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Unerwartet!

Abends fuhr ich noch in meine Stadt, um mir einen Vortrag anzuhören. Ich fuhr auf den Parkplatz. Es war eiskalt und dunkel. Zudem regnete es stark und kaum jemand war noch unterwegs. Ich wollte schnell in den Vortragssaal, da sah ich einen Mann mitten auf dem Parkplatz stehen, um ihn herum seine Habseligkeiten. Es gab keinerlei Schutz, nicht einmal eine kleine Überdachung. All seine Sachen waren völlig durchnässt, er stand wie erstarrt schutzlos auf dem nackten Asphalt. Es war, als hätte ihn unsere Gesellschaft ausgespuckt und auf diesem einsamen Parkplatz ausgesetzt: Dieses Bild war so unendlich grausam für mich: Ein einsamer ausgestoßener Mensch, seiner Würde beraubt.
Ich ging zu ihm. Er war größer als ich. Als er mich kommen sah, stand in seinen Augen die nackte Angst vor Verachtung. Ich gab ihm etwas und war freundlich zu ihm. Er war maßlos erstaunt. Wie oft musste er sich wie Abfall behandelt gefühlt haben! Als wir einander anschauten, schien die Zeit still zu stehen. Sein Blick war so intensiv, tief und wach. In diesem Augenblick habe ich ihn wirklich geliebt, war ganz für ihn da. Ich spürte eine tiefe Verbundenheit, als würden wir uns schon immer kennen. Wir haben in Frieden miteinander geredet. Als ich gehen musste, rief er mir ein „Danke“ hinterher. Ich wünschte ihm Glück. Er war wirklich mein Bruder. Er hatte mich beschenkt, nicht umgekehrt.
Als ich zwei Stunden später zum Auto zurückkehrte, hatte der Mann sich einen Schutz gebaut. Sein Gesicht trage ich seither in mir. Ich bete für ihn. Ich bin sicher, dass Gott ihn unendlich liebt und er in seinem Reich später einmal einen ganz besonderen Platz einnehmen wird, dann, wenn die Machtverhältnisse, wie wir sie kennen, von IHM komplett auf den Kopf gestellt werden.