Immer wieder war mir der kleine Junge in unserem Ferienlager aufgefallen. Er spielte oft für sich allein und fand irgendwie keinen richtigen Anschluss zu den anderen Kindern. Mehrfach hatte ich ihn ermutigt, aber es blieb schwer für ihn. Eines Nachmittags, als ihn wieder allein spielen sah fragte ich ihn, ob er Lust habe, mit mir Federball zu spielen. „Na klar!“ war seine freudige Antwort. Wir begannen und ich staunte nicht schlecht, als wir es zu 40 Ball-Berührungen brachten, ohne dass der Federball zu Boden fiel. Ich sah, wie froh und stolz mein kleiner Spielkamerad war. Kurze Zeit nach unserem Federball-Match sah ich, wie der kleine begonnen hatte, mit anderen „Verstecken“ und „Fangen“ zu spielen. Er hatte begonnen, sich zu wagen.
In einer Nachricht las ich: „Können wir morgen gemeinsam einen Spaziergang machen?“ Es war eine Bekannte von mir. Ich kannte sie seit den Gymnasium-Jahren in meiner Stadt, in der ich groß geworden bin. Obwohl wir heute beide in der gleichen Stadt eines anderen Landes leben, sehen wir uns sehr selten. Uns verbinden nicht so viele Gemeinsamkeiten, weil meine Bekannte in einem anderen Umfeld groß geworden ist als ich. Außerdem gehört sie einer anderen Religion an. Wir trafen uns. Anfangs erzählten wir, wie es uns generell ging. Dann stellte sie immer mehr Fragen in Bezug auf meine Religion. Ich war ein wenig erstaunt, aber ich antwortete ganz offen und fröhlich auf all ihre Fragen. Dann sagte sie auf einmal: „Weißt Du, in unserem Glauben gibt es sehr strikte Regeln, denen man folgen muss, oder man gehört nicht mehr zu dieser Religion. Es gibt Regeln für unser Tun, für das Essen und für die Kleidung. Habt Ihr in Eurem Glauben auch Regeln? Was macht Dich zur Christin? Und wenn es Regeln gibt, die in unseren Religionen unterschiedlich sind, welche sind richtig? Welchem Weg gilt es dann zu folgen? Meine Religion stimmt in vielem mit Deiner nicht überein. Bei wem liegt die Wahrheit? Wer ist der ‚wahre‘ Gott?“ Es kamen Fragen über Fragen!
Ich sagte zu ihr: Weißt Du, meines Erachtens gibt es eine absolute Wahrheit nicht. Ich kann nur von mir und meinen Erfahrungen mit Gott erzählen. Und aus meinen persönlichen Erfahrungen heraus weiß ich, dass Gott ‚Liebe‘ und nichts anderes ist. Alles, was nicht Liebe, sondern Hass, Wut, Neid hervorbringt, ist nicht Gott. Und diese Liebe ist nicht nur die Liebe zwischen zwei Menschen, sondern auch die Liebe in der Familie, im Freundeskreis bis zu all den Menschen, die im Lauf eines Tages meine Nächsten sind. Mein Nächster ist immer neu der, der meine Hilfe braucht und wenn ich gerad helfen kann, dann ist diese Geste des Helfens ein Akt der Liebe zu diesem Menschen, den ich vielleicht gar nicht kenne.
Weiter sagte ich zu ihr: Wenn wir uns ständig mit anderen vergleich, werden wir nie glücklich sein. Warum drängt es uns dazu, unser Gegenüber schlecht zu machen, nur damit „wir“ / „ich“ ein wenig besser dastehe? So zerstören wir uns selbst und leben fern von Gott.
Ich habe ihr dann noch ein paar kleine Erfahrungen aus meinem konkreten Leben erzählt und am Ende war sie total froh! Sie hatte so ein Strahlen in ihren Augen, wie ich es nie bei ihr gesehen habe. Sie war im Frieden. Und ich spürte, da war noch etwas Größeres, vielleicht jemand Größeres zwischen uns. Als wir uns verabschiedeten sagte sie: „Danke für Deine Zeit und Deine Geduld mit mir. Du bist echt gut!“
Als kleine Gruppe hatten wir uns getroffen. Zwei „Ferienkinder aus Norwegen“, bei uns in der Stadt zu Gast, wollten gern ein wenig über go4peace erfahren. Das ging am besten bei einem leckeren Eis. Bei einer der Jugendlichen merkte ich, dass sie nicht an Gott glaubt. So wurde mir klar, dass es an dieser Stelle wichtig war, einfach nur dazu sein und diesem jungen Menschen den Raum zu geben, um alles Wort werden zu lassen, was an Fragen, Zweifeln und Gedanken in ihm war. Und dann kam richtig was in Bewegung in Richtung Gott – in aller Freiheit! Es gilt eben immer neu: „Trust and jump!“ - "Vertrau und spring!"
