Ich bin glücklich!
Sarajevo goes Kamen
„Und wo ist Kamen? – Und was wollt ihr dort? – Wer ist Meinolf?“ – ein wenig gestresst kamen Marijana und Mateo am Sonntag, dem 06. Oktober, aus der Passkontrolle am Köln-Bonner Flughafen. „Wir mussten so viele Fragen beantworten, nur weil wir keinen Reisepass aus der EU hatten!“ Doch auch Šimo Maršić, dem Jugendpfarrer und Rektor des Jugendzentrums Ivan Pavao II. in Sarajevo und Martina mit kroatischem Reisepass, hatten lange warten müssen, ehe wir sie am Flughafen begrüßen durften. Drei Tage mit spannendem Programm lagen vor den vier Team-Mitgliedern des Jugendzentrums in Sarajevo und dem Team von go4peace – Heinrich Oest, Bernhard Nake und Meinolf Wacker. Nachmittags ging’s in die Innenstadt von Dortmund, ehemals Tremonia oder Throtmanni, was so viel bedeutet wie: „Siedlung am gurgelnden Gewässer“. Höhepunkt des Tages war der Besuch in der BVB-Gründerkirche. Carsten Haug, Mitglied des Projektteams „Gründerkirche“, erläuterte die ereignisreiche Geschichte der Entstehung des BVB am Borsigplatz und das Großprojekt der Umgestaltung der Dreifaltigkeitskirche in die BVB-Gründerkirche – ein Gemeinschaftsprojekt des BVB und des Erzbistums Paderborn.
Im Tiny House im Pfarrgarten in Kamen präsentierte das Team von go4peace am Montagvormittag die Projektlinie navi4life, auf der junge Leute stark gemacht werden, sich ihrem Leben zu stellen und es in die Hand zu nehmen. Die Idee, das Logbuch 1 „Mein Leben – windschief und glänzend“ in die kroatische Sprache zu übersetzen und in den Netzwerken des Jugendzentrums Ivan Pavao II. damit zu arbeiten, wurde geboren und wird sondiert. Mittags war das internationale Team zu Gast in der Gesamtschule Kamen. Knapp 20 Schüler*innen, zwei davon aus der Realschule, und zwei Lehrerinnen informierten sich über die Möglichkeit eines FSJ in Sarajevo. Nach einem Blick in die Kirche Heilige Familie und einer kurzen shopping-Zeit, galt es, 35 Besucher*innen im Gemeindezentrum Heilige Familie die Arbeit des Jugendzentrums im Herzen von Sarajevo vorzustellen. Ein buntes, vielfältiges Bild entstand vor den Augen der Teilnehmenden. Auch die Familien der beiden Freiwilligen, die gerade im Jugendzentrum in Sarajevo ein FSJ verbringen, waren gekommen und zutiefst bewegt. „Ich bin so gerührt, zu sehen und zu wissen, wo meine Tochter jetzt ist, und was ihr dort alles geboten wird! Was für ein Geschenk!“ Zwei ehemalige Camp-Teilnehmer ließen durchblicken: „In uns ist erneut die Sehnsucht nach Sarajevo entfacht worden!“
Am letzten Tag der Begegnung besuchte das siebenköpfige internationale Team das Jugendhaus Hardehausen, wo im Jahr 1995 der bosnische Friedensweg begonnen hatte. Ein Blick in die pädagogische Arbeit des dortigen Pädagogenteams, vertreten durch Benedikt Hebbecker, Lucas Tielke und Ilona Exner, eine gemeinsam verbrachte Zeit in der einladenden Jugendkirche des alten Zisterzienserklosters und ein sich daran anschließender sehr lebendiger Austausch mit Mitgliedern bereicherte beide Seiten sehr. Am Nachmittag stellte Elisabeth Beckers, Eremitin am Dom zu Paderborn, ihren von Gott geführten Weg vor – bei Kaffee und Kuchen, was den bosnischen Gästen als “ typisch deutscher Nachmittag“ sehr gefiel. Pastoralreferent Dr. Daniel Rumel erschloss anschließend sehr kurzweilig die Geschichte des Paderborner Doms, der Bartholomäus Kapelle und des Paderquellgebietes. Zu einer abendlichen abschließenden Pizza gesellte sich Katharina Tewes vom Mundus Eine Welt e.V., der Entsende-organisation der beiden FSJler in Sarajevo, zu den beiden Teams. Ein letztes sehr lebendiges Gespräch entwickelte sich.
