Heute rief meine Freundin an. Sie war sehr verzweifelt, weil ihr Mann schwer erkrankt im Krankenhaus liegt. Ich war gerade dabei, meine Wohnung zu verlassen, aber ich blieb am Telefon. Sie erzählte mir ihre Sorgen und Nöte. Später schrieb sie mir: Ich danke dir für unser Gespräch, es hat mir sehr gut getan. Und genau das, war das Monatsmotto. Teile, was schwer ist für Dich! Ich hatte den Brief dazu gerade in meine Muttersprache übersetzt.
Immer wieder hatte ich versucht, einen Jugendlichen zu kontaktieren, der sich auf die Firmung vorbereitete. Er war kaum zu Veranstaltungen erschienen, auf meine Kontaktversuche reagierte er nicht. Nach vielfältigsten Versuchen und Brückenschlägen spürte ich Ärger in meiner Seele. Ich schrieb ihm, ihm auf dem Weg zur Firmung keine Steine in den Weg legen zu wollen, aber sein Nicht-Reagieren sei nur schwer zu nehmen. Die Mutter meldete sich, ob wir ein Gespräch zu dritt haben könnten. Natürlich gern. Schon nach einer Stunde war ich bei den beiden. Schnell waren wir in einem ehrlichen Austausch. Ich erfuhr, dass der Vater des Jungen die Familie im Stich gelassen und jeglichen Kontakt zu seinem Sohn abgebrochen hatte. Nach und nach kam viel Schmerz und Enttäuschendes – auch im Hinblick auf die Kirche – ins Wort. Ich konnte alles gut nachvollziehen. Plötzlich war ein Klima unter uns, so dass auch die Mutter Schmerz aus ihrer Seele teilen konnte. Kostbare Augenblicke. Als ich den Jugendlichen am Ende fragte, ob er im Firmgottesdienst einen Text vorlesen könne, schaute er mich an wie einen Omnibus. „Ich?“ fragte er mehrmals. „Kommt gar nicht in Frage!“ Ich ermutigte ihn durch eigene Erfahrung und bat ihn, zumindest abends nochmals darüber nachzudenken. Gegen Mitternacht kam eine WhatsApp: „Ich mach’s!“
Ich war mit einigen Jugendlichen auf einem Flohmarkt unterwegs, der für Sozial-Projekte veranstaltet wurde. Wir standen vor einer großen Kirche. Mir fiel eine jüngere Frau asiatischen Ursprungs auf, die sehr traurig in die Welt schaute. Ich gab ihr ein kleines Geschenk und sprach sie an. Sie wirkte unsicher. Sie sprach Englisch. Auf meine Frage, woher sie komme, erfuhr ich, dass sie aus Malaysia sei und mit ihrer Mutter für eine Woche nach Europa gekommen sei. Vertrauen wuchs. Sie erzählte, dass sie ihre Schule beendet habe und nun unsicher sei, ob sie auf eine medizinische Hochschule gehen solle. Ich hörte ihr aufmerksam zu und fragte sie dann, wieviel Sicherheit sie für eine Entscheidung brauche. 80 %! Dann ließ ich sie durch kleine Beispiele verstehen, dass die 20 % Unsicherheit bei ihren Entscheidungen bleiben und mitgehen würden und dass sie – in unsicheren Phasen – diesen 20 % nicht zu viel Raum geben dürfe. In der Zwischenzeit war ihre Mutter dazugestoßen und hörte dankbar und aufmerksam zu. Ich sah Tränen in den Augen der jungen Frau, Tränen der Dankbarkeit und Freude. Am Ende sagte die Mutter: „Vielleicht war es nur wegen dieses hoffnungsvollen Gespräches für meine Tochter, dass wir nach Europa kommen sollten. Morgen fliegen wir wieder!“ Dann verabschiedeten wir uns.