Ich habe eine Freundin in meiner Schule, die auch Christin ist. Sie ist protestantischen Glaubens und geht sonntags in eine kleine Gemeinschaft, der sie sich zugehörig fühlt. Von Anfang an haben wir uns sehr oft über Gott ausgetauscht, weil er für uns wichtig ist. So entdeckten wir in unseren Glaubensüberzeugungen so manchen Unterschied, der uns überraschte. Ich bin mit ihr in ihre Kirche gegangen, und sie mit in unseren Gottesdienst. Wir wollten uns besser verstehen lernen. Ich war sehr neugierig und freute mich, mit ihr in der Bibel zu lesen. Gleichzeitig spürte ich, dass wir nicht wirklich verbunden waren.
Vor einem Monat begleitete sie mich in die Kapelle meiner Schule. Zusammen mit anderen Studenten, die auch gekommen waren, haben wir gemeinsam gebetet. Das war sehr schön, weil meine Freundin auch für sich selbst einen ruhigen Ort in der Schule gefunden hatte, an dem sie Zeit mit Gott verbringen kann.
Ich spüre, wie wir einander im Glauben unterstützen. Das letzte Mal haben wir zu Hause miteinander für unsere gemeinsamen Freunde gebetet, und dann noch für unsere Nachbarn. Das war so schön!!! Jesus war spürbar da! Wir zwei waren in seinem Namen beisammen. Dieses Gebet war für mich das Zeichen, dass wir es geschafft hatten: In diesem Augenblick waren wir nicht mehr Protestantin oder Katholikin, sondern zwei Christinnen, zwei Menschen, die miteinander unterwegs sind. Ich war und bin so glücklich darüber.
Eine tamilische Familie hatte sich bereit erklärt, eine junge Frau aus Süd-Ost-Europa für ein Jahr bei sich aufzunehmen. Nun galt es das Zimmer herzurichten. Dazu suchte ich noch ein Bett und einen Schrank. „Wir haben noch ein wunderbares Himmels-Bett abzugeben!“ las ich in einer Mail. Schnell holte ich das Bett und ohne es aufgebaut gesehen zu haben, gelang es mir am nächsten Tag, bei der Familie dieses Bett aufzubauen. Ich freute mich sehr, dass die junge Frau aus Süd-Ost-Europa schon am Pfingstfest für ein paar Tage kommen würde. Als ich mich verabschiedete, sagte mir die Tamilin, nun sei für sie am Pfingsttag noch eine Einladung zur Firmung zu ihrer Tochter in Skandinavien ins Haus geflattert. „Ich weiß gar nicht, was ich machen soll, denn ich möchte doch für die Gäste da sein und sie kennen lernen, aber meine Tochter ist total traurig, wenn ich nicht komme. Was soll ich nur machen? Bitte beten Sie für mich!“ bat mich die Frau. Ich versprach ihr mein Gebet und tat es im gleichen Augenblick mit ihr gemeinsam – noch in der Tür stehend. „Wissen Sie was?“ wandte sie sich erneut an mich. „Gerade, als wir betend sprachen, hab ich verstanden, dass die Arbeit, die Sie für Europa machen, so wichtig ist und dass ich bleiben soll, um mit den Gästen daran mitzuarbeiten. Und als ich gedacht habe: Bleib auf Pfingsten hier und geh später für eine ganze Woche zu Deiner Familie nach Skandinavien, da hatte ich einen echten Frieden in meinem Herzen!“
Nach einer langen Reise war ich heimgekehrt und musste mich wieder in meinen Studienalltag einfinden. Es war Sonntag. Ich wollte zur Messe. Leider fand sie nicht statt, da die Kirche aufgrund von Renovierungsarbeiten für längere Zeit geschlossen war. So ging ich traurigen Herzens weiter. Plötzlich stoppte ein Auto neben mir. Eine Kinderstimme rief meinen Namen. Und schon war der kleine Junge aus dem Auto gesprungen und umarmte mich inniglich. Als Au-pair hatte ich ihn über mehr als zwei Jahre begleitet und ins Herz geschlossen. Ich hatte ihm zu seinem Geburtstag noch wunderschöne Karte geschickt. Gesehen hatten wir uns lange nicht mehr. „Danke, dass Du mir zum Geburtstag geschrieben hast! Ich hab mich soooo gefreut!“ Nachdem er mich erneut ganz fest an sich gedrückt hatte, sagte er weiter: „Du hattest ja auch Geburtstag. Ich hab ganz fest an Dich gedacht.“ Dann holte er zwei Euro aus seiner Hosentasche und sagte: „Hier, das ist mein Geschenk für Dich!“ Zunächst lehnte ich ab, da ich dem Kind dieses Geld nicht wegnehmen wollte. Aber er blieb beharrlich. Und so musste ich es nehmen. Als wir uns verabschiedeten, rief er noch: „Und besuch uns bald mal wieder! Ich vermisse Dich so sehr!“ Mit Tränen der Freude in den Augen blieb ich zurück. Ich hatte mit dem Kind so viel Zeit geteilt und ihm Liebe geschenkt. Und nun durfte ich erfahren, dass die Liebe wirklich bleibt.
