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Mit friedvollem Herzen

Ich stand in einer Großbäckerei in einer längeren Schlange am Verkaufstresen. Es war ein Kommen und Gehen und ich spürte, wie die Verkäuferinnen nicht immer den Überblick behielten und wie sich einige Kunden vordrängten. Mir kam das Tagesmotto in den Sinn, das mich einlud, in Jesu Gegenwart in meinem Herzen Frieden zu finden. So wartete ich geduldig. Als wieder einmal die Frage einer der Verkäuferinnen kam: „Und wer ist jetzt an der Reihe?“ schaute ich die Menschen neben mir friedvoll an. Ein älterer Mann reagierte sofort: „Also jetzt sind Sie an der Reihe. Sie haben schon so lange hier geduldig gewartet und ich bin erst später gekommen!“

Ich traute meinen Augen nicht!

Der Tag war lang und arbeitsreich gewesen. Kurz vor Mitternacht musste ich noch jemandem vom Flughafen abholen. Das bedeutete über eine Stunde Hin- und genauso lange Rückfahrt. Morgens im Gottesdienst hatte ich meinen Augen nicht getraut. Die Mutter, die mit ihrem Kind bei Nacht und Nebel abgeschoben worden war, saß in der Kirche. Später erfuhr ich, dass sie aus dem Nachbarland zurückgekommen waren. Jetzt waren sie auf dem Weg zur Erstaufnahme-Einrichtung, damit ihr Fall nochmals aufgerollt werden sollte. Ob das gelingen würde, war nicht klar. Auf meiner Fahrt hatte ich Zeit zu beten. Ich legte das Schicksal dieser beiden Menschen inständig an Gottes Herz. Mehr konnte ich im Augenblick nicht tun. Am nächsten Morgen erhielt ich die Botschaft: „Es ist ein Wunder, gerade in der augenblicklichen politischen Stimmung! Der Fall der beiden wird nochmals grundlegend geprüft. Sie dürfen in unsere Stadt zurück und die Kleine darf wieder bei ihren Freundinnen und ihrer liebevollen Lehrerin weiter lernen, in Sicherheit und Wärme. Jesus hat sie beschützt. Es gibt Hoffnung! Danke für deinen Beistand  und deine Gebete!“

Brücken bauen

In einer Mail lese ich: Meine Tochter wurde ins Krankenhaus gerufen und wartete in einem Raum vor der Kranken-Station, in der ich untersucht wurde, umringt von mehreren tief verschleierten  Frauen. Eine dieser Frauen fragte meine Tochter, ob sie etwas dagegen hätte, wenn sie vor der Station für ihre eigene Mutter beten würden. Alle legten ihre Jacken und Mäntel auf den Boden, knieten sich hin und beteten. Anschließend wurde meine Tochter gefragt, warum sie hier sei. Sie erzählte, dass sie für mich, ihre Mutter, gekommen sei. Daraufhin legten wieder alle ihre Mäntel auf den Boden und beteten, dieses Mal  für mich.

Im Schein einer Kerze verbunden

Abgeschoben, bei Nacht und Nebel. Sie kamen morgens früh, pochten ganz laut an die Tür, nahmen das Handi weg und dann ging alles ganz schnell. In Straßburg wurden sie einfach auf die Straße gesetzt, eine kranke Mutter und ihr kleines Kind. Hart und unmenschlich. In einer Nachricht lese ich: „ Wir hatten Gegenstände für den Haushalt, Schulmaterial und Spielsachen gesammelt, das Mädchen – eine Grundschülerin -  konnte zusätzliche Deutschstunden bekommen und einen Zeichenkurs besuchen. Sie wollten sich in unserer Gemeinde engagieren, in der sie so viel Liebe erfahren haben. Die Mutter stand kurz vor der Taufe. Sie hat viele Textstellen aus dem Neuen Testament abgeschrieben und ich wünsche ihr sehr, dass sie sich jetzt daran festhalten kann.“ Auch an diesem Abend wieder neu lege ich den ganzen Schmerz des Tages in die Hände Jesu. In Stille entzünde ich eine Kerze und denke an die vielen, die heute ihren Schmerz geteilt haben.

