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Unerwartet!

Abends fuhr ich noch in meine Stadt, um mir einen Vortrag anzuhören. Ich fuhr auf den Parkplatz. Es war eiskalt und dunkel. Zudem regnete es stark und kaum jemand war noch unterwegs. Ich wollte schnell in den Vortragssaal, da sah ich einen Mann mitten auf dem Parkplatz stehen, um ihn herum seine Habseligkeiten. Es gab keinerlei Schutz, nicht einmal eine kleine Überdachung. All seine Sachen waren völlig durchnässt, er stand wie erstarrt schutzlos auf dem nackten Asphalt. Es war, als hätte ihn unsere Gesellschaft ausgespuckt und auf diesem einsamen Parkplatz ausgesetzt: Dieses Bild war so unendlich grausam für mich: Ein einsamer ausgestoßener Mensch, seiner Würde beraubt.
Ich ging zu ihm. Er war größer als ich. Als er mich kommen sah, stand in seinen Augen die nackte Angst vor Verachtung. Ich gab ihm etwas und war freundlich zu ihm. Er war maßlos erstaunt. Wie oft musste er sich wie Abfall behandelt gefühlt haben! Als wir einander anschauten, schien die Zeit still zu stehen. Sein Blick war so intensiv, tief und wach. In diesem Augenblick habe ich ihn wirklich geliebt, war ganz für ihn da. Ich spürte eine tiefe Verbundenheit, als würden wir uns schon immer kennen. Wir haben in Frieden miteinander geredet. Als ich gehen musste, rief er mir ein „Danke“ hinterher. Ich wünschte ihm Glück. Er war wirklich mein Bruder. Er hatte mich beschenkt, nicht umgekehrt.
Als ich zwei Stunden später zum Auto zurückkehrte, hatte der Mann sich einen Schutz gebaut. Sein Gesicht trage ich seither in mir. Ich bete für ihn. Ich bin sicher, dass Gott ihn unendlich liebt und er in seinem Reich später einmal einen ganz besonderen Platz einnehmen wird, dann, wenn die Machtverhältnisse, wie wir sie kennen, von IHM komplett auf den Kopf gestellt werden.

Ein Dank über Umwege!

Ich weiß um vier Geschwister, zwei Frauen und zwei Männer, die gemeinsam eine Holzwerkstatt betreiben. Wir kennen uns nicht persönlich. Eine der Schwestern, erst knapp über 30, wird in den nächsten Tagen an einer schweren Erkrankung sterben. Trotz geschehener medizinischer Fehler geht diese junge Frau ihren Weg ohne Groll. Ihre ähnlich alte Schwester scheint auch ernsthaft erkrankt. Ich riet ihr über eine Freundin zu einer Untersuchung. Und die sterbende Frau, die mich überhaupt nicht kennt, bedankt sich, dass ich mich so einfühlsam – über die Freundin - um ihrer Schwester kümmere. Das hat mich so dermaßen gerührt, dass mir die Tränen kamen. Ich bewundere diese sterbende Frau. Was für eine Liebe!

Gott sorgt sich!

Den ganzen Tag war ich für ukrainische Flüchtlinge in ihren Belangen unterwegs gewesen. Ich hatte viele schwere Geschichten gehört. Dann fuhr ich mit einer Helferin nochmals in eine Flüchtlingsunterkunft, um dort 15 Scooter an die Kinder und Jugendlichen weiterzugeben. Ein aufgeweckter 13-Jähriger ließ mich verstehen, dass er lieber ein Fahrrad hätte, so eins, wie ich seinem Freund schon besorgt hatte. Das Tagesmotto kam mir in den Sinn: „Diene dem Leben!“ So gab ich mir trotz vorgerückter Stunde einen Schub und rief an einer Fahrradsammelstelle an. Wir konnten noch vorbei schauen. So fuhr ich mit dem Jungen zur Werkstatt. Voller Hoffnung sprang er aus dem Auto. Aber unter den Fahrrädern war für ihn kein Passendes dabei. Ich spürte seine Enttäuschung und versuchte ihn zu trösten. Als ich ihn zu seiner Familie zurückbrachte, sah ich die gleiche Enttäuschung in den Augen der Mutter. Schweren Herzens verabschiedete ich mich und fuhr noch für eine Zeit der Stille in unsere Kirche. Mir liefen die Tränen und ich ließ Jesus verstehen: „Ich hab heut alles gegeben! Kümmere Du Dich jetzt um ein Fahrrad für den ukrainischen Jungen!“ Als ich spät abends auf mein Handi schaute, ließ mich die Mutter des Kindes, dem ich ein schönes Fahrrad besorgt hatte, wissen, dass ihr  Sohn lieber einen Scooter hätte. Sie schrieb: „Und deshalb hab ich das Fahrrad an Jaroslav weitergegeben, denn ich wusste um seine Traurigkeit!“