Als ich an der Uni ankam, traf ich eine Freundin und lud sie auf ein Eis ein. Sie hatte Zeit und so vervielfachten die zwei Euro auch noch ihre Freude. Ein lebendiger Austausch mit meiner Kollegin war ein weiteres Geschenk. Ich verstand: Der, dem ich hatte in der Messe begegnen wollen, hatte sich zwei Mal unter uns Menschen ereignet, ER in der Mitte der Seinen.
Nur noch schnell was einkaufen, denn im Brotkorb war kein Brot mehr und das Wochenende nahte. So lief ich am späten Samstagnachmittag noch schnell aus der Bibliothek meiner Uni in einen Supermarkt, um für den Sonntag gut gerüstet zu sein. Als ich vor dem Brot-Regal stand, war ein älterer Mann gerade dabei, alle Semmeln in seinen Einkaufswagen zu legen. Er schien Besuch zu bekommen und brauchte anscheinend eine Menge an Brot. Sonst war kein Brot mehr vorrätig. Als er mich vor dem Regal stehen sah, fragte er, ob ich auch noch Brot brauche? Ich nickte. So ließ er noch drei Semmeln in Regal liegen. Mich rührte diese Geste so sehr, dass ich mich entschied, nur einen davon mitzunehmen und ansonsten fürs Wochenende auf Nudeln zu setzen. Der ältere Mann sah das, und fragte, ob ich die restlichen zwei nicht aus noch brauche? Ich verneinte und sagte ihm: „Nehmen Sie die ruhig noch, ich spür, Sie brauchen die ja noch!“ Lächelnd nickte er und bedankte sich. Diese ehrliche und achtsame Begegnung am Brotregal ließ in mir eine große Freude zurück.
Eine Familienfeier stand an. Kuchen wurde gebacken, Stühle und Tische wurden gestellt und noch so manches mehr. Die Verwandten kamen und es war wirklich ein gutes Beisammensein. Alle waren froh, mal wieder miteinander ausgiebig reden zu können. Nur in mir machte sich der Gedanke breit: Dieses Fest vorzubereiten war so viel Arbeit bei all dem anderen, was es alltäglich immer zu tun gilt. Warum konnten die Gäste nicht auch etwas beisteuern? Am nächsten Tag ging ich zur Messe und erhielt die Antwort: Der Priester schenkte jedem ein kleines Buch mit allen Evangelien. Er gab uns Mitfeiernden die Anregung mit auf den Weg, einmal darüber nachzudenken, was gibt es Größeres gibt, als die Liebe Gottes geschenkt zu bekommen.
Ein Mitarbeiter des TÜV hatte sich angemeldet, er schaute vorbei, um einen Aufzug in unserem Haus technisch zu warten und abzunehmen. Ausgerechnet am Vortag seines Kommens gab der Aufzug seinen Geist auf. Ich erklärte dem Mitarbeiter, dass wir in der Kürze der Zeit noch keinen Techniker hatten kommen lassen können. Dann entwickelte sich ein Gespräch über Gott und die Welt. Auf einmal sagte er: „Wissen Sie, ich schau mir den Aufzug jetzt Mal genauer an!“ Am Ende hat er den Schaden selber repariert, den TÜV abgenommen und mir im Schalterkasten noch ein paar Tricks erklärt. Als er dann unser Haus verließ und ein Spendenschweinchen an einer Ecke stehen sah, griff er noch in seine Hemdtasche und warf ein paar Münzen in die Box. Ich denk, das war sein Trinkgeld.
