Ein digitales Jahresabschlusstreffen war geplant. Es waren kaum Anmeldungen eingegangen. Ich spürte Enttäuschung in meiner Seele, hatte ich doch wieder viel Zeit investiert. Ich war geneigt, das Treffen abzusagen. Am Vortag des Treffens las ich in einer Mail: „Es haben sich noch drei jüngere Teilnehmer angemeldet!“ Sofort spürte ich den Impuls, aus Liebe zu diesen Jugendlichen, das Treffen machen zu wollen. Ich bereitete eine schöne PowerPoint Präsentation vor. Während dieser Arbeit fielen mir weitere junge Leute ein. Ich lud sie alle via WhatsApp ein, an dem digitalen Treffen teilzunehmen. Innerhalb weniger Augenblicke reagierten sie. Alle freuten sich, dass ich an sie gedacht hatte, auch wenn niemand konnte. „Mein kleiner Bruder hat Geburtstag!“ – „Ich muss meinem Opa beim Betonieren helfen!“ – „Mein Vater kommt genau zum Zeitpunkt des Meetings aus dem Krankenhaus!“ las ich in den Botschaften. Ich spürte, wie meine Liebe die Herzen dieser jungen Leute erreicht hatte und alle dankbaren Herzens reagiert hatten. Beim Treffen selber waren wir sieben Personen. Es wurde ein tiefer und ehrlicher Austausch. Im ehrlichen Miteinander konnte jeder tief in seine Seele blicken lassen. Mit dieser Freude verabschiedeten wir uns bis ins neue Jahr!
Mein Handy klingelt. Unbekannte Nummer. Ich geh dran und höre eine Frauenstimme. „Ich wollte Dir danke sagen für den Gottesdienst, den Du vor sechs Jahren für unseren Vater gefeiert hast. Es hat so viel in mir ausgelöst!“ Nach einigen Augenblicken erinnere ich mich. „Ich hatte es damals nicht leicht. Viel war zerbrochen und ich traute mich kaum in die Kirche. Und dann bist Du vor dem Gottesdienst zu mir gekommen und wir haben ein paar Minuten gesprochen. Das hat mich so ermutigt und mir die Kraft gegeben, durchzuhalten.“ Ganz langsam kommen mir die Erinnerungen an die Augenblicke wieder ins Herz. Es entwickelt sich ein langes Gespräch. Am Ende darf ich hören: „Ich bin wieder da. Ich hab mich wieder für Gott geöffnet. Und ich spüre, wie ER mich liebt!“ Als wir uns verabschieden, füllen sich meine Augen mit Tränen. Gott hat die vor Jahren verschenkte Liebe im Herzen dieses Menschen arbeiten und wirken lassen. Er – als Vater des Lebens – weiß um oft lange Wegstrecken des Reifens. Die Liebe hat Zeit!
Mein Vater ist seit längerer Zeit an einem Hirntumor erkrankt. Sein Gesundheitszustand ist schwieriger geworden. Über Weihnachten waren alle zu Hause. Da meine älteren Geschwister jetzt wieder an ihre Orte fahren, denke ich über das diesjährige Weihnachts- und Neujahrsfest nach. Wir haben die meiste Zeit alle zusammen verbracht - 10 Personen der engsten Familie. Am Ende haben alle beschlossen, auch für Neujahr zu bleiben, weil wir das Bedürfnis hatten, diese Zeit gemeinsam zu verbringen. Es war eine Zeit, in der sich der Zustand unseres Vaters plötzlich sehr verschlechtert hat.
Alle Therapien schaffen es nicht, das Fortschreiten des Tumors zu stoppen. Es ist sehr schwer, das zu akzeptieren. Aber in unserem Schmerz finden wir eine neue Ebene der Liebe, der Nähe und der Hoffnung. Wir hatten viele berührende Momente besonderer Nähe. Nach vielen Jahren begannen wir wieder, abends gemeinsam zu beten. Wir haben Gott war in diesen Momenten sehr nah gespürt.