Was bleibt, ist die Liebe!

Ein digitales Jahresabschlusstreffen war geplant. Es waren kaum Anmeldungen eingegangen. Ich spürte Enttäuschung in meiner Seele, hatte ich doch wieder viel Zeit investiert. Ich war geneigt, das Treffen abzusagen. Am Vortag des Treffens las ich in einer Mail: „Es haben sich noch drei jüngere Teilnehmer angemeldet!“ Sofort spürte ich den Impuls, aus Liebe zu diesen Jugendlichen, das Treffen machen zu wollen. Ich bereitete eine schöne PowerPoint Präsentation vor. Während dieser Arbeit fielen mir weitere junge Leute ein. Ich lud sie alle via WhatsApp ein, an dem digitalen Treffen teilzunehmen. Innerhalb weniger Augenblicke reagierten sie. Alle freuten sich, dass ich an sie gedacht hatte, auch wenn niemand konnte. „Mein kleiner Bruder hat Geburtstag!“ – „Ich muss meinem Opa beim Betonieren helfen!“ – „Mein Vater kommt genau zum Zeitpunkt des Meetings aus dem Krankenhaus!“ las ich in den Botschaften. Ich spürte, wie meine Liebe die Herzen dieser jungen Leute erreicht hatte und alle dankbaren Herzens reagiert hatten. Beim Treffen selber waren wir sieben Personen. Es wurde ein tiefer und ehrlicher Austausch. Im ehrlichen Miteinander konnte jeder tief in seine Seele blicken lassen. Mit dieser Freude verabschiedeten wir uns bis ins neue Jahr!

Ihre Tattoos stießen mich ab!

Ich stehe im Supermarkt in der Schlange vor der Kasse. Die Kassiererin ist eine junge, attraktive Frau – aber leider, leider hat sie beide Arme voller Tattoos. Das mag ich gar nicht! Wie können die jungen Menschen sich bloß so verunstalten!

Es geht nicht weiter. Der Mann, der gerade bezahlen muss, kramt schwerfällig in seiner Geldbörse und findet nicht das passende Geld. Da fesselt die Kassiererin meine Aufmerksamkeit. Sie spricht ganz ruhig und sehr zugewandt mit dem Mann, der Bezahlvorgang dauert an. Endlich ist er fertig und sie schickt ihm noch einen freundlichen – keineswegs den üblichen stereotypen – Abschiedsgruß hinterher. Ich bin angerührt und nachdenklich. Zwei Leute später bin ich an der Reihe. Ich sage zu der jungen Frau: „Das tat richtig gut am frühen Morgen,  soviel freundliche Geduld zu erleben!“ Überrascht und erfreut schaut sie mir in die Augen. „Danke“, sagt sie, und wir wechseln einige persönliche Sätze. Eine Begegnung, eigentlich sogar zwei. Und vielleicht wird ihr diese Begebenheit am Ende des langen Arbeitstages in angenehmer Erinnerung bleiben. - Übrigens: ich sage nie wieder etwas Abfälliges über tätowierte junge Menschen!

Die Liebe hat Zeit!

Die Liebe hat Zeit!