Eine Freundin besuchte mich an meinem Studienort. Ich hatte mich sehr auf sie gefreut, da ich mich mit ihr auch über meinen Glauben austauschen kann, was mit den meisten meiner Mitstudierenden nicht möglich ist. Wir machten uns auf den Weg zu einem nahen Wallfahrtsort, an dem ich gern bin, weil er mich innere Ruhe finden lässt. Wir sind fast alle Wege gelaufen, weil meine Freundin das Geld für den Nahverkehr sparen wollte. Der Hinweg dauerte zwei Stunden. Für den Heimweg entschieden wir uns, doch ein Ticket zu kaufen und mit der Straßenbahn zu fahren. Als wir einstiegen und ein Ticket kaufen wollten, lag am Ticketautomaten ein noch für eine Stunde gültiges Ticket. Es war so, als hätte ein Engel dieses Ticket für uns hinterlassen, damit wir kein Geld ausgeben mussten. Wir hatten genau eine Stunde Zeit für den Heimweg. Es passte genau! Wir waren so glücklich! Ein Geschenk!
Mein Mann hatte an einem großen Friedenscamp in Albanien teilgenommen. Er hatte ein paar Lek, so die albanische Landeswährung, übrig behalten. Nun lag dieses Geld schon über ein Jahr in einer Schublade. Als ich es wieder einmal dort sah, erinnerte ich mich an ein albanisches Lokal in unserer Stadt. Ich hatte mitbekommen, dass die Eltern der Wirtin für ein paar Wochen zu Gast waren und nun bald wieder abreisen würden. So brachte ich das Geld zusammen mit meinem Mann in das Restaurant. Als ich die Wirtin nach einigen Wochen wieder traf, sagte sie: „Sie glauben nicht, was sie meiner Mutter für eine Freude bereitet haben. Sie war schon besorgt, da sie keine Lek mehr hatte, wie sie es bei der Rückkehr nach Albanien mit dem Brot-Kauf machen sollte. Nun hatte sie genug Geld um Brot und auch noch andere Lebensmittel einzukaufen. Sie hat sich riesig gefreut!“
Mit kleinen Geschenken hatten wir uns zum Heiligen Abend auf den Weg zu den Kindern und Jugendlichen der Flüchtlingsfamilien gemacht. Wir schellten an der Tür einer Wohnung in einem Hochhaus. Vorsichtig, fast schüchtern wurde uns geöffnet. Zwei Jugendliche schauten uns fragend an. Wir erklärten, warum wir gekommen waren. Nach einigen Minuten in der Tür stehend, baten die beiden und ihr Vater uns, herein zukommen. Wir kamen in ein kahles, fast nackt wirkendes großes Zimmer. Alles wirkte traurig, fast ein wenig depressiv. Über große Sprachbarrieren hinweg versuchten wir zu kommunizieren. Diese Flüchtlinge kamen aus Kurdistan, sie waren Jesiden. Wir erfuhren, dass die Tochter der Familie in Bayern lebte. Ich fragte nach der Mutter der Familie. Der 17-jähirge antwortete uns: „Mutter – tot!“ Diese Worte wirkten auf uns alle lähmend. Dann kam heraus, dass ihre Mutter letzte Woche bei einem Zug-Unfall in unserer Stadt ums Leben gekommen war. Gelesen hatten wir das in der Zeitung. Nun saßen wir in der Familie, zu der die Frau gehört hatte. Wir spürten, jetzt nicht wieder gehen zu können. Die Liebe ließ uns bleiben und diese schwere Situation mit aushalten. Wir blieben lange. Als ich wenige Tage später wieder vorbei schaute, um ein paar Süßigkeiten vorbei zu bringen, war sofort ein Strahlen auf den Gesichtern der drei Männer, als sie mich sahen. Sie suchten das Herz eines Bruders.