Wir haben beschlossen, gemeinsam mit unseren Freunden die pompejanische Novene für unseren Vater und die Situation zu beten. Es ist ein großes Netz der Verbundenheit über viele Grenzen hinweg gewachsen. Wir vertrauen auf Gott.
Die Tochter unserer Freunde wechselte wegen einer schweren Traumatisierung im letzten Jahr die Schule. Der Einstieg in die neue Schule gelang überhaupt nicht, denn die Vergangenheit holte sie immer wieder ein. Es folgten lange Krankheitsphasen. Nach mehreren niederschmetternden Erfahrungen fand das Mädchen in diesem Jahr noch einmal eine neue Schule. Der Start glückte zunächst. Aber schon nach wenigen Tagen wurde das Mädchen wieder krank, was die Familie verzweifeln ließ. Heute Morgen erzählte die Mutter uns aber sehr erleichtert, dass der Klassenlehrer des Mädchens sich überraschend gemeldet hatte. Er hatte die besorgten Eltern beruhigt und ihnen versichert, dass ihre Tochter ein großer Gewinn für alle sei, schnell Anschluss in der Klasse gefunden habe und man für Fehlzeiten unkomplizierte Lösungen finden könne. Er versicherte den Eltern, dass ihr Kind in jeder Hinsicht unterstützt werde. Nachdem sie zuvor immer wieder mit Gleichgültigkeit, Skrupellosigkeit und Härte konfrontiert worden waren, wurden unsere Freunde von der Warmherzigkeit und dem Mitgefühl dieses Lehrers sehr berührt. Sie hatten oft für ihre Tochter gebetet und jetzt eine Antwort durch ehrliche Nächstenliebe eines anderen Menschen erhalten, so dass die Gegenwart Gottes wirklich spürbar war.
Ein Gemeindemitglied erzählte mir von seinem Freund, der an einer Krebserkrankung leidet. Dieser ist Anfang 30 und kann offensichtlich mit dem christlichen Glauben nicht so viel anfangen, lehnte ihn bisweilen sogar ab. Als ich davon erfuhr, habe ich dem Gemeindemitglied versichert, dass ich für den Kranken beten würde. Nun vor kurzem hat sich dieses Gemeindemitglied getraut, seinem Bekannten davon zu erzählen, dass wir gemeinsam für ihn beten würden. Die Reaktion war nicht etwa ablehnend, sondern, ganz im Gegenteil, sehr erfreulich. Das Gemeindemitglied schrieb: “Er findet es mega, dass Sie und ich für ihn beten.” Der Erkrankte hat dadurch neue Hoffnung geschöpft im Kampf gegen seine Krebserkrankung.
Wir hatten die Wohnung einer verstorbenen älteren Dame auszuräumen. Eine junge Lehrerin, die neu in unserer Stadt war, freute sich über viele noch gut erhaltene Möbel. Ein großer sehr gut erhaltener Kleiderschrank passte allerdings nicht in die neue Wohnung. Ich sah, wie ein anderes Team-Mitglied Freude an diesem Schrank fand. Zugleich wusste ich, dass es viele Stunden Arbeit des Abbauens, Transportierens uns Wiederaufbauens nach sich ziehen würde. Am Tag zuvor hatte ich noch einen kleinen Text über die Goldene Regel geschrieben. Er endete mit dem Motto: Miteinander – wie sonst! Das kam mir in den Sinn. Sofort spürte ich eine Entschiedenheit in mir, dem Schrank Flügel zu verleihen. Mithilfe einiger Jugendlicher machten wir uns ans Werk. Wir schafften es sogar noch, den Schrank in die Nachbarstadt zur Wohnung des Mannes zu bringen. Als wir den Schrank nach 10 Tagen aufbauten, schaute ich in die strahlenden Augen des Beschenkten. „Ich hab mich so sehr gefreut, dass das möglich geworden ist. Danke für unser lebendiges Miteinander!“ Und dann lud er zu einem tollen italienischen Mittagessen ein.