Sechs Flüchtlingsgeschichten hatten wir an einem Abend im Rahmen der interkulturellen Woche einem breiten Publikum vorgestellt. Bewegend hatten Filmon aus dem Irak, Berislav aus Bosnien und Herzegowina, Aata aus dem Irak, Elham und Hakim aus Afghanistan, Artemida aus Albanien und Stas und Sasha aus der Ukraine erzählt. Sie alle hatten sehr persönlich erzählt, wie sie das kostbare Gut ihres Lebens zu schützen gesucht und jetzt bei uns in Deutschland angekommen waren. Nach der Begegnung kam eine Frau mit Tränen in den Augen und sagte: „Ich habe noch nie so sehr gespürt, dass wir alle zu einer Menschheitsfamilie gehören und alle in einem Boot sitzen. Die Aussage der jungen Christin aus dem Irak: Für mich ist nicht wichtig, welcher Religion eine Person angehört, sondern ob sie ein gutes Herz hat, ist mir tief ins Herz gefallen. Ich gehe sehr bereichert wieder nach Hause!“
In einer Mail lese ich: Seit ein paar Tagen begleitete mich der Gedanke: Die Welt ändert sich, wenn ich mich ändere! Heute traf ich einen älteren Mann, der seit vielen Jahren für die Firma meiner Familie arbeitet. Er ist ein ganz lieber Mann – voller Wärme und Demut. Ich war nach einem langen Arbeitstag total müde. Es fiel mir schwer, dem Mann zuzuhören. Auf einmal fiel mir der Gedanke ein: Die Welt ändert sich, wenn ich mich ändere. Plötzlich war ich voller Energie und hellwach und hab ihm zugehört, als ob es meine letzte Tat auf Erden wäre. Der ältere Mann erzählte mir, wie dankbar er für seinen Job ist. Ich ließ ihn wissen, wie wichtig er für unsere Firma ist. Er konnte das kaum glauben. Ich blieb dran und konnte ihn überzeugen, dass seine Arbeit, unser Firmengelände täglich aufzuräumen, so wichtig für alle ist. Es ist ein Geschenk für jeden, der vorbei geht.
Über Jahre waren wir in einem Kreis als Priester gemeinsam unterwegs gewesen. Dann hatte ich ihn längere Zeit nicht gesehen. Er war einem anderen Pfad gefolgt. Vor wenigen Tagen hatten wir offen eingeladen, den Projekthorizont navi4life für junge Menschen kennenzulernen. Auf einmal sah ich sein Gesicht wieder – voller Freude. Wir begannen mit einem persönlichen Austausch unter den Brüdern, die gekommen waren. Er erzählte. „Ich wollte mal was Neues ausprobieren, einem anderen spirituellen Weg folgen. Doch auf diesem Weg gelang es nie, in einen echten ehrlichen Austausch zu kommen. Den hab ich von Monat zu Monat mehr vermisst, weil mein Herz gespürt hat: Wenn wir so offen und ehrlich voneinander erzählen, dann ist Jesus immer da. Jetzt, da ich bei euch bin, spüre ich das so tief und mein Herz ist wieder in der Freude. Ich bin wieder da!“
Was soll ich nur wieder predigen, fragte ich mich am Samstagmorgen. Die „ungerechte Geschichte“ der Arbeiter im Weinberg, die trotz unterschiedlicher Arbeitszeiten alle einen Denar bekommen, war mir aufgegeben. Mit diesen Gedanken im Herzen ging ich durch unsere Stadt, in der ein Flohmarkt veranstaltet wurde. Ich schlenderte zwischen den Ständen hindurch, an denen viele Kinder ihre Waren anboten. Hinter einem Tisch sah ich einen kleinen Jungen stehen, der ein wenig traurig ausschaute. "Na, läuft das Geschäft?" fragte ich ihn. Dann erklärte er mir, wenn ich mein Fahrrad und meinen Rucksack verkauft bekomme, dann war der Tag gut. Aber bisher habe ich noch fast nichts verkauft. Dann schaute er ganz traurig in die Weltgeschichte. Ich sagte ihm: "Und ich muss heute dringend was bei Dir kaufen!" Dann zeigte er mir all seine Spielzeuge, die er nicht mehr brauchte. Ich entschied mich für ein älteres Holzspielzeug und kaufte es ihm ab. Er war total glücklich. Als ich ging, winkte er mir heftig hinterher. Wieder zu Hause, war das Thema meiner Predigt klar: Gott fragt nicht: Was hat der einzelne verdient? Sondern: Was braucht der einzelne?
Es liegt 35 Jahre zurück. Als junger Priester hatte ich für ein Ferienlager mit Jugendlichen von einer befreundeten Familie einen VW-Bulli zur Verfügung gestellt bekommen. Da ich noch nicht so geübt war im Fahren eines größeren Fahrzeuges, hatte ich den Wagen in einer engen Bergkehre auf einen Stein aufgesetzt. Es war nichts Gravierendes passiert und doch saß mir der Schock in den Knochen. Nach der Rückkehr aus dem Ferienlager brachte ich der Familie das Fahrzeug zurück. Ich „beichtete“ dem Vater, was geschehen war. Er schaute sich den Schaden unter dem Fahrzeug an, stand wieder auf, lächelte mich mit einer Güte an, die mir bis heute im Herzen geblieben ist und sagte: „Lass mal gut sein. Alles in Ordnung!“ Ich weiß noch, wie ich tief berührt wieder nach Hause fuhr. Diese Güte und Großherzigkeit hatte mein Herz tief erreicht. In den vergangenen Tagen haben wir diesen Freund beerdigt. Ich spüre: Die Liebe bleibt!
Während meiner Ferien war ich auf die Passhöhe des Großen St. Bernhard gefahren und hatte dort in der Kirche des Hospiz, wie schon in vergangenen Jahren, für die Jugendlichen Europas gebetet. Viele einzelne Gesichter hatte ich Jesus ans Herz gelegt. Dann war ich auf ca. 3000 Meter Höhe an einen meiner Lieblinsorte gestiegen. Dort saß ich an einer exponierten Stelle und las in einem Buch – unter mir ein Kamin. Auf einmal hörte ich Stimmen. Ein Ehepaar mittlerer Jahre kam durch den Kamin hoch geklettert. Das hatte ich kaum für möglich gehalten. Schnell machte ich Platz, damit sie gut ankommen können. „Toll, dass sie da geschafft haben. Ich bewundere Eure Kondition, Euren Mut und Eure Zielstrebigkeit!“ Sie fühlten sich sehr geliebt und wir kamen in ein längeres Gespräch. Dann setzten sie sich an einen anderen Ort und aßen ihre Butterbrote. Als ich weiterzog, kam die Frau nochmals zu mir und sagte: „Wir hätten keinen schöneren Empfang hier oben haben können, als durch Dich! Danke für Dein offenes Herz und Deine Freundlichkeit!“
Meine Frau hatte ihr Portemonnaie oben aufs Autodach gelegt und es dort vergessen. Bei der anschließenden Fahrt war es verloren gegangen. Die Polizei hatte angerufen, ein ehrlicher Finder habe die Geldbörse zurückgebracht. Was fehlte, war allein eine Bankkarte. Durch einen Anruf beim ehrlichen Finder war klar geworden, wo er die Börse gefunden hatte. So fuhr ich aus Liebe zu meiner Frau in der Mittagspause an den genannten Ort und suchte jeweils ca. 400 Meter in beide Richtungen den Straßenrand ab. Dabei betete ich zu Gott, er möge das geschehen lassen, was jetzt richtig sei. Über 10 Minuten hatte ich schon gesucht und war vertieft ins Gespräch mit Gott. Auf einmal fiel mein Blick auf die kleine Checkkarte von go4peace, den sog. Bootsführerschein. Er lag im Gras am Straßenrand. Auf dieser Karte las ich: „Seid gewiss, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt!“ Dass meine Frau diese Karte in ihrer Geldtasche hatte, erfreute mich sehr. Ich fühlte mich von Gott umarmt. Wenige Augenblicke später fand ich auch die EC-Karte.
In einer Mail lese ich: Heute bin ich einer tapferen jungen Mutter begegnet, die viel Kummer mit ihren Kindern hat. Zum Glauben hat sie nur wenig Zugang. Ich erzählte ihr von meinem Mann, der mit schwer erziehbaren benachteiligten Jugendlichen arbeitet. Sie war total berührt. Dann sagte sie: „Dein Mann wurde ganz sicher zu diesen Kindern geschickt. Das ist alles kein Zufall, das ist einfach …“ Ihr fehlten die Worte.
Später begleitete ich eine lebhafte Kindergruppe zum Spielplatz. Dort begann meine Kollegin plötzlich unerwartet zu weinen. Sie erzählte, dass man bei ihrem jüngsten Sohn eine schwere Krankheit festgestellt habe. Am Nachmittag müsse sie zu Untersuchungen mit ihm ins Krankenhaus. Sie war voller Angst. Ich habe mein Herz ganz für sie geöffnet. So spürte sie, nicht allein zu sein.
Es stimmt wirklich: Wenn wir Jesus nachfolgen, führt er uns genau zu den Menschen, die sein Brot des Lebens brauchen. Dieses Brot sein und weitergeben zu dürfen, erlebe ich als tiefes Vertrauen Gottes in uns. Es ist schwer und schön – ganz schön schwer!
Während der Liboritage hatten wir unterschiedlichste Menschen interviewt. Wir hatten gefragt, was sie geworden sind und wer sie auf dem Weg unterstützt hat. Am Ende gaben alle aus ihrer Erfahrung heraus den jugendlichen Zuhörenden einen Tipp mit auf den Weg. Mir war der Impuls gekommen, dieses Video an eine größere Gruppe zu schicken. Kurz darauf erhielt ich die Botschaft: „Das ist zum wiederholten Male ein ‚Zeichen von Ihnen‘ (ohne dass Sie es wissen)! mit ausgerechnet diesem Dieses „Entscheidungshilfe-Video zur Wegorientierung“ erreicht mich in einer Zeit, in der ich eine Entscheidung für eine berufliche Neuorientierung (mit fast 58 Jahren) treffen muss und alte Wege und Sicherheiten dafür verlassen muss. Aber ich habe mich entschieden, auf mein Bauchgefühl zu hören und mich auf den Weg zu machen, in dem Wissen, dass Gott mich begleitet. Und genau darin hat mich das Video bestärkt.“
Während des Liborifestes in Paderborn hatten wir Armbänder mit der Aufschrift „go4peace – building bridges in Europe“ verteilt. Einige Tage nach dem Fest schrieb mir ein jüngerer Ehemann: „Ich trage das Armband nun durchgehend. Dazu musst du folgenden Hintergrund wissen: Wir haben in unserer Ehe zwei grundlegende Schwächen identifiziert, meine Frau jammert und ich motze zu schnell. Vor einiger Zeit fand ich in einem Buch, in dem Verhaltensänderungswünsche vorgeschlagen werden, den Tipp, sich ein Armband zu suchen und 40 Tage am gleichen Arm zu tragen. Nur muss man jedes Mal, wenn man in die alte Verhaltensweise zurückfällt, das Band vom einen Arm an den anderen wandern lassen. Also, mein Vorhaben war klar: 40 Tage nicht motzen und ein Armband musste her. Und dann bekam ich Euer Armband geschenkt. Und die Ermutigung, „Brücken zu bauen“ hätte besser nicht sein können. So trage ich es nun und hatte bereits vier Tage geschafft. Heut bin ich leider gescheitert und hab das Armband nun am anderen Arm. So zähle ich neu und bin gespannt, ob ich es schaffe.
Ungezählten Menschen haben wir mit einer kleinen Gruppe junger Leute Papiertaschentücher während des Liborifestes in Paderborn geschenkt. Die Tücher steckten in einer Papiertasche mit dem Aufdruck: „Nimm mich! Trockne die Tränen der Menschen um dich herum!“ Viele Menschen reagierten mit einem Lächeln und dem Ausruf: „Was für eine schöne Idee!“ Am sechsten Tag kam ein junger Priester erneut zum Dom und sagte mir: „Ich hab das Taschentuch schon gut einsetzen können. Während eines Begleitungsgespräches flossen gestern viele Tränen. Da war das Taschentuch eine ermutigende Hilfe!“
Am Telefon erzählt mir eine Ordensschwester von einer Mitschwester, die psychisch sehr belastet ist. Immer wieder schreit sie ihre Mitschwestern an und nennt sie „Verbrecherinnen“. Das Leben mit ihr ist für viele kaum noch erträglich. „Mit Worten ist da nicht mehr viel zu machen. Da hilft nur noch inständiges Beten!“ höre ich am Telefon. „Ich habe jetzt einige Male morgens während des Laudesgebetes die Kapelle verlassen, weil die Mitschwester nicht mehr in die Kapelle kommt. Ich hab mich schweigend vor die verschlossene Zimmertür meiner Mitschwester gesetzt und Jesus gebeten, ihr Herz zu erreichen und ihr Frieden zu schenken. Vor drei Tagen ist etwas geschehen, was wir nicht für möglich gehalten hatten. Die kranke Schwester kam wieder zur Kapelle. Sie blieb in der Tür stehen, schweigend, kam dann zu mir und sagte leise: ‚Danke!‘“
Inmitten der jungen Leute taucht an unserem Tiny House auf dem Liborifest in Paderborn auf einmal ein alter Mann auf. Als ich kurz in das House gehe, geht er mir nach. Mit tiefgütigen Augen strahlt er mich an und spricht laut meinen Namen aus. Ich schaue ihn an. Ich kenne ihn, weiß aber seinen Namen nicht mehr. Er hilft mir mit seinem Namen. Wir sind uns vor 33 Jahren das letzte Mal in Jerusalem begegnet. „Wie gut, dass Du Deinem Herzen gefolgt bist und dran geblieben bist an dem, was da wachsen sollte. Ich habe eine ganz Zeit das bunte Treiben am Tiny House verfolgt. Hier heraus spricht das Leben eines lebendigen ehrlichen Miteinanders, für das ich auch gelebt habe. Wie gut, dass Du nicht dem Mainstream gefolgt bist und es so gemacht hast, wie es andere von dir wollten!“ Erstaunt und getroffen stehe ich da. Seine Worte treffen und bewegen mein Herz ganz tief. Ich spüre, wie sehr Gott am Werk ist. Er erzählt mir von Brüchen in seinem Leben. Er hat eine Frau, die im Rollstuhl sitzt, mitgebracht. Wir kommen über die Holzfigur des Liborius ins Gespräch, die in der Krypta des Paderborner Doms neu aufgestellt ist. Gemeinsam verstehen wir: „Nicht wer moralisch immer vorbildlich gelebt hat, ist vor Gott heilig, sondern wer am meisten vertraut hat!“
Es waren volle Tage auf dem Liborifest in Paderborn. Mit unserem Tiny House standen wir direkt am Domturm und begegneten vielen Menschen. Eine kleine Gruppe Jugendlicher Firmbewerberinnen hatte sich auf den Weg zu uns gemacht, um dabei zu sein. Sie gingen über die Kirmes, hatten Freude an dem bunten Leben und verteilten Einladungen ans Tiny House. Während der vielen spontanen Gespräche am Tiny House hatte ich einem Mädchen den Ball zugespielt. Sie erzählte, was es für sie bedeutet hatte, mit dem Logbuch „Mein Leben – windschief und glänzend“ zu arbeiten und wie persönlich sie sich in den Gesprächsgruppen vor dem Tiny House angesprochen gefühlt hatte. Abends saßen wir noch zu zehnt kurz zusammen und schauten zurück auf die Erfahrungen des Tages. Als sich alle verabschiedeten, blieb die Jugendliche noch zurück. „Wir waren in den Ferien in den Bergen und haben auch Dachau besucht. In einem kleinen Laden habe ich dort einen kleinen Engel aus Metall gefunden. Da musste ich sofort an dich denken und hab ihn für dich gekauft.“ Mit einem Strahlen in ihren Augen drückte sie mit das kleine Geschenk in die Hand. Ich war überwältigt. Ein Eng