Mein Handy klingelt. Unbekannte Nummer. Ich geh dran und höre eine Frauenstimme. „Ich wollte Dir danke sagen für den Gottesdienst, den Du vor sechs Jahren für unseren Vater gefeiert hast. Es hat so viel in mir ausgelöst!“ Nach einigen Augenblicken erinnere ich mich. „Ich hatte es damals nicht leicht. Viel war zerbrochen und ich traute mich kaum in die Kirche. Und dann bist Du vor dem Gottesdienst zu mir gekommen und wir haben ein paar Minuten gesprochen. Das hat mich so ermutigt und mir die Kraft gegeben, durchzuhalten.“ Ganz langsam kommen mir die Erinnerungen an die Augenblicke wieder ins Herz. Es entwickelt sich ein langes Gespräch. Am Ende darf ich hören: „Ich bin wieder da. Ich hab mich wieder für Gott geöffnet. Und ich spüre, wie ER mich liebt!“ Als wir uns verabschieden, füllen sich meine Augen mit Tränen. Gott hat die vor Jahren verschenkte Liebe im Herzen dieses Menschen arbeiten und wirken lassen. Er – als Vater des Lebens – weiß um oft lange Wegstrecken des Reifens. Die Liebe hat Zeit!

Sei auf Empfang!

Bei der Konfirmationsfeier der Tochter unseres Freundes lernten wir seine Eltern kennen. Unser Freund ist alleinerziehender Vater. Die Scheidung von seiner Frau hatte viele Scherben hinterlassen und verursacht noch immer weitere Konflikte.
Nach der kirchlichen Feier ergab sich ein Gespräch mit der Mutter unseres Freundes. Ihr Schmerz und ihre Verletzlichkeit berührten uns sehr. Sie redete über die schlimmen letzten Jahre und vertraute uns alles an: Ihre Ängste, ihre Sorgen um die Enkelkinder, viele belastende Erfahrungen, ihre Hilflosigkeit, aber auch ihre Freude darüber, dass die Kinder langsam wieder Zuversicht gewinnen. Sie spürte, dass uns die Freundschaft zu ihrem Sohn wichtig ist und dass wir ihre Enkelkinder sehr gern haben.
Beim Abschied bat sie uns, bald wiederzukommen. Wir umarmten uns herzlich und wussten, dass in der kurzen Zeit eine bleibende Beziehung entstanden war, obwohl wir uns vorher noch nie gesehen hatten.

Der Schmerz ließ unsere Liebe tiefer werden.

Mein Vater ist seit längerer Zeit an einem Hirntumor erkrankt. Sein Gesundheitszustand ist schwieriger geworden. Über Weihnachten waren alle zu Hause. Da meine älteren Geschwister jetzt wieder an ihre Orte fahren, denke ich über das diesjährige Weihnachts- und Neujahrsfest nach. Wir haben die meiste Zeit alle zusammen verbracht - 10 Personen der engsten Familie. Am Ende haben alle beschlossen, auch für Neujahr zu bleiben, weil wir das Bedürfnis hatten, diese Zeit gemeinsam zu verbringen. Es war eine Zeit, in der sich der Zustand unseres Vaters plötzlich sehr verschlechtert hat.

Alle Therapien schaffen es nicht, das Fortschreiten des Tumors zu stoppen. Es ist sehr schwer, das zu akzeptieren. Aber in unserem Schmerz finden wir eine neue Ebene der Liebe, der Nähe und der Hoffnung. Wir hatten viele berührende Momente besonderer Nähe. Nach vielen Jahren begannen wir wieder, abends gemeinsam zu beten. Wir haben Gott war in diesen Momenten sehr nah gespürt.

Wir haben beschlossen, gemeinsam mit unseren Freunden die pompejanische Novene für unseren Vater und die Situation zu beten. Es ist ein großes Netz der Verbundenheit über viele Grenzen hinweg gewachsen. Wir vertrauen auf Gott.

Ein Dank an den Himmel!