Erst spät wieder in Kamen, galt es doch am Mittwochmorgen bereits um 2 Uhr aufzustehen, um die Eurowings-Maschine in Köln-Bonn am frühen Morgen auf keinen Fall zu verpassen. Hundemüde aber glücklich ging’s dann - nach drei erlebnisreichen Tagen – in Sarajevo und Kamen ans Tagewerk im engagierten Leben für die Jugend Europas.
Meinolf Wacker
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Eine kleine Gruppe Interessierter machte sich am Sonntag, dem 29.09.24 mit Udo Nüsken auf den Weg durch Kamen, um den Dynamiken des menschenverachtenden Nationalsozialismus in Kamen in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf die Spur zu kommen. Schon bevor die Nationalsozialisten die Macht im Deutschen Reich und in der Stadt Kamen in den Händen hielten, waren sie aktiv und erlebten Widerspruch und Widerstand gegen ihre zerstörende Ideologie. Nachdem sie die Macht hatten, war Terror und Verfolgung für alle, die nicht in das faschistische Idealbild passten, an der Tagesordnung. Udo Nüsken informierte mit vielfältigem Bildmaterial an verschiedenen schicksalhaften Orten Kamens und ließ die Teilnehmer*innen entdecken, wie viele bunte faschistische Aufkleber auf Laternenmasten und Straßenkästen zu finden sind. Nach dem 2,5-stündigen Rundgang klebte auf jedem dieser Aufkleber ein neuer mit der Aufschrift: „Hier wurde Nazi-Propaganda überklebt, faschistische Strukturen zerschlagen.“ Konkrete Leidens- und Deportationsgeschichten vieler jüdischer Mitbürger gingen den Zuhörenden sehr unter die Haut. Beim Abschied herrschte große Betroffenheit und Nachdenklichkeit in der Gruppe. Es blieb die Frage, an welchem Punkt der Entwicklung wir heute stehen?
Als die Nazis die Kommunisten holten,
habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Gewerkschaftler holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Gewerkschaftler.
Als sie die Juden holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Jude.
Als sie die Katholiken holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja Protestant.
Als sie mich holten,
gab es keinen mehr,
der protestieren konnte.
frei nach Martin Niemöller
In der Sakristei hatte ich von einer Messdienerin aufgeschnappt: „Ich freue mich total auf Donnerstag!“ Auf meine interessierte Frage hin, was denn am Donnerstag Besonderes sei, erfuhr ich, dass sie mit ihrer Klasse nach Rom fahren würden. Ich schaute in die strahlenden Augen einer Teeny. Ihre Freundin, auch aus der Klasse, stand neben ihr mit dem gleichen Lächeln. In Gedanken stellte ich meine Predigt sofort um und adressierte sie vorrangig an die beiden Mädchen. Am nächsten Tag kaufte ich ein wenig süßen Reiseproviant und fand noch zwei kleine Kreuze mit je 5 Farben für die Kontinente. Ich packte alles liebevoll ein und warf es am nächsten Morgen, während die Jugendlichen in der Schule waren, in ihre Briefkästen. Von beiden erhielt ich überschwängliche, total dankbare Rückmeldungen, versehen mit der Aussage: „Das hat echt meinen Tag gemacht! Und noch eins wollte ich sagen: Deine Predigten könnten noch viel länger sein. Wir hören dir immer so gerne zu!“
Am Tiny House hatten wir im Rahmen der interkulturellen Woche einen Tag der offenen Tür am Tiny House veranstaltet, um den Projektweg „navi4life“ Interessierten vorzustellen. Das Wetter war nicht das allerbeste, es war regnerisch und kalt. Menschen aus unterschiedlichsten Ländern kamen vorbei. Ein junges afghanisches Ehepaar hatte vor Monaten einer Familie, die aus dem Iran aufgrund ihres Glaubens geflüchtet waren, für ein paar Tage Unterschlupf gewährt. Sie sprachen gebrochen Englisch. Nun wohnten sie in einer Nachbarstadt. Sie waren eigens angereist, um uns kennen zu lernen. Als ich ihnen begegnete fiel mir das Strahlen in den Augen der Frau mittleren Alters auf. „Wir durften uns in unserem Land nicht taufen lassen und wir haben so eine Sehnsucht nach Jesus“, ließ sie mich wissen. Ich schaute in ihre Augen und hatte den Eindruck, bis in ihr suchendes Herz zu schauen. Dann fragte sie: „Kannst du uns helfen, Jesus noch tiefer kennen zu lernen?“ Am Tag der offenen Tür, ein zutiefst offenes Herz – was für ein Geschenk!