Ich wartete auf ein Fahrzeug. Der Fahrer hatte sich in unserer Stadt verfahren. Ein großer Transport, der viel Vorbereitung gekostet hatte, stand an. Ob alles gelingen würde? Ich spürte eine gewisse Anspannung. Ich ging dem erwarteten Fahrzeug zu Fuß entgegen. Auf diesem Weg fiel mir ein noch relativ junger Mann gepflegten Aussehens auf. Ein wenig hilflos schien er mir. Ich sprach ihn an, ob ich ihm helfen könne. Schweren Herzens bat er um ein wenig Geld. Es war ihm merklich peinlich. Für einen Augenblick vergaß ich all meine Anspannung, wandte mich ihm zu und gab ihm mehr, als er erwarten konnte. Mit großen Augen schaute er mich an. „Das ist aber viel! Was für ein Geschenk! Das konnte ich gar nicht erwarten!“ Dann zögerte er und sagte: „Oft bringt uns das Leben in Schwierigkeiten, die wir uns nie ausgemalt hätten!“ In diesem Augenblick kam das erwartete Fahrzeug und ich winkte es heran. Der Beschenkte rief noch kurz: „Danke! Sie haben mir sehr geholfen. Mein Herz ist sehr bewegt!“
Nach dem Sonntagsgottesdienst warteten noch einige Menschen. Mir fiel ein hagerer junger Mann auf, den ich noch nicht kannte, er wartete bis alle anderen gegangen waren. Er stellte sich vor. Er war aus einem zentralasiatischen Land gekommen und mit seiner Frau seit einem Monat in unserer Stadt. Als Fachkraft hatte er Arbeit und Wohnung gefunden. Er wirkte sehr zuvorkommend und sympathisch. Dann begann er zu weinen. Am Vorabend hatte er bei Nachbarn angeklopft, die ihre Musik sehr laut hatten laufen lassen. Diese Nachbarn stammten aus einem orientalischen Land. Beide gehörten der gleichen Religion an. Der angefragte Nachbar war sofort ausfallend geworden und hatte sofort mit Gewalt gedroht. „Muss ich in Deutschland dann die Polizei rufen? Aber dann wird die Situation ja noch schlimmer!“ fragte mich der junge Mann. „Ich wusste nicht, was ich machen sollte, deshalb bin ich zur Kirche gekommen!“ Sofort verstand ich: Dieses junge Ehepaar braucht eine andere Wohnung. Ich betete zu Jesus: “Hilf mir, denn ich habe ganz wenig Zeit und Wohnungen zu finden ist schwer in dieser Zeit!“ Ich rief jemanden an, in dessen Nähe eine freie Wohnung gesichtet worden war. „ Davon weiß ich nichts!“ sagte er. „Aber ich begleite gerade eine Familie aus Sir Lanka, die aufgrund von zwei Kindern eine größere Wohnung gefunden haben und ihre alte aufgeben. Sie passt total gut für ein junge Ehepaar und liegt in einem ruhigen Wohngebiet! Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich. Schick mir nur den Namen und die Telefonnummer des jungen Mannes.“
Zu Beginn der Messe fielen mir zwei Mädchen auf. Die eine kannte ich, die zweite sah ich zum ersten Mal. Ich spürte den Impuls, in meiner Predigt besonders diese beiden Jugendlichen ansprechen zu wollen. Ich erzählte vom „Eckmänneken im Jugendhaus Hardehausen“ – einer Steinfigur im Kreuzgang des alten Zisterzienserklosters – über dem geschrieben steht: „iIh habe Fleisch und Brot und leide dennoch Hungersnot.“ Mit einigen persönlichen Erfahrungen gab ich den Zuhörenden eine Verstehenshilfe, dass die Dinge dieser Welt den Hunger unseres Herzens im letzten nicht stillen können. Ich sah, wie gebannt die beiden Mädchen zuhörten. Nach dem Gottesdienst kamen sie und die eine fragte schüchtern: „Kann meine Freundin auch noch bei der Firmvorbereitung mitmachen?“ Natürlich war das möglich. Wenige Tage später saßen sie bei unserem Tiny House und verfolgten gespannt das Vertiefungsmodul „Entscheide dich, glücklich zu sein!“ Ich sah die Freude in den Augen der beiden!