Das Wort von der TÜRE berührt ein Erlebnis, das mich tief bewegt: Als ich eine zeitlang in einem psychiatrischen Krankenhaus Seelsorger war, erkannte ich, dass die Situation der Obdachlosen in meiner Stadt und Umgebung absolut mangelhaft war. Von einem Freund im Seelsorgeamt meiner Diözese ließ ich mir einen diesbezüglichen schriftlichen Lagebericht machen. Mein Freund, hocherfreut, dass mich das so bewegte, feuerte mich an, bei den entsprechden administrativen Instanzen vorzusprechen. Doch mit meinen Priester- Brüdern war mir klar, dass ich das nicht kann, weil mir dazu die Fähigkeiten fehlen. So ließ ich die besagten Unterlagen liegen, mieg es, mit meinem Freund zu kontaktieren und betete, betete… in dem Anliegen. Nicht sehr lange später erhielt ich auf einem seltsamen Weg eine Einladung ins alte Rathaus der der Stadt, wo sich eine mir fremde Gruppe mit dem Oberbürgermeister und dem Caritasverantwortlichen unserer Region zu einem sehr kontroversen Informationsgespräch traf. Thema: „Obdachlose…“. Der Caritasverantwortliche, ein Riese, kämpfte, ich ein Zwerg schwieg und betete. Beim gemeisamen Nachhauseweg ließ ich meine Wut raus:“Die haben doch überhaupt nicht verstanden, worum es uns geht! Alles umsonst!“ Doch er schaute mich vielsagend an und meinte:“ O doch, Herr Pfarrer, die haben schon verstanden, Die wollen nur nicht. Denn das kostet ja einiges. Doch wir haben den Fuß zwischen die TÜRE bekommen. Und das reicht fürs Erste." In der Folge starb er an Krebs.- „Es muß halt alles durch den Nullpunkt“, so Bischof Hemmerle. - Der Nachfolger in der Caritas-Verantwortung führte die Sache professionell weiter. Bald hatten wir einen Raum, nach einem Umzug Küche mit sanitären Anlagen, und in Bälde wird in meiner Stadt ein umgebautes Haus für Obdachlose eingeweiht mit mehreren Räumen, Schlaf- und Wohnmöglichkeiten samt allem, was nötig ist. Einfach Toll!
Ein Treffen leitender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bistums war angesagt. Es ging um die Digitalisierung der Welt. Ich war angefragt zu erzählen, wie wir mit Hilfe digitaler Technik die Wortes Jesu zu den Herzen vieler zu bringen versuchten. Für mich hatte das bedeutet, eine andere Veranstaltung, die ich gern bis zum Ende besucht hätte, früher zu verlassen. Ich hatte mich entschieden, es zu tun. Ich traf auf viele Mitarbeiter, die ich nicht kannte. An Stehtischen wurden nach einem Vortrag Praxisbeispiele in kurzen Zeitfenstern dargestellt. Würden sich Menschen für die Worte Jesu im Netz überhaupt interessieren, fragte ich mich? 70 Mitarbeitende waren im Raum.
Zum ersten Kurzmeeting an meinem Stehtisch kamen drei, zum zweiten zwei und zum dritten abermals zwei. Mit Freude und Feuer erzählte ich von der wandelnden Kraft der Worte Jesu. Bei jedem Meeting downloadete mindestens einer der Teilnehmer sofort die beiden Apps onword24 und onword. Wir kamen zum Ende der Veranstaltung. Die Leitende lud zu einem geistlichen Abschluss ein. Sie las das Motto des Tages aus der onword24 App. Es verdichtete die Erzählung über das Weinen Jesu angesichts der Stadt Jerusalem. „Ich will Deine Tränen trocknen!“ lautete das Motto. Dann las die Leiterin das Evangelium des Tages aus der App und wiederholte das Motto. Im Anschluss sagte sie: „Ich weiß von den go4peace-Camps, dass die Jugendlichen am Ende des Tages immer eingeladen sind, ihre Erfahrungen mit dem gelebten Wort, eben den Mottos, auszutauschen. So lade ich Sie heut Abend ebenfalls ein, sich in kleinen Gruppen über die Erfahrungen ihres Tages auszutauschen.“ Ich traute meinen Augen nicht. Nach anfänglichem Zögern erlebte ich die eben noch so stummen Menschen im lebendigen Austausch über die Erfahrungen ihres Tages.
Das Jahr mit Arbeit lag hinter uns und der Urlaub stand vor der Tür! Wir freuten uns riesig und wir meinten sogar, wir hätten ihn verdient. Dann kam der Anruf, dass die Schwiegermutter mit Lungenentzündung ins Krankenhaus musste. Eigentlich meinten wir, wir hätten keine Kraft mehr, das zu meistern. Aber wir gingen unserer Aufgabe nach, besuchten sie, machten Besorgungen, erledigten Schriftverkehr, gingen also all die Dinge an, die anstehen, wenn jemand aus Familie oder Freundeskreis im Krankenhaus liegt.