Während eine Friseuse mir die Haare schnitt, kamen wir in ein lebendiges Gespräch über die heutige Zeitsituation. „Wissen Sie“, ließ sie mich wissen, „ich schau mir gar keine Nachrichten mehr an, denn dort hör ich nur Negatives und das bringt mich dann total aus dem Gleichgewicht. Skandale in der Kirche, Klimaproblem, Ukraine-Krise, schwache Regierung, Corona… - Ich kann’s nicht mehr hören!“ – „Schade, dass so viele positive Sachen wenig Chance haben, in die Nachrichten zu kommen!“ reagierte ich. „Oh, dann erzählen Sie mir doch mal was Positives!“ bat sie mich. Ohne zu zögern erzählte ich ihr vom vergangenen Samstag, an dem wir mit 5 jungen Leuten kleine Videos gedreht haben, die über QR-Codes in einem Logbuch fürs Leben zu erreichen sein werden. Ich erzählte ihr, wie lebendig, wachsam und voller Esprit ich die Jugendlichen erlebt hatte. Jeder ging voller Freude nach dem Dreh seines Weges. Als ich bezahlte, sagte mir die junge Frau: „Ich hätte Ihnen gern noch viel länger die Haare geschnitten!“
Ein junger Praktikant kümmerte sich In unserer Schule um Yusuf unser größtes Sorgenkind. Er ist schon älter als die anderen Kinder, verzweifelt, manchmal sehr aggressiv, erschöpft, unglücklich. Er kam verletzt und traumatisiert aus Syrien. Yusuf zu unterrichten ist oft fast nicht möglich, obwohl er gut Deutsch gelernt hat und intelligent ist. Es ist schon ein Erfolg, wenn er die anderen Kinder nicht attackiert. Dann liegt sein Kopf mit geschlossenen Augen auf dem Tisch, manchmal für Stunden.
Der junge Praktikant kümmerte sich mit großer Empathie um den syrischen Jungen. Langsam geschah, was niemand für möglich gehalten hatte. Der Junge spürte, dass der Student Zeit, Geduld und Mitgefühl für ihn mitbrachte und seinen Schmerz genau verstand. So konnte er alles aus sich herausschreien: Die Gewalt in seiner Familie, seine Verlassenheit, all die Wut, Enttäuschung und Erschöpfung. Der Student hielt das mit ihm aus und ermutigte und tröstete ihn. Yusuf fing wieder an zu lernen und mit seinem „großen Freund“ herumzualbern. Beide kamen mir heute auf dem Flur entgegen. Das Kind war wie befreit und verwandelt. Er konnte endlich wieder lachen! Der Große und der Kleine gingen nebeneinander her in absoluter Vertrautheit. In ihren Blicken lag ein tiefer Friede. Der große Freund hatte dem kleinen Jungen helfen können, weil er selber viel Schmerz und Leid durchlebt hatte. In der Begleitung des Kindes entdeckte er, wofür er nun leben wollte.
„Lass Dich von der Not Deines Nächsten berühren!“ Das war heute wieder Motor für mich! Und das Schönste ist, wenn andere spüren, dass da „etwas Besonderes“ passiert, dass eben Gott am Werk ist! Eine Frau wurde heute ins Krankenhaus gebracht, sie erwartet ihr erstes Kind aufgrund verschiedener Umstände war klar: Es würde nicht leicht. Völlig panisch war sie, dass sie die Geburt nicht schaffen könne. Eine noch sehr junge Kollegin hatte sie aufgenommen und brauchte nun meine Hilfe. Die Angst der Frau war fast mit Händen greifbar. Angesprochen durch diese Not konnte ich sie abholen, beruhigen und stark werden lassen. Sie hat sich darauf eingelassen, konnte mir folgen und hat sich voller Vertrauen auf das große Abenteuer Geburt eingelassen….. und sie hat es geschafft! Das alleine ist schon ein großer Grund zur Freude, aber der Anruf der jungen Kollegin, mit der Frage: Was war das gerade? Wie machst Du das? – das hat mich genauso sehr gefreut!!!
