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Heilsame Nähe

Ich wusste um seine Krankheit. Sie währte nun schon einige Jahre. Beim letzten Telefonat hatte ich den Eindruck, dass es ernster geworden war, obwohl er aus einer tiefen Zuversicht heraus zu leben versuchte. Ich verschob einen anderen Termin und machte mich auf den weiten Weg. Als ich ankam, nahm er mich herzlich in den Arm. „Wo kommt Du denn jetzt her?“ Als er erfuhr, dass ich eigens für ihn gekommen war ohne Begleittermine, rührte ihn das sehr. Seine Enkelin war da, ein sehr aufgewecktes Mädchen. Wir tranken Kaffee und teilten Leben. Die Enkelin machte Reime mit ihrem Opa: „Oma liegt im Liegestuhl, ihre Enk’lin find‘ das cool, im Vordergrund die Hummeln brummen, und in den Blüten Bienen summen.“ Dann lacht sie herzlich und geht in ein Nebenzimmer, um zu malen. Unser Gespräch umgreift nun die Krankheit. Ich versuche ganz da zu sein. Viel kommt ins Gespräch: Angst und Ungewissheit, tiefe Dankbarkeit und ein echtes Vertrauen. Nach drei Stunden geteilten Lebens fahre ich wieder. Am nächsten Tag lese ich in einer Mail: „ Herzlichen Dank für deine so wertvolle Nähe. Sie tut mir einfach gut – mehr als manche Medikamente!“