Aber immer wieder merkten wir auch, wir dürfen nicht nur geben, sondern werden auch unendlich geliebt. So ergaben sich viele wertvolle Gespräche zwischen der Kranken und uns. Außerdem gab ein Musiker ein großes Konzert in jener Stadt. Wir hatten uns um keine Karten kümmern können. Aber irgendwie dachten wir an dem Abend ganz spontan, ob wir noch in das Konzert hineinkommen könnten. Kurz nach Beginn des Konzertes standen wir mit dem Rest des aufgewärmten Essens für die Kranke im Foyer des Konzertsaals. ‚Haben sie noch Karten?‘ wagten wir zu fragen. Dann sagte der Ticketverkäufer: Ja, diese zwei Karten sind für sie! Ihnen einen erholsamen Abend.‘ Voller Freude und mit der Gewissheit im Herzen ‚Gott vergisst uns nicht‘ konnten wir diese Stunden genießen und unseren weiteren Aufgaben nachgehen.
Das Motto "Don't stop giving!" begleitet mich Tag für Tag. Ein Verwandter war schwer krank geworden. Bei uns zu Hause im Szekler Land konnten ihm die Ärzte nicht helfen. Deshalb kam er nach Cluc Napoca (Klausenburg), wo ich lebe. Er war schon nach zwei Wochen im Krankenhaus, doch niemand hatte ihm geholfen, weil er den Ärzten kein Geld gegeben hatte – leider ist das bei uns so! Er war sehr frustriert, denn er hatte den Eindruck, vergeblich gekommen zu sein. Ich selber war in diesen Tagen beruflich sehr beschäftigt, hatte nur wenig Zeit. Das Motto gab mir dennoch den Anstoß, ihn zu besuchen. Es wurde ein langes Gespräch. Fast vier Stunden haben wir geredet. Ihm tat es richtig gut, sich jemanden anvertrauen zu können. Auch wenn ich ihm fachlich nicht weiterhelfen konnte, war mein Dasein ein großes Geschenk für ihn. Die Topfblume, die ich ihm mitgebracht hatte, wird diese Augenblicke in seinem Herzen lebendig halten.
Die Schule hatte wieder begonnen und so galt es in unserer Klasse einen Kurssprecher zu wählen. Eine Mitschülerin hatte mich für dieses Amt vorgeschlagen. Anfangs war ich mir alles andere als sicher, ob ich tatsächlich zusagen sollte. Dann fiel mir ein Motto aus unserem go4peace-Camp ein: "Sei offen im Augenblick!“ Das hat mich total ermutigt und so habe ich zugesagt. Und dann spürte ich wieder diese tiefe Freude, die ich oft im Camp erlebt hatte.
Eines Abends saß ich während unseres Camps go4peace mit meinen Schwestern und einigen Freunden zusammen. Wir hatten viel Spaß zusammen. Ich sah, dass zwei Jungen aus unserem Camp allein an einem Tisch saßen und mit ihrem Handy beschäftigt waren. Ich hatte den Eindruck, dass sie sich alleine fühlten, so entschied ich mich, sie anzusprechen. Sie legten sofort ihre Handis aus der Hand und setzten sich zu uns. Wir sprachen über Schule, übers Reisen und über Gott und die Welt. Dann gesellten sich noch mehr Leute zu uns. Es war richtig lustig und schön. In den Augen der beiden Jungs spürte ich die Freude, mit dabei sein zu dürfen und in meinem Herzen war die gleiche Freude, dass ich den Augenblick beim Schopf gepackt hatte.
Von Anfang an war er skeptisch, als er seinen kleinen Sohn zum Kindergarten brachte. Er hielt nicht viel von dem ‚ganzen pädagogischen Kram‘ und fragte sofort, ob es auch möglich sei, sein Kind nur drei Tage in der Woche zu bringen und ihn ansonsten zu Hause auf dem Hof zu lassen? Ich schaute auf das Kind und spürte, wie unsicher sich der Kleine in der neuen Umgebung fühlte, der Vater wahrscheinlich auch. So erklärte ich dem Vater, dass es für die Beziehungen zu anderen Kindern und um in der Gruppe gut integriert zu sein, wichtig ist, dass er 4 Tage pro Woche in den Kindergarten kommt. Wir vereