Zum Hauptinhalt springen

Ich bin glücklich!

„Könnt ihr noch einen Generator gebrauchen? Ihr habt doch schon einige in die Ukraine transportiert!“ lese ich in einer Email. Schnell verbinden wir uns über Telefon und ich erfahre, dass da ein nagelneuer Generator abzugeben ist. Allerdings trennen den Anrufenden und mich über 300 Straßenkilometer. Kreativität ist gefragt. „Ich hab eine Familie gefunden, die am ersten Weihnachtsfeiertag am Kamener Kreuz vorbei kommt! Kannst du dann dort vor einem Baumarkt warten?“  Na klar, denke ich, denn Priestern steht es gut an, auch am Weihnachtsfeiertag noch adventlich zu warten. Also sage ich zu. Am ersten Feiertag wird mir gegen 14 Uhr der Generator übergeben, ehe ich selber zu meiner Familie aufbreche. „Und wo soll der Generator jetzt seinen Dienst tun?“ bewegt mich als Frage. Bald schon ist über eine befreundete ukrainische Familie in Kamen ein Kinderheim in der Westukraine aufgetan. Letzten Sonntag Nachmittag kam ein privates ukrainisches Fuhrunternehmen vorbei und nahm das Paket mit. Heute kam der Generator an seinem Bestimmungsort an. Auf einem Foto dürfen wir strahlende Kinderaugen sehen, die sich freuen, in der Energieknappheit des Krieges eigenen Strom produziert zu bekommen.

Der Tag war lang und arbeitsreich gewesen. Kurz vor Mitternacht musste ich noch jemandem vom Flughafen abholen. Das bedeutete über eine Stunde Hin- und genauso lange Rückfahrt. Morgens im Gottesdienst hatte ich meinen Augen nicht getraut. Die Mutter, die mit ihrem Kind bei Nacht und Nebel abgeschoben worden war, saß in der Kirche. Später erfuhr ich, dass sie aus dem Nachbarland zurückgekommen waren. Jetzt waren sie auf dem Weg zur Erstaufnahme-Einrichtung, damit ihr Fall nochmals aufgerollt werden sollte. Ob das gelingen würde, war nicht klar. Auf meiner Fahrt hatte ich Zeit zu beten. Ich legte das Schicksal dieser beiden Menschen inständig an Gottes Herz. Mehr konnte ich im Augenblick nicht tun. Am nächsten Morgen erhielt ich die Botschaft: „Es ist ein Wunder, gerade in der augenblicklichen politischen Stimmung! Der Fall der beiden wird nochmals grundlegend geprüft. Sie dürfen in unsere Stadt zurück und die Kleine darf wieder bei ihren Freundinnen und ihrer liebevollen Lehrerin weiter lernen, in Sicherheit und Wärme. Jesus hat sie beschützt. Es gibt Hoffnung! Danke für deinen Beistand  und deine Gebete!“

In einer Mail lese ich: Meine Tochter wurde ins Krankenhaus gerufen und wartete in einem Raum vor der Kranken-Station, in der ich untersucht wurde, umringt von mehreren tief verschleierten  Frauen. Eine dieser Frauen fragte meine Tochter, ob sie etwas dagegen hätte, wenn sie vor der Station für ihre eigene Mutter beten würden. Alle legten ihre Jacken und Mäntel auf den Boden, knieten sich hin und beteten. Anschließend wurde meine Tochter gefragt, warum sie hier sei. Sie erzählte, dass sie für mich, ihre Mutter, gekommen sei. Daraufhin legten wieder alle ihre Mäntel auf den Boden und beteten, dieses Mal  für mich.

Abgeschoben, bei Nacht und Nebel. Sie kamen morgens früh, pochten ganz laut an die Tür, nahmen das Handi weg und dann ging alles ganz schnell. In Straßburg wurden sie einfach auf die Straße gesetzt, eine kranke Mutter und ihr kleines Kind. Hart und unmenschlich. In einer Nachricht lese ich: „ Wir hatten Gegenstände für den Haushalt, Schulmaterial und Spielsachen gesammelt, das Mädchen – eine Grundschülerin -  konnte zusätzliche Deutschstunden bekommen und einen Zeichenkurs besuchen. Sie wollten sich in unserer Gemeinde engagieren, in der sie so viel Liebe erfahren haben. Die Mutter stand kurz vor der Taufe. Sie hat viele Textstellen aus dem Neuen Testament abgeschrieben und ich wünsche ihr sehr, dass sie sich jetzt daran festhalten kann.“ Auch an diesem Abend wieder neu lege ich den ganzen Schmerz des Tages in die Hände Jesu. In Stille entzünde ich eine Kerze und denke an die vielen, die heute ihren Schmerz geteilt haben.