Ich bin glücklich!
Ich war zu einer Fastenpredigt mit dem Thema „er-lebt“ eingeladen. Über 200 Senioren hatten sich eingefunden. „Waren Sie schon mal verliebt?“ fragte ich zu Beginn und erntete ein breites Schmunzeln. Dann ließ ich die Zuhörenden wissen: „Gott ist verliebt in uns, seine Menschheit. Und jeder Verliebte, will bei dem Geliebten sein. So ist es der sehnlichste Wunsch Gottes, bei uns Menschen zu sein!“ Zuvor hatte ich allen ein kleines Foto gegeben, auf dem Jesus mit der linken Hand ans Kreuz angenagelt, dem Betrachter die rechte Hand entgegenstreckt. Dazu hatte ich die Zuhörenden verstehen lassen: „In jedem Schmerz und in jeder Dunkelheit streckt uns Jesus seine Hand entgegen. Denn er braucht uns!“ Und dann erzählte ich von einem Syrer aus Aleppo, der mich für einige Tage besucht hatte. Wir hatten lebendige Tage miteinander verbracht und die Not Syriens war mir vertieft nahe gekommen. Er bat mich um Hilfe für das Projekt „little dreams“, in dem 100 traumatisierte Kinder und Jugendliche ihre Traumata bearbeiten können, um wieder schulfähig zu werden. „In dieser Bitte habe ich die Hand Jesu erkannt, der sie nach mir ausgestreckt hat!“ sagte ich den Zuhörenden. Nach der Messe gingen einige der Senioren nach Hause, um mehr Geld zu holen, als sie mitgebracht hatten. Im Evangelium des Tages hatte es geheißen „und es geschah!“ Ich durfte miterleben, wie es auch heute „geschah“. Die Liebe des Verliebten hatte seine Geliebten berührt.
Nach einer Beerdigung traf ich eine Frau, die ich lange nicht gesehen hatte. Sie fragte nach, ob eine Erfahrung, die sie in einer christlichen Zeitschrift gelesen habe, von mir stamme? Nachdem ich bejahte, bat sie mich, die Erfahrung kurz zu umreißen. Ich war in den Religionskurs eines Gymnasiums eingeladen worden und hatte über das Thema Kirche sprechen sollen. Wir trugen zusammen, was uns zum Thema Kirche einfiel. Ich ermunterte die Jugendlichen, auch die negativen Aspekte nicht unter den Teppich zu kehren. Dann entdeckten wir gemeinsam, dass all diese Aspekte nicht der Kern der Kirche waren. Plötzlich fragte ein Mädchen: „Wir haben schon so viele langweilige Diskussionen geführt und heute ist das ganz anders. Woran liegt das?“ Ich bat ihr meine Deutung an: „Spürst du, wie engagiert wir zusammen sind und wie wir bemüht sind, ehrlich und nicht verletzend im Gespräch zu sein? Irgendwie ist das doch eine Form der Liebe. Und Liebe ist der Name Gottes. Und er hat uns versprochen, bei uns zu sein, wenn wir in seinem Namen, also in Liebe, vereint sind. Also: Er ist da – unter uns – ganz lebendig und das erfüllt auch dein Herz so sehr!“ – „Ja“, sagte meine Zuhörerin, „das stand in der Erfahrung, Kirche will immer mehr Ereignis des lebendigen Gottes werden, das hat mich seither begleitet!“
Am Ende eines Gottesdienstes kam eine afrikanische Mutter mit ihren drei Kindern. Die Älteste war gerade 6 Jahre alt geworden und hatte den Wunsch, dass ich sie noch segnete. So kniete ich mich vor das Kind, um mit ihm zu sprechen und die Kleine zu segnen. Zur gleichen Zeit kam ein mir unbekannter älterer Mann, der ein wenig verwahrlost ausschaute. Er sah, wie ich das Kind segnete und sagte dann laut: „Jetzt bin ich aber ganz gerührt und fange gleich an zu weinen!“ Dann ging die afrikanische Familie. Ich hätte sofort zu einem Anschluss Termin auf die Autobahn gemusst. Doch ich entschied, dem älteren Mann noch zuzuhören. Er erzählte mir von seiner Geschichte und war ganz verwundert, dass er in einer katholischen Kirche gelandet war. Als ich ihn nach einer Viertelstunde verstehen ließ, dass ich mich nun verabschieden musste, schaute er mich lange an und sagte: „Sie haben mir ein großes Geschenk gemacht, mir so lange zugehört zu haben. Ich fühle mich sehr geehrt. Danke!“