Füreinander einstehen

Eine Freundin schickte mir einen Artikel, den ich Mitte der 90ger Jahre verfasst hatte. 30 Jahre sind seither vergangen. Ich lese die Zeilen. Sie berühren mich tief: Ein langer Arbeitstag geht zu Ende. Das Telefon klingelt. Eine unbekannte Frauenstimme meldet sich vom Bahnhof Bielefeld. Sie fragt, ob ich Kalle kenne. – Ja, ich kenne ihn. Kalle war ein drogenabhängiger junger Mann, der für einige Zeit bei uns in Hardehausen gelebt hatte. Die Frau erzählt mir, sie habe Kalle im Bielefelder Drogenmilieu gefunden und nun stehe er auf dem Bahnhof und nenne immer wieder meinen Namen. Mir ist sofort klar, dass ich den Rest meines Tages neu planen muss. Neunzig Minuten später bin ich am Bielefelder Bahnhof. Ich suche und finde Kalle.

Er schaut mich an und kommt langsam auf mich zu. Ich spreche ihn an. Seine Augen sind glasig. Er ist vollgepumpt mit Drogen. Er beginnt zu weinen und wiederholt immer wieder meinen Namen: „Meinolf, Meinolf!“ Ich nehme ihn in den Arm. Er weint bitterlich. Ich frage ich, ob er mit mir nach Hause fahren will.“

Liebe ist erfinderisch

Als junges Mädchen hatte sie sich mit 17 Jahren kurz nach dem Krieg ins Leben gewagt. Sie hatte - weit von ihrem Heimatdorf entfernt - im Nachkriegsdeutschland eine Arbeitsstelle gefunden. Nach Hause fahren konnte sie nur noch selten, da die Fahrt mehr als die Hälfte ihres monatlichen Verdienstes verschlang. Dann hatte sich eine Gelegenheit ergeben, eine näher liegende Arbeitsstelle zu finden. So war sie in eine kleine Stadt gezogen, wo sie geheiratet und ihre Kinder groß gezogen hatte. Seit 70 Jahren lebte sie nun dort. Aus Anlass dieses verborgenen Jubiläums hatte ich ihr in einer  Blumenschale 70 Pralinen geschenkt. Abend für Abend hatte sie voller Dankbarkeit eine dieser Pralinen gegessen. Die Blumenschale bekam ich zurück. Sie steht nun wieder bei mir in einem Regal im Keller. Jedes Mal, wenn ich sie sehe, spüre ich diese tiefe Verbundenheit und Dankbarkeit.

Langzeitwirkung

Unerwartet erreicht mich mitten im Galopp des Tages auf meinem Handi eine Botschaft. Ein junger Mann - aus einem osteuropäischen Land - stammend schreibt: „Ich grüße dich ganz herzlich am Beginn dieses neuen Jahres! Du und go4peace gehen mir immer wieder durch den Kopf, ebenso wie viele Freunde, die ich auf diesem Weg gewonnen habe. Ich muss sagen, dass mich die Erfahrungen, die ich mit go4peace gemacht habe, als Person sehr geprägt haben und wirklich für immer in meinem Herzen und meinen Gedanken bleiben werden! Ich glaube nicht, dass ich jemals eine Erfahrung machen werde, die mit unseren Camps und Treffen vergleichbar ist! Ich bin sehr dankbar für alles und werde euch und alle, die ich getroffen habe, immer in meiner Nähe behalten!“ Gerührt und dankbaren Herzens denke ich kurz an diesen jungen Mann, dessen Weg ich über lange Jahr mitgehen durfte. Er war angekommen in seinem Leben. Dann mache ich weiter mit meiner Arbeit. Ich war gerade dabei, den Besuch mit einem navi4life-Team an einer Gesamtschule vorzubereiten, um dort junge Leute zu erreichen und sie für ihr Leben zu stärken.

Gottes Stil ist Nähe!

Frühmorgens war ich in einer kleinen Bäckerei, um sieben Brötchen zu kaufen. „Dürfen es auch acht sein, denn die sind im Sonderangebot?“ fragte mich die freundliche Verkäuferin, eine Muslima. „Na klar!“ antwortete ich. Beim Bezahlen war ich bestrebt, das Kleingeld genau abzuzählen. Das brauchte etwas Zeit.  Sie schaute mir in Ruhe zu. Als das Geld auf dem Tresen lag, ließ ich sie wissen: „Ich glaube, das stimmt so genau. Aber zählen Sie bitte nochmals nach!“ Ihre Antwort: „Oh, ich glaube auch, dass es stimmt!“ – „Dann glauben wir ja schon zu zweit!“ ließ ich sie schmunzelnd wissen. Als ich mich verabschiedete und ihr noch ein frohes neues Jahr wünschte, sagte sie verschmitzt: „Herzlichen Dank, den Glaubenden gehört die Welt!“

Drei Nussknacker

Vor Jahren waren wir uns bei einem Ost-Europa-Meeting begegnet. Darauf hin war sie mit einer kleinen Gruppe aus Litauen im Jahr 2018 zum go4peace-Camp in  Brno gekommen. Lange hatten wir nichts mehr voneinander gehört. In den Tagen nach Weihnachten erreichte mich ein  Kartengruß, adressiert an unser dreiköpfiges go4peace-Team. Drei Nussknacker lächelten mir entgegen. „Diese Postkarte hat mich an euch drei erinnert. Wie die drei Könige sich auf den Weg gemacht haben, das Jesuskind zu besuchen, sind hier drei Nussknacker, die den Menschen Freude bringen! Danke, dass ihr diese Menschen seid, die das Licht Jesu in ihrem Herzen tragen und es mit vielen Menschen teilen – auch mit mir! Am Beginn eines jeden Monats schaue ich mir den go4peace-YouTubeShort-Impulsfilm an und jeden Morgen um 8 Uhr bringt mit mein Handi über die go4peace-App das Motto für den Tag. Und dieses Licht, das ich von euch empfange, teile ich Tag für Tag mit anderen.

Ein weihnachtlicher Augenblick der Ewigkeit

Zu viert hatten wir uns auf den Weg gemacht, das Licht von Bethlehem in Wohnungen zu bringen. In einem Haus trafen wir auf eine ukrainische Familie. Oma und Opa waren vor wenigen Wochen aus der Ukraine zu ihrer Tochter und den Enkelkindern nach Deutschland gekommen. Im Licht der Kerze, die wir brachten, sah ich ihre gezeichneten Gesichter. Unsere Blicke begegneten sich. Eine tiefe Nähe war zu spüren. In der vergangenen Nacht waren sie alle in der Christmette. Sie haben kein Wort verstanden doch waren tief ergriffen von der warmherzigen Atmosphäre. Am Ende des Gottesdienstes stand ich dem alten Mann gegenüber. Ich schaute in seine Augen. Er strahlte mich an. Ich schaute ihn mit dem gleichen liebenden Herzen an. Verbale Kommunikation war nicht möglich. Und dennoch: Leben pur. In diesen 30 Sekunden geteilten Lebens brach Ewigkeit an. Tränen in unseren Augen. Weihnachten. Jesus lag nicht nur in der Krippe unserer Kirche, er war da – unter uns!

Licht von Bethlehem

Ich hatte mich auf den Weg gemacht, aus einer benachbarten Stadt das Licht von Bethlehem zu holen. Es war ein nasskalter, stürmischer, unfreundlicher Tag. Als ich in die Kirche kam, verteilten Jugendliche gerade das Licht und ich konnte es sofort in meiner Sturmlaterne in Empfang nehmen. Mein Weg führte über einen grell erleuchteten Weihnachtsmarkt mit lauter Musik. Schweigend ging ich mit dem Licht zu meinem Auto und versuchte es gegen heftige Windböen zu schützen. Als ich es abends in unsere Kirche brachte und noch ein wenig verweilte, war ich sehr bewegt. Dieses flackernde, schutzbedürftige Licht war auf einmal wie ein Symbol für den verborgenen Gott in mir und in unserer Mitte. Wie schnell wird er „aufgeblasen“ durch Unachtsamkeit, Selbstbezogenheit und fehlende Wachsamkeit. „Dem Reich Gottes wird bis heute Gewalt angetan!“ kam mir in den Sinn. In aller Stille betete mein Herz: „Jesus, lass uns wachsam sein, damit wir deine Sehnsucht, bei uns sein zu wollen, nicht enttäuschen und verunmöglichen! Lass mich dich schützen, damit du in mir und unter uns nie erlischst.“

Hilf Gott, in dir nicht zu erlöschen!

Wir hatten uns zu unserer zweiten europaweiten adventlichen Zoom-Schalte versammelt. Thema war: „Dir selbst anvertraut!“ Junge Leute aus Albanien, Deutschland, Griechenland, dem Kosovo, aus Norwegen, Rumänien, Syrien, aus Tschechien und der Ukraine hatten sich zugeschaltet. Halyna hatte erzählt, wie sie im vom Krieg gezeichneten ukrainischen Alltag versuchte, ihr eigenes Leben Augenblick für Augenblick neu in die Hand zu nehmen. Edita aus dem Kosovo hatte berichtet, wie sie einen unnahbaren Patienten eine besondere Portion Liebe geschenkt hatte und er seither ihr immer ganz freundlich gegenübertrat. In einer großen Einfachheit und Tiefe waren Erfahrungen geteilt worden. Kurz vor Ende der Schalte ließ mich ein Teilnehmer wissen: „Heute Abend musste ich an Heiner denken, diesen alten Priester, der vor über 20 Jahren gestorben ist. Seine letzte Tat der Liebe war gewesen, einer unfreundlichen Krankenschwester seinen Arm bereitwillig zu einer Injektion hinzuhalten. Und dann hatte er gesagt: Lieben, das können wir immer!“ – Mich berührte dieser Satz zutiefst und ich verstand: Allein die Liebe überdauert alle Zeiten!

