!“

Er ereignet sich!

Ich war mit 70 jungen Leuten zusammen. Sie hatten mich gebeten, mit ihnen einen „Andachtspunkt“ am letzten Tag des Jahres vorzubereiten.  Wir saßen in einer kleinen Vorbereitungsgruppe. Das Gespräch ging hin und her, es war wenig Struktur zu erkennen. Ich fragte mich, was die größere Liebe sei, es so geschehen zu lassen oder eine Struktur anzubieten. Ich entschied mich für das erstere. Auch das Thema blieb vage. Ich mühte mich, jedem einzelnen Jugendlichen aufmerksam zuzuhören. In einem Augenblick erzählte ich eine Erfahrung, die die Sehnsucht Gottes, bei uns Menschen sein zu wollen, ins Licht hob. Wir entschieden uns für das Thema: „He happens!“ (ER – Jesus – ereignet sich unter uns.) Irgendwie war in allem eine gottesdienstliche Linie entstanden.  Als Mini-Predigt erzählte ich drei Erfahrungen, die ich mit Menschen aus verschiedenen Erdteilen hatte machen dürfen. Über alle Grenzen der Nation, Religion, Konfession und Generation war jedes Mal die Gegenwart Gottes an ihren Wirkungen des Friedens und der Freude spüren gewesen. Gebannt hörten die Jugendlichen zu. Am Ende war noch ein persönlicher Segensgestus möglich. Fast alle kamen. Als letzte kam eine Studentin. Leise sagte sie: „Ich bin so berührt. Es war so echt!“

Momente der Ewigkeit

„Danke für dein Gebet!“ lese ich in einer WhatsApp-Nachricht. „Ich habe es wirklich nötig. Vor fünf Minuten bin ich durch Explosionsgeräuschen aufgewacht, die Rakete ist in meiner Stadt in der Nähe der Arbeitsstelle meines Vaters hier in der Westukraine eingeschlagen. Ich habe das Geräusch sehr deutlich gehört. Zum Glück geht es ihm gut, aber er ist verängstigt. Der Krieg ist nicht nur in Kiew, er tobt in der ganzen Ukraine und ist noch längst nicht zu Ende.“ 1500 Kilometer entfernt fühlt mein Herz mit. Ich spüre all die Ängste im Herzen der Studentin. Es ist zermürbend, unter ständiger Bedrohung leben zu müssen. Warum all das? quält mich als Frage. Ich schicke eine ermutigende Antwort und halte dann ein wenig Stille, um all das Schwere mit auszuhalten und einfach ganz da zu sein. Später lese ich: „Es ist so ungerecht. Alle Welt feiert Weihnachten und hier sterben Menschen unter den Trümmern. Und was kann ich tun? Nur auf Gott vertrauen und ihn um Kraft, um Liebe und um Glauben bitten! Das ist alles, was ich jetzt tun kann. Danke, dass Du da bist!“ Auch das lasse ich an mein Herz und spüre auf einmal: Wir sind nicht allein. Jesus ist da und in ihm sind wir einander nah. Hoffnung für den nächsten Schritt.

Gottes Sehnsucht nach uns Menschen

Heilig Abend habe ich in einer kleinen Gruppe mit acht Personen gefeiert, eine stammte aus Nazareth. Wir waren eine sehr bunte Familie. Bei den Vorbereitungen habe ich mich gefragt, wie wir an dem Abend in ein tieferes Miteinander finden könnten. Mit ein paar Texten in der Hinterhand bin ich dann voller Wachsamkeit in den Abend gestartet. Unser Gespräch nahm seinen Lauf. Die Freundin aus Nazareth erzählte… Später kamen wir auf einen Freund zu sprechen, der vor wenigen Wochen gestorben ist. Das gab mir den Impuls, davon zu erzählen, wie er konkret in seinem Leben mit Gott unterwegs war. Und dann kam mir der Brief eines Freundes in den Sinn, in dem er von der Sehnsucht Gottes nach uns Menschen geschrieben hast. Ich nahm ihn zur Hand und las ihn vor. U.a. stand da: „Mögen wir in diesen Tagen neu entdecken: Es geht um uns. Es geht um mich. Ich bin unendlich geliebt, denn Gott hat Sehnsucht nach mir!“ Alle sind innerlich mitgegangen, haben sich berühren lassen - von diesen Worten, irgendwie von Gott. Eine Freundin meldete sich am darauffolgenden Tag nochmals und sagte nur: „Gott hat Sehnsucht nach mir! – Ich bin tief getroffen!“

Zeichen der Hoffnung

„Darf ich Sie anrufen?“ lese ich auf meinem Display des Handis. „Na klar!“ meine schnelle Antwort und schon klingelt das Telefon. „Ich wollte Sie auf jeden Fall persönlich sprechen, denn als ich gestern das kleine Päckchen mit dem wunderbaren Stern bekommen habe, sind mir die Tränen gekommen! Ich war so gerührt und konnte meine Gefühle einfach nicht in Worte fassen. Es hat mir so viel Hoffnung gegeben in dieser schweren Zeit, denn Sie wissen ja, ich komme aus dem Gaza-Streifen und lebe und arbeite schon einige Jahre hier in Deutschland, aber meine ganze Familie lebt im Gaza-Streifen – mittlerweile in selbstzusammen gebauten Zelten…“ Gebannt höre ich zu und spüre, was die kleine Aufmerksamkeit für diese Muslima aus Palästina bedeutet hat. Ich kannte sie nicht persönlich, aber alles hatte damit begonnen, dass ihre Freundin ihr das Licht von Betlehem gebracht hatte… Gott schreibt in allem Dunkel SEINE ganz persönliche Geschichte des Friedens!

Ein Licht in der Dunkelheit

Der Tag war lang und beschwerlich gewesen. Es war der Tag der Ankunft des Lichts von Betlehem. Abends schaute ich in das Licht und spürte noch den leisen Impuls: Bring das Licht noch zu einer Familie, mit der ich am Morgen nach der Messe gesprochen hatte. Die Mutter hatte mir erzählt, dass sie in der Nachbarstadt eine Freundin habe, die in einem Flüchtlingscamp aufgewachsen war und dann einige Jahre im Gaza-Streifen gelebt hatte. Ihr wollte sie das Licht gern weitergeben. So brachte ich es noch in tiefer Nacht mit einer Sturmlaterne zu der Familie. Am nächsten Morgen hörte ich in einer Voice-Mail. „Von Herzen Danke für das Licht von Betlehem. Ich habe es heute morgen in der Sturmlaterne mitgenommen und bin vom Bahnhof aus mit dem Licht durch die Stadt zu meiner Freundin gelaufen. Sie war schon in ihrer Praxis. Als ich ankam, haben wir beide ein paar Augenblicke in das Licht geschaut. Uns kamen die Tränen. Dann haben wir uns herzlich umarmt. Meine Freundin ist Muslima. Sie war so gerührt von diesem fragilen Zeichen des Friedens. Nach Feierabend wird sie das Licht in einem kleinen Video via WhatsApp an ihre Familie im Gazastreifen schicken. Sie haben dort ihr Haus verloren und auch die Flüchtlingsunterkunft wurde zerstört. Jetzt leben sie in einem Zelt. Dort wird das Licht ankommen.“ Als ich das hörte, kamen mir Tränen. Ich schaute auf die Weihnachtskarte, die wir dieses Jahr gestaltet hatten. Dort stand: „Gott sehnt sich nach uns. Er kommt als Mensch, der unsere Hilfe braucht!“

Zur rechten Zeit am rechten Ort!

 Ich hatte mein Handi vergessen und musste deshalb nochmals kurz nach Hause. Nicht weit von meinem Haus entfernt stand ein Auto, in dem zwei Ehepaare saßen. Sie suchten nach der Adresse einer Frau, die Portraits malte. Ich wusste, dass diese über beide Ohren voll mit Arbeit in diesen Tagen keine neuen Projekte würde beginnen können. Interessiert fragte ich, für wen sie denn ein Porträt malen lassen wollten. Sie erzählten, dass ihre Mutter verstorben sei und sie schon in drei Tagen beerdigt würde. Gern würden sie ein Foto ihrer Mutter neben den Sarg stellen, sie hatten aber nur ein kleines Passfoto ihrer Mutter. In einem Fotografengeschäft waren sie abgewiesen worden, deshalb hatten sie an ein Porträt gedacht. Ich schaute mir das Passfoto an und ließ sie verstehen, dass ich ihnen helfen könne. In meinem Büro vergrößerte ich das Foto und wir rahmten es. Nach einer Stunde Arbeit war alles erledigt. Als die vier nach dem Preis fragten, ließ ich sie verstehen, dass ich für diese Arbeit für eine Verstorbene kein Geld nehmen würde. Mit Tränen in den Augen verabschiedeten sich. Sie riefen mir noch nach: „Was für ein Geschenk, Ihnen begegnet zu sein. Diese Begegnung wird auch in 20 Jahren in uns noch lebendig sein.“

Gerade JETZT!