Für meine Tochter stand ein Impftermin an. Da sie beim ersten Mal heftige Nebenwirkungen gezeigt hatte, war sie verständlicherweise sehr verunsichert. Unser Termin rückte näher. Trotz mehrfacher Erinnerungen verspätete sie sich immer mehr. Sie wurde abweisend und war hoch angespannt. Obwohl ich wusste, dass ihr Hinauszögern mit Angst zu tun hatte, wurde ich wütend. Irgendwann ließen wir unseren Frust mit voller Wucht aneinander aus. Türen flogen krachend zu.
Ich fühlte mich total erbärmlich. Dann hab ich all mein Elend im Gebet zu Jesus gebracht. Die Enttäuschung über meine eigene Reaktion aber blieb mir im Herzen. Im Auto war die Stimmung sehr angespannt. Wir kamen viel zu spät und erwarteten, weggeschickt zu werden. Aber alles kam ganz anders: Ein älterer Herr nahm uns freundlich und verständnisvoll in Empfang. Er sah mit einem Blick die Anspannung bei meinem Kind und kümmerte sich die ganze Zeit rührend um sie. Nach der Impfung konnte sie sich hinlegen, bekam etwas zu trinken und ihr Begleiter brachte sie mit viel Ruhe und Geduld auf andere Gedanken. Nebenwirkungen blieben aus. Der Ärger fiel plötzlich von uns ab. Dankbar verabschiedeten wir uns von unserem Engel des Alltags.
Auf der Rückfahrt ergab sich ein tiefes Gespräch voller Vertrauen, Liebe und Frieden. Zum Schluss äußerte meine Tochter den Wunsch: „Können wir nicht einen Umweg fahren? Einfach noch weiter fahren? Das würde ich mir jetzt wünschen.“ Ich war hundemüde und hatte noch viel Arbeit vor mir. Trotzdem habe ich es getan. Uns wurde noch eine Stunde tiefen Glücks geschenkt. Ich konnte Jesus einfach nur DANKE sagen, hatte er mir durch den warmherzigen Impfbegleiter genau das gegeben, worum ich ihn gebeten hatte.
„Kannst Du mir jemanden aus dem internationalen Team des Digitalen Europäischen Kreuzweges benennen, mit dem ich eine Interview für unsere Homepage machen kann?“ höre ich am Telefon und sage schnell zu. Ich rufe eine Studentin auf dem Balkan an, die gut Englisch spricht und sich über diesen Auftrag freut. „Ich kann es doch nicht selber machen“, lese ich in der nächsten Mail des Fragenden, „eine junge Werksstudentin wird sich melden! Aber es geht nur in deutscher Sprache!“ Ich spüre, mit der jungen Frau sprechen zu wollen, um sie zu ermutigen einen Schritt über ihren bisherigen Horizont zu machen. Über 8 Stunden versuche ich Kontaktdaten der jungen Frau zu bekommen. Vergebens. Dann bekomme ich ihre Handy-Nummer. Plötzlich funktioniert mein Handy nicht mehr. Ich bleibe dran. Nach einem abermaligem geduldigen Warten erreichen wir uns. Nach wenigen Augenblicken entwickelt sich ein wunderbarer sehr persönlicher Austausch, obwohl wir uns noch nie gesehen haben. Am Ende höre ich: „Wie schön, dass wir uns begegnet sind. Ein echtes Geschenk!“