Fremder Besuch

Ich war einem Impuls gefolgt und hatte bei einer älteren Ordensfrau angerufen. Ihr Leben war mittlerweile von vielen Einschränkungen und Veränderungen geprägt, doch in vielem, was schwer war, blieb sie sich mit bewundernswerter Geradlinigkeit treu. Dann erzählte sie von einer Adventsgeschichte, die ihr sehr nahe gegangen war.
Vater und Sohn kamen gerade vom Weihnachtsmarkt. Da bekamen sie Besuch. Ein Fremder schaute vorbei. Nach einer Zeit gemeinsamen Austausches, nahm der Vater den Besuchenden beiseite und sprach mit ihm allein. Später fragte der Sohn: „Papa, wer war das?“ Der Vater antwortete ein wenig verlegen: „Das war der Messias, der vor langer Zeit angekündigt hat, dass er wieder kommen wird.“-  „Und was habt ihr besprochen?“ fragte der Sohn neugierig. Die Augen des Vaters füllten sich mit Tränen und er sagte: „Der Messias hat mich gefragt, ob die Menschen noch auf ihn warten und ich musste ihm sagen: Nein – auch in dieser adventlichen Zeit wartet niemand mehr wirklich auf dich!“

Geschenk LEBEN

Ein Interview mit Jugendlichen kam an sein Ende. Ich spürte bei einer der Teilnehmerinnen, dass sie etwas auf dem Herzen hatte. Ich lud sie ein, noch zu bleiben und ein wenig zu erzählen. Sofort begann sie voller Vertrauen zu erzählen, von all dem was, sie bewegte, vor allem aber von ihrer Angst vor der Zukunft. Am liebsten würde ich immer so weitermachen wollen, wie bisher, mit meiner Schule, meinem Sport und meinen Freunden. Lange hörte ich zu, ermutigte, regte an, nur das JETZT zu leben und nicht das „IRGENDWANN-MAL“. Spät Abends lese ich in einer Messenger-Botschaft: „Hallo, ich danke dir, dass du dir die Zeit für mich genommen hast. Es tat mir unglaublich gut, über mein Leben zu sprechen und mir gemeinsam mit dir über dieses Geschenk „LEBEN“ bewusst zu werden.“

„… was wir wert sind!“

Längere Zeit hatte ich in der Kälte gestanden und auf eine kleine Gruppe Jugendlicher gewartet, die sich - von einer Hauptschule kommend - für das Vertiefungsmodul „Entscheide dich, glücklich zu sein!“ entschieden hatten. Von den 10 angekündigten Jugendlichen erschienen 4 mit ihrer Lehrerin. Sofort kam mir das Motto des Tages in den Sinn: „Tu, was jetzt dran ist!“ Ich begrüßte alle sehr herzlich und schnellstens waren wir in einem lebendigen Beziehungsgeschehen. Die zwei Mädchen und zwei Jungen hatten Vertrauen gefasst und gingen engagiert mit. Als ich am Spätnachmittag in die Auswertungsbögen schaute, traute ich meinen Augen nicht. Sie hatten auf alle Fragen hin fast ausschließlich mit einem „sehr gut“ geantwortet. Und dann durfte ich lesen: „Ich danke für Ihre Zeit, die Sie sich nehmen, uns zu zeigen, was wir wert sind und wie wir unser Leben verstehen und in den Griff bekommen können. Mir hat es sehr gefallen und Sie machen das sehr gut. Ich bin durch Sie sehr motiviert, an mir zu arbeiten.“ Und eine andere Schülerin schrieb: „Ich danke Ihnen für den Tag heute und für die Motivation, die Sie mir mit auf den Weg geben. Danke!“

Er will bei uns sein!

Sonntags am frühen Morgen war ich einer größeren Bäckerei, um Brötchen und Kuchen für meine alte Mutter zu kaufen. Ich kannte die Verkäuferin, die mich bediente. Sie freut sich jedes Mal wenn wir uns sehen. Sie hatte bereits zwei Stückchen Apfelkuchen auf dem Kartontablett positioniert und versuchte nun das dritte bestellte Stücken von einem großen Blech zu nehmen. Das gelang allerdings auch beim vierten Anlauf nicht, da das Stückchen an dem benachbarten Stückchen klebte. Ich sah ihre Mühe und sagte ihr: „Wissen sie, die beiden wollen sich nicht trennen, ich nehme einfach vier Stück Apfelkuchen!“ Ein wenig schelmisch sah sie mich an und erwiderte: „Denn was Gott verbunden hat, das dürfen wir Menschen nicht wieder trennen!“ Wir mussten herzlich lachen und mit uns all die Menschen, die ebenfalls an der Brottheke warteten.