Eine Gruppe von 25 ukrainischen Flüchtlingen hatte sich bei einem kirchlichen Fest sehr engagiert. Daraufhin spürte ich den Impuls, sie alle noch auf ein dickes Eis einzuladen. Als ich in mein Portemonnaie schaute, sah ich, dass das Geld unmöglich für alle reichen würden. Aber meine Einladung war ausgesprochen. Mir kam das Wort „Gib und Dir wird gegeben werden!“ in den Sinn. Ich spürte den Impuls in mir, dass von mir meine Vertrauen gefordert war. Es würde sich schon ein Weg auftun. So machten wir uns auf den Weg zur Eisdiele.  Auf dem Weg dorthin begegnete ich einem Mann meines Alters. Er sah all die Ukrainer*innen bei mir und drückte mir spontan 50 € in die Hand. Lachend verabschiedeten wir uns. In der Eisdiele angekommen, sah mich eine ältere Frau. Sie hatte so eine Freude an uns als internationaler Gruppe, dass sie mit ihrem Rollator ankam und mir ebenfalls 50 € in die Hand drückte. Schmunzelnd warf ich einen Blick zum Himmel. Denn nun reichte das Geld für alle!

Geteiltes Leben

Fronleichnamstag. Ich hatte mich mit Gästen aus der Ukraine verabredet, sie um 9 Uhr an ihrer Unterkunft abzuholen. Um die gleiche Zeit begann die Messe, was ich nicht wusste. Als ich bei den Ukrainerinnen ankam, wartete ein Gruppe von zwei Erwachsenen und 5 Kindern auf mich, eine davon war eine Musikschullehrerin, die spontan einen Chor zusammen gestellt hatte. Ich brachte sie zur Kirche. Nach wenigen Minuten kamen weitere Ukrainer. Wir waren plötzlich eine Gruppe von 25 Leuten. Ich baute unter allen Beziehungsbrücken auf und bereitete mit ihnen Lieder und Interviews für die Prozessionsstation vor. So konnte ich nicht – wie geplant – an der Eucharistiefeier teilnehmen. Gegen 10 Uhr kamen die Messteilnehmer in einer kleinen Prozession zu „unserem Fronleichnams-Altar“. Die ukrainischen Gäste begannen ein ukrainisches Lied zu singen, sagten dann alle ihre Namen und woher sie kamen und ließen in einem kurzen Interview noch tief in ihre Seele blicken. Es waren bewegende Augenblicke. Bei manchem sah ich Tränen in den Augen. Als wir später in die Kirche einzogen – mit den Gottesdienstteilnehmern und den Ukrainischen Gästen – und ich zwischen den Osteuropäern Platz nahm, liefen mir die Tränen. Wir empfingen alle den feierlichen Segen und ich verstand: Gott hatte mich den ganzen Morgen Brot sein lassen für diese Menschen – so waren wir im Geheimnis der Eucharistie tief verbunden gewesen.

Liebe lässt wachsen!

Die Tochter unserer Freunde  wechselte wegen einer schweren Traumatisierung im letzten Jahr die Schule. Der Einstieg in die neue Schule gelang überhaupt nicht, denn die Vergangenheit holte sie immer wieder ein. Es folgten lange Krankheitsphasen. Nach mehreren niederschmetternden Erfahrungen fand das Mädchen in diesem Jahr noch einmal eine neue Schule. Der Start glückte zunächst. Aber schon nach wenigen Tagen wurde das Mädchen wieder krank, was die Familie verzweifeln ließ. Heute Morgen erzählte die Mutter uns aber sehr erleichtert, dass der Klassenlehrer des Mädchens sich überraschend gemeldet hatte. Er hatte die besorgten Eltern beruhigt und ihnen versichert, dass ihre Tochter ein großer Gewinn für alle sei, schnell Anschluss in der Klasse gefunden habe und man für Fehlzeiten unkomplizierte Lösungen finden könne. Er versicherte den Eltern, dass ihr Kind in jeder Hinsicht unterstützt werde. Nachdem sie zuvor immer wieder mit Gleichgültigkeit, Skrupellosigkeit und Härte konfrontiert worden waren, wurden unsere Freunde von der Warmherzigkeit und dem Mitgefühl dieses Lehrers sehr berührt. Sie hatten oft für ihre Tochter gebetet und jetzt eine Antwort durch ehrliche Nächstenliebe  eines anderen Menschen erhalten, so dass die Gegenwart Gottes wirklich spürbar war.