Ich hatte mich aufgemacht, den 500 Lehrer*innen unserer Stadt einen kleinen Weihnachtsgruß in die Schulen zu bringen. Dazu fuhr ich an 10 verschiedenen Grund- und Weiterführenden Schulen vorbei. Kurz vor Ende meiner Rundtour schellte ich an einer der Schulen vergeblich. Da ich das Gebäude kannte, fand ich einen anderen Eingang. Als ich vor dem Lehrerzimmer stand, kam eine Lehrerin auf mich zu und sagte: „Wie gut, dass Du kommst. Hier steht gerade alles Kopf!“ Und dann erzählte sie von einem Schüler, dem sie Zeit geschenkt hatte, um ihn und seine persönliche Situation – nach einem faux pas an der Schule – besser kennen zu lernen. „Ich bin echt geschockt!“ hörte ich. „Da war gar nichts mehr an Motivation. Ich hab ihn gefragt: Wann warst du das letzte mal froh? – Keine Antwort. Wann hast du dich das letzte Mal für irgendetwas angestrengt? – Keine Antwort. Hast Du Freude an irgendetwas? – Keine Antwort. Und was tust du den ganzen Tag? Seine Antwort: Abhängen! – Oh, ich bin so geschockt und weiß irgendwie nicht mehr, wie wir ihm helfen können!“ Dann kehrten einige Augenblicke der Stille ein. „Wie gut, dass ich das gerade JETZT mit dir teilen konnte!“ Dann klingelte das Telefon und der Alltag ging weiter.

Geteilter Schmerz

Eine Botschaft erreicht mich aus der Ukraine. „Ich liege noch im Bett und versuche ein wenig Schlaf nachzuholen, denn letzte Nacht war wieder ein Angriff auf unser Stadtviertel. Wir haben zu zweit im Korridor unseres Hochhauses gesessen. Ich habe versucht, stark zu bleiben, um meine Mitbewohnerin zu trösten und ihr Halt zu geben.“ Dann höre ich in einer angehängten Audio-Datei zwei Minuten lang die Einschläge der Raketensplitter und Martinshörer. Eine gespenstische und bedrohliche Situation. Ich spüre die Angst all derer, die das wieder aushalten mussten. Ich sehe die Zeit, in der das Audio aufgenommen wurde: 3 Uhr morgens. Tief erschüttert und bewegt höre ich mir diesen Lärm der Zerstörung zwei Mal an und bete dabei für die, deren Lebenssituation es jetzt ist. Der geteilte Schmerz und die geteilte Angst werden zu einer Brücke der Liebe.

Beim Bäcker

Im Anschluss an einen Gottesdienst ging ich noch in eine nahe gelegene Bäckerei, um ein Brot zu kaufen. Unerwartet traf ich dort auf die Küsterin der Kirche, die sich für zwischendurch ein leckeres Brötchen kaufte. In der Schlange stehend wies sie auf eine der Verkäuferinnen und ließ mich wissen, dass sie nach einem Rosenkranz gefragt habe. Auf dem Heimweg von der Kirche erinnerte ich mich an ein Tagesmotto, das wir mit Jugendlichen in Sarajevo zu Beginn dieses Jahrtausends gelebt hatten und das eine echte Dynamik hervorgebracht hatte: „Uviek i odmah!“ (immer und sofort). Vor meinem inneren Auge tauchten all die Gesichter der Jugendlichen auf und ich spürte eine solche Freude in meinem Herzen, dass ich – als ich zu Hause war, meinen schönsten Rosenkranz aus Betlehem einpackte und ihr in das kleine Dorf brachte. Als ich der Verkäuferin das kleine Päckchen gab, schaute ich in strahlende Augen.