Über alle Grenzen hinweg

Während eines Bastelnachmittages im Altenzentrum wurde ich von einer Pflegekraft zu einer Bewohnerin gerufen, die unerwartet verstorben war. Mit einem Pfleger, der aus Afghanistan stammt, ging ich in das  Zimmer der Verstorbenen. Wir standen in Stille an ihrem Bett. Ich hatte den Eindruck einer leichten Unsicherheit bei meinem Kollegen. Um ihm diese zu nehmen, fragte ich ihn nach den muslimischen Ritualen im Angesicht des Todes. Wir tauschten uns darüber aus, wie wir als Muslime und Christen in der Situation des Sterbens und des Todes denken und handeln.  Es entstand ein schönes  Gespräch über unsere Religionen, unseren Glauben und über alles, was uns verbindet.  Es herrschte eine dichte, friedliche und warmherzige Atmosphäre im Raum. Am Ende sprach ich ein kurzes Gebet. Darin ließ ich anklingen, dass wir beide an die Barmherzigkeit Gottes glauben und so ich vertraute die verstorbene Bewohnerin Gottes barmherziger Liebe an. Ich hörte den jungen Afghanen leise "Inshallah" (So Gott will!) sagen. Es hat mich tief berührt, religionsverbindend, gemeinsam am Bett der Verstorbenen zu beten.

Tränen der Erlösung

Eine Bewohnerin des Altenzentrums, in dem ich arbeite, ist fast 80 Jahre alt. Ihre Mutter, die schon fast 100 Jahre alt ist, lebt in einem anderen Altenheim. In Gesprächen zwischen der Tochter und mir kam immer wieder zur Sprache, dass sie ein Leben lang unter der (scheinbaren) Gefühlskälte ihrer Mutter gelitten hatte. Trotzdem besuchte sie ihre Mutter immer wieder, wozu ich sie sehr ermutigte, auch wenn das aufgrund ihres Alters sehr anstrengend geworden war. Vor kurzem ist ihre Mutter verstorben. Als die Bewohnerin von der Beisetzung ihrer Mutter zurück kam, schaute ich noch auf einen kurzen Besuch bei ihr vorbei. Die Frau erzählte mir von der Beisetzung, dem Leben ihrer Mutter und von den letzten Gesprächen, in denen vieles zur Sprache gekommen war, was beiden auf dem Herzen gelegen hatte. Mit Tränen in den Augen sagte sie: "Meine Mutter hat mir zum ersten Mal in meinem Leben gesagt, dass sie mich lieb hat!" Auch mir kamen Tränen.

Eine persönliche Antwort

Seit vielen Jahren sende ich jeden Morgen einen kleinen einprägsamen Impuls zum Tagesevangelium. Er begleitet viele Menschen. Ein Briefgruß erreicht mich einer älteren Frau, die über das Tagesmotto mit mir verbunden lebt. In ihren Zeilen lese ich: „Als ich heute Morgen recht früh aufwachte, wurde ich von einer heftigen Welle von Angst, Ohnmacht  und Hilflosigkeit überrollt. Es ist November, da kenne ich solche Phasen. Meinem Kopf war schnell klar, keine Angst haben zu müssen, aber mein Herz empfand anders. Dann las ich deinen Impuls: ‚Dunkelheit ist Ort der Geburt.‘ Das war eine persönliche Antwort. Da konnte ich annehmen. Mir kam die Liedzeile: ‚Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht …‘

Wirklichkeit spricht!

Auf einer Straße, die ich überquere, liegt viel herbstliches Laub. Mitten drin liegt eine unbedacht weggeworfene Trinkflasche. Ich denke darüber nach, wie mich die Dinge um mich herum ansprechen. Wirklichkeit spricht! Daraufhin kommt mir auf einmal die Frage ins Herz: „Und hast du dich persönlich ansprechen lassen?“ Denn die stille Botschaft der weggeworfenen Flasche war ja: Heb mich auf und wirf mich in den nächsten Mülleimer! – Während ich darüber nachdenke, „wartet“ schon die nächste Flasche auf mich. Dieses Mal hebe ich sie auf und werfe sie schmunzelnd in den nächsten Mülleimer.