Teile deine Erfahrung

Ein Gemeindemitglied erzählte mir von seinem Freund, der an einer Krebserkrankung leidet. Dieser  ist Anfang 30 und kann offensichtlich mit dem christlichen Glauben nicht so viel anfangen, lehnte ihn bisweilen sogar ab. Als ich davon erfuhr, habe ich dem Gemeindemitglied versichert, dass ich für den Kranken beten würde. Nun vor kurzem hat sich dieses Gemeindemitglied getraut, seinem Bekannten davon zu erzählen, dass wir gemeinsam für ihn beten würden. Die Reaktion war nicht etwa ablehnend, sondern, ganz im Gegenteil, sehr erfreulich. Das Gemeindemitglied schrieb:  “Er findet es mega, dass Sie und ich für ihn beten.” Der Erkrankte hat dadurch neue Hoffnung geschöpft im Kampf gegen seine Krebserkrankung.

Frieden in Zeiten des Krieges

Woche für Woche hatten wir uns über Zoom gehört und Anteil genommen an der schwierigen Situation in der Ukraine. Aus dieser Freundschaft waren vielfältige große Projekte entstanden, die wir durch Spendenaktionen von Deutschland aus unterstützen konnten.  6 Feldküchen waren aufgebaut worden und nun wuchs ein kleines Kinderdorf für 55 Waisenkinder. Erneut hörten wir uns am Telefon. Lange erzählte unser Mitbruder, wie er immer neu seine Rolle als Priester in dieser Zeit des Krieges finden konnte. Und wie geht es Dir persönlich, fragte ich am Ende unseres Meetings: „Ich habe durch Eure Freundschaft gelernt, was ich bisher nur aus Büchern kannte. Wenn wir über Zoom zusammen sind, dann spüre ich wirklich FAMILIE. Das ist viel mehr wert, als alles Geld, was natürlich auch in dieser Zeit sehr notwendig ist. Und dann bin ich ja ein Mensch, der immer lange plant. Aber das geht in diesen Zeiten des Krieges nur bedingt. So habe ich gelernt, immer im Augenblick zu leben und dann Gott das Ruder übernehmen zu lassen. Und das bringt meiner Seele Frieden – auch in Zeiten des Krieges!“

Göttliche Kreativität

Eine Fortbildung zum Thema navi4life für Student*innen war in unserem Tiny House organisiert. Es hatte sich nur eine Teilnehmer*in angemeldet. „Und wenn es nur ein Gerechter ist, würdest du dann die Stadt Sodom verschonen?“ – Dieser abrahamitische Kuhhandel mit Gott kam mir in den Sinn. Ich rief die für die Fortbildung verantwortliche Person an und sagte ihr: „Auch für eine Person gestalten wir den Tag!“ Sie sagte zu. Am Vortag der Veranstaltung hörte ich: „Die einzige Teilnehmerin ist Corona positiv. Sie kann nicht kommen!“ Aber ich komme auf jeden Fall. Vier weitere Personen hatten wir kurzfristig noch begeistern können, doch auch von diesen vier sagte noch jemand wegen Corona wieder ab. Wir begannen den Tag. Es kam ein sehr lebendiger und tiefreichender Austausch unter uns in Gang. Mehr und mehr öffnete sich jeder. Die nachmittägliche Reflexion wurde ein highlight. „Für mich war es kein  Fortbildungstag, es war ein Exerzitien-Tag. Ich bin Gott neu auf die Spur gekommen!“ - „Ich bin so froh, dass ich allein – und damit ohne eine Rollenerwartung - kommen konnte! Ich hab gespürt, wie sehr Gott mich liebt und mich in so vielem anspricht! Ich fahre mit einer großen Freude im Herzen wieder nach Hause!“ – Keine Person der avisierten Zielgruppe war gekommen. Es hatte sich eine unerwartet bunte Gruppe zusammen gefunden, die den Weg des navi4life innig mitgegangen war. Gott baut Kirche, durch seinen Geist. Du weißt nicht woher er kommt und wohin er (Dich) weht.

Mach Dich arm vor Deinem Nächsten!