Ein Freund ruft an. Er wirkt sichtlich verstört. Angesichts des Krieges in der Ukraine sagt er immer wieder: „Ich hab den Eindruck, ich mach zu wenig. Wir müssen doch irgendetwas tun!“ Lange höre ich ihm zu. „Und wo bist Du jetzt?“ frage ich ihn. „Ich mit unserem Hund durch den Wald zu dem Kreuz gelaufen!“ – „Dann tust Du doch schon was!“ sage ich ihm. „Du lässt Dich von dem Schicksal der vielen Leidenden tief anrühren und bringst es zu dem, der für uns gelitten hat. Damit hältst Du diesen unendlichen Schmerz ja schon mit ihnen aus und bleibst nicht kalt und unberührt!“ Unser Gespräch wird immer tiefer und friedvoller. Ich erzähle von den Friedensmahnern, die wir an vielen Stellen der Welt aufgestellt haben – eine einfache Stehle mit den Worten „Friede auf Erden!“ in jeweils vier verschiedenen Sprachen. Im Miteinander verstehen wir, dass er in seinem Umfeld und ich in meinem Umfeld je zwei Mahner aufstellen wollen. Die vier Sprachen Englisch, Ukrainisch, Russisch und Deutsch hatte ich vorher schon ausgesucht. „Mit diesen beiden Ideen kann ich total gut weitergehen: das Leid mit den Leidenden aushalten und Friedensstehlen errichten, die an unsere Verantwortung für den Frieden zu leben, erinnern!“ vertraut er mir abschließend an.
Am Flughafen angekommen, nahm ich ein Taxi. Der Fahrer - Schwarzafrikaner - erzählte mir seine Erfahrung. Er war vor 30 Jahren aus dem Kongo in die USA gekommen, um ein besseres Leben führen zu können. Sein Traum aber war zu studieren. Das ist in den USA sehr teuer. So musste er arbeiten und konnte sich vorerst kein Studium finanzieren.
30 Jahre später bekam dieser Mann seinen Doktortitel. Und das war genau an dem Tag, an dem er mich vom Flughafen abholte. Zur offiziellen Verleihung des Titels konnte er nicht gehen, da er seinem Job als Taxifahrer nachgehen musste. Er kam aber mit seinem "Doktor-Hut" zum Flughafen und erzählte mir voller Freude, dass er nach 30 Jahren endlich seinen Doktor in Philosophie bekommen hatte. Er ist heute 57 Jahre alt. Dann sage er zu mir: "Manchmal braucht es länger, manchmal auch nicht! Wichtig ist, nie unsere Träume aufzugeben" - Dont give up on your dreams! Sometimes it takes longer, but it is worth waiting it.” Diese Worte sind mir sehr nahe gegangen.
Das Geld für die Feldküchen ist gesammelt. Erneut rufe ich in der Ukraine an. Ein dortiger Freund erzählt von 55 Waisenkindern, die z.T. auf Straßen und Bahnhöfen gefunden worden sind. Jetzt sind sie in einer großen Sporthalle untergebracht. Auf einem Foto sehe ich drei Kinder in einem Bunker. Sie schlafen – wehrlos und friedlich. Ich schließe kurz meine Augen. In mir werden Bilder wach, die mich im Jahr 1996 nach Bosnien und Herzegowina gebracht hatten. Es war vor allem das Bild eines Kindes in seiner Schutzlosigkeit. Das hatte ich damals als leises Klopfzeichen Gottes erlebt. Gott lud mich ein, mich mit Jugendlichen auf einen Friedensweg nach Bosnien und Herzegowina zu machen. Über 2000 junge Leute aus ganz Europa sind in den 25 Jahren mitgegangen und haben gelernt, für den Frieden zu leben. Ich öffne meine Augen wieder und bin wieder mit meinem ukrainischen Freund im Gespräch. Er träumte von einem Kinderdorf aus Holz-Containern. Wieder rechnen wir am Telefon: Jeder Quadratmeter überbaute Fläche kostet 425 € . 266 m2 sindgeplant. Gesamtpreis: 113.050 €. Wieder bin ich allein am Telefon, in meinem Glauben angefragt. Wieder befrage ich die Worte Jesu und mir kommt sein Wort: „Wer eines von diesen Kleinen in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf!“ - „Trust and jump!“ – „Vertrau und Spring!“ kommt mir ins Herz. Gott ist am Werk. Ein zweiter Flyer ist schnell gestaltet… Frieden will gelebt werden. Let’s go4peace – wir bleiben dran!