Mit diesem Motto war ich in den Tag gestartet. Nachmittags besuchte ich eine Veranstaltung, die im Rahmen der „interkulturellen Woche“ veranstaltet wurde. Ich traf manches bekannte Gesicht. Auf einer Bank saß eine Frau mit Kopftuch. Sie schien ein wenig verloren. Ich setzte mich zu ihr auf die Bank und begann vorsichtig ein Gespräch. Ich staunte, wie gut sie unsere Sprache gelernt hatte. Sie war vor drei Jahren als Kurdin in unser Land gekommen. Ein gleichaltriger Mann gesellte sich zu uns. Sie stellte ihn als ihren Mann vor. Er hatte lange Jahre in einem pädagogischen Beruf gearbeitet und hatte sich dann aufgrund seiner Nationalität versteckt halten müssen. Nun waren sie in Deutschland. Wir sprachen über eine Stunde miteinander. Am Ende des Gespräches sagte der Mann: „Wie schön, dass Sie mit uns so lange gesprochen haben. Unsere Herzen sind sich begegnet!“

Danke!

Die Schülersprecher einer Realschule hatten mich eingeladen. Sie wollten etwas über die konkrete Situation und unsere Hilfsprojekte in der Ukraine erfahren. Zugleich wollten sie mir das Geld eines Benefiz-Laufes für eines dieser Spendenprojekte geben. Gebannt hörten sie alle zu und stellten Fragen. Sie baten mich, ein wenig von dem Friedensweg go4peace zu erzählen. U.a. sprach ich von einem Land im Südosten Europas, das mit „A“ beginne. Sofort meldete sich der jüngste der Klassensprecher und fragte. „Ist das Albanien?“ Als ich bejahte, strahlte er und ließ mich wissen: „Da komme ich nämlich her!“ Er war tief berührt, dass ich schon mehrmals in seinem Land war und viel seiner Heimat kannte. Ich spürte, wie sehr er sich geliebt fühlte. Als ich am Ende der Stunde noch kurz zu ihm ging und in seiner Muttersprache Danke / Falemenderit sagte, schaute er mich glücklich an. Dann ging er in die Pause.

Ich blieb dran!

Der Schwiegervater unserer Chefsekretärin, (wir haben ein recht enges Verhältnis) , ist zur Zeit in der Kurzzeitpflege an meinem Arbeitsort untergebracht, während sie und ihr Mann endlich ein paar Tage Urlaub haben. Sie kümmern sich schon seit 8 Jahren um den altgewordenen Vater. Ich hatte versprochen, mich an meinen beiden freien Abenden um den alten Mann zu kümmern und ihn in der Einrichtung zu besuchen. Heute war mein Tag so anstrengend, dass ich meine Zusage echt schon bereute. Zudem war ich gestern vor der Pflegeeinrichtung so unglücklich gestolpert. Aber ich hatte mein Wort gegeben…. Ich kam echt ins Grübeln und suchte eine Ausrede! Die fand ich nicht, und das heutige Motto lautete: Schenk Deine Nähe! Ertappt! Müde, aber treu habe ich mich nach meiner Arbeit auf den Weg gemacht. Jede Ampel war rot und ein Parkplatz war auch nicht so leicht zu finden. Aber, dran bleiben! Der alte Herr strahlte, als ich in sein Zimmer kam. Wir haben ganz viel erzählt, face-time mit der Familie gehabt und ganz viel gelacht. Ich bin doppelt so lange geblieben, wie ursprünglich geplant. Ganz glücklich haben wir uns verabschiedet und meine Energie war irgendwie wieder da…. Welche Kraft im Evangelium verborgen liegt, ich stehe immer wieder staunend davor!

Hab Vertrauen!

Pilotphase des Projektes navi4life war geplant. An drei Tagen würden wir mit dem Tiny House vor der Gesamtschule unserer Stadt stehen. Wir brauchten für die out-door-Projektphase gutes, vor allem trockenes Wetter. Das Projekt lebt von dem außergewöhnlichen, einladenden Ambiente des Tiny Houses. An den ersten beiden Tagen lief alles – wetter- und projektmäßig – gut. Am Morgen des letzten Tages wurde ich morgens von einem Starkregen in meiner Stadt geweckt. Wie sollte nun alles werden? Würden wir alles ins Schulgebäude verlegen müssen? Darunter würde die Projekt-Dynamik sehr leiden. Ich schaute auf einige Wetter-Apps. Die Unsicherheit blieb. Ich spürte: Lass all diese Fragen auf Gott hin los und bitte IHN um das, was wir für diesen Tag brauchen. Es liegt in Seiner Hand. Dann schlief ich ein. Am frühen Morgen des Tages, als wir zur Schule aufbrachen, hatte sich der Regen gelegt. Einige Wolken, die über unserer Stadt hingen, brachten keinen Regen mehr. Es blieb trocken und wurde schließlich ein sonniger Tag. Die beiden Projekt-Gruppen, die wir betreuten, arbeiteten gut mit. Am Abend fiel ich mit einem tief dankbaren Herzen ins Bett.

Edelsteine

Ich hatte einige Frauen aus der Ukraine mit großem künstlerischen Talent gebeten, eine große Europakarte auf die Wand unserer Zentrums zu malen. Gern hatten sie  zugesagt. Wir hatten Farben und Pinsel besorgt. Nun sollte es losgehen. Mit meinem Laptop und einem Projektor warfen wir eine Europakarte an die Wand. Die beiden Künstlerinnen und ein Jugendlicher malten die Grenzlinien und die Ländernamen mit großer Genauigkeit nach. Ich hatte für diesen ersten Schritt eine Stunde eingeplant und es warteten noch viele Aufgaben auf mich. Nach zweieinhalb Stunden bat ich, den Laptop mitnehmen zu dürfen. Aber es zeigte sich, dass er noch weiterhin gebraucht würde. Damit konnte ich meine Arbeit nicht fortsetzen. „Jede Schwierigkeit eine Chance!“ dachte ich mir. Ich ging in einen Laden und kaufte Aprikosen und Erdbeeren. Ich richtete sie her und stellte sie im Zentrum auf den Tisch. Bald wurde Mittagspause gemacht. Dann ging die Arbeit weiter. Abends dankte ich einer der Künstlerinnen für ihre liebevolle und kompetente Art und Arbeit. Zu später Stunde erreichte mich noch eine Nachricht: „Danke für Deine warmen Worte, lieber Meinolf! Ich schätze es sehr, was Du alles für uns getan hast. Wir haben einen wunderbaren Tag in einer liebevoll freundlichen Atmosphäre verbracht!“

Nicht einsam - sondern gemeinsam

“Hi, ich habe schon bestanden!” So las ich in einer Kurzmitteilung eines jungen Mannes aus Eritrea, den ich schon seit Jahren begleite. Es war nicht immer leicht gewesen, denn er ist jemand, der sich manchmal für längere Zeit einfach zurückgezogen hatte. Er hatte sich manchmal mit seinem Leben schwer getan, nicht an sich geglaubt und somit schwierige Zeiten hinter sich. Immer jedoch hatte und habe ich den Kontakt zu ihm gesucht, versucht, ihn aus seinem Loch zu holen, ihm zugesprochen und ermutigt, weiterzugehen und nicht aufzugeben, sondern etwas aus sich zu machen, und die Möglichkeiten hier in Deutschland zu nutzen. Wie froh war ich, nun zu lesen, dass er die mündliche Abschlussprüfung bestanden hatte. In einem Telefonat erzählte er mir, dass er sie sogar mit zwei bestanden hatte, während er vorher die schriftliche Prüfung nicht bestanden hatte. Mit Schreiben und Lesen tut er sich nach wie vor schwer. Er war stolz darauf, so ein gutes Ergebnis erreicht zu haben. Und auch ich habe innerlich einen Luftsprung gemacht! Es war für mich eine große Freude zu sehen, dass all die investierten Gespräche und Stunden am Telefon sich doch gelohnt haben und eine tragfähige Beziehung zu dem jungen Mann entstanden war., die ihn jetzt so weit gebracht hatte.  Ich musste an unser Monatsmotto denken und verstand neu, wie wichtig es ist: Nicht einsam, sondern gemeinsam!