Wir hatten uns als Familie entschieden, ein Kind oder unbegleiteten Jugendlichen aus der Ukraine bei uns auszunehmen. Prompt kam uns der Corona-Virus besuchen. Dann kam die Nachfrage, ob wir Platz für eine Familie mit einem autistischen Kind zur Verfügung stellen könnten. Wegen Corona musste ich verneinen. Trotzdem traf mich diese Anfrage und ich teilte sie in meinem Netzwerk. Sofort meldete sich jemand, der eine voll möblierte Dienstwohnung mit 4 Betten frei hatte. Er würde auch noch den Kühlschrank voll machen und die können sie haben. Das nach nur 10 Minuten.
Eine andere Person aus meinem Netzwerk hatte Kontakt zum Autismus-Zentrum in meiner Stadt. Die schickten am nächsten Tag sofort jemanden, um zu sehen, was für den kleinen Jungen gemacht werden kann. Nach meiner Genesung konnte ich den Kleinen sehen. Schnell entstand eine enge Verbindung, dass der Kleine mich umarmte. Keine 10 Minuten nach unserer Ankunft, legte der Junge sich auf den Schoß meiner Tochter.
Der Vater des Kindes, der wegen der Behinderung seines Sohnes sein Land auch verlassen durfte, ist Musiker und spielt Gitarre (Drei in meiner Familie tun das auch!) und Geige (wie zwei von uns) und die Familie ist – wie wir - tief im Glauben verwurzelt. Wir sind alle berührt und überwältigt!
Eine Woche nach dem Osterfest in unseren westlichen Kirchen feiert die orthodoxe Kirche Ostern. Da in unserer Stadt viele Flüchtlinge – vor allem Mütter mit kleinen Kindern – aus der Ukraine angekommen sind, hatten wir uns entschieden, ihnen an ihrem Osterfest eine kleine Freude zu bereiten. So war ich in vier Supermärkten unterwegs, um die noch verfügbaren Schokoladen-Eier und bunte Hühnereier zu ergattern. Als ich jeweils die vielen bunten Eier auf das Fließband an der Kasse legte, schmunzelte mich jedes Mal die Kassiererin an und fragte – in leichten Abwandlungen – jedes Mal: „Hat Sie denn der Osterhase vergessen!“ Auf meine Antwort hin: „Ja, der ist jetzt auch schon älter geworden und schafft nicht mehr alle Nester zu füllen.“ Nach einem kleinen Schmunzeln fügte ich jeweils hinzu: „Wissen Sie, die sind für die ukrainischen Kinder, die als orthodoxe Christen eine Woche später Ostern feiern als wir!“ Ich schaute in erstaunte Gesichter und hörte vier Mal: „Toll, dass Ihr Euch für diese Kinder und Mütter stark macht!“
In meiner Nachbarschaft wohnt eine Frau, die ursprünglich aus der Ukraine stammt und schon länger hier wohnt. Sie hat zwei erwachsene Söhne, die wegen des Krieges noch in der Ukraine leben und das Land nicht verlassen können. Seit einigen Tagen spürte ich den Impuls, zu ihr zu gehen und ihr ein Zeichen der Verbundenheit zu schenken. Aus verschiedenen Gründen war ich aber unsicher, da ich die Sorge hatte, dass ich ihr vielleicht damit zu nahe treten könnte. Bisher gab es auch keine Gelegenheit, ein paar Worte miteinander zu wechseln. Ich konnte die Situation schwer einschätzen. Ein kurzes Gespräch mit einem anderen Bekannten machte mir Mut, diese Unsicherheit zu überwinden Ich nahm Blumen und eine kleine Osterkerze und schellte bei ihr. Als sie öffnete, sagte ich ihr, dass ich viel an sie und ihre Söhne denke. Sie freute sich sehr über dieses kleine Zeichen der Verbundenheit. Mit Tränen in den Augen bedankte sie sich und erzählte, dass einer ihrer Söhne in einer Stadt ist, die gestern angegriffen wurde. Als ich wieder Zuhause war, musste ich auch weinen. Soviel Leid überall. Ich bin dankbar , dass ich meine Unsicherheit überwinden konnte und dadurch ein klein wenig Freude schenken und mittragen durfte.
Abends fuhr ich noch in meine Stadt, um mir einen Vortrag anzuhören. Ich fuhr auf den Parkplatz. Es war eiskalt und dunkel. Zudem regnete es stark und kaum jemand war noch unterwegs. Ich wollte schnell in den Vortragssaal, da sah ich einen Mann mitten auf dem Parkplatz stehen, um ihn herum seine Habseligkeiten. Es gab keinerlei Schutz, nicht einmal eine kleine Überdachung. All seine Sachen waren völlig durchnässt, er stand wie erstarrt schutzlos auf dem nackten Asphalt. Es war, als hätte ihn unsere Gesellschaft ausgespuckt und auf diesem einsamen Parkplatz ausgesetzt: Dieses Bild war so unendlich grausam für mich: Ein einsamer ausgestoßener Mensch, seiner Würde beraubt. Ich ging zu ihm. Er war größer als ich. Als er mich kommen sah, stand in seinen Augen die nackte Angst vor Verachtung. Ich gab ihm etwas und war freundlich zu ihm. Er war maßlos erstaunt. Wie oft musste er sich wie Abfall behandelt gefühlt haben! Als wir einander anschauten, schien die Zeit still zu stehen. Sein Blick war so intensiv, tief und wach. In diesem Augenblick habe ich ihn wirklich geliebt, war ganz für ihn da. Ich spürte eine tiefe Verbundenheit, als würden wir uns schon immer kennen. Wir haben in Frieden miteinander geredet. Als ich gehen musste, rief er mir ein „Danke“ hinterher. Ich wünschte ihm Glück. Er war wirklich mein Bruder. Er hatte mich beschenkt, nicht umgekehrt. Als ich zwei Stunden später zum Auto zurückkehrte, hatte der Mann sich einen Schutz gebaut. Sein Gesicht trage ich seither in mir. Ich bete für ihn. Ich bin sicher, dass Gott ihn unendlich liebt und er in seinem Reich später einmal einen ganz besonderen Platz einnehmen wird, dann, wenn die Machtverhältnisse, wie wir sie kennen, von IHM komplett auf den Kopf gestellt werden.
Ich weiß um vier Geschwister, zwei Frauen und zwei Männer, die gemeinsam eine Holzwerkstatt betreiben. Wir kennen uns nicht persönlich. Eine der Schwestern, erst knapp über 30, wird in den nächsten Tagen an einer schweren Erkrankung sterben. Trotz geschehener medizinischer Fehler geht diese junge Frau ihren Weg ohne Groll. Ihre ähnlich alte Schwester scheint auch ernsthaft erkrankt. Ich riet ihr über eine Freundin zu einer Untersuchung. Und die sterbende Frau, die mich überhaupt nicht kennt, bedankt sich, dass ich mich so einfühlsam – über die Freundin - um ihrer Schwester kümmere. Das hat mich so dermaßen gerührt, dass mir die Tränen kamen. Ich bewundere diese sterbende Frau. Was für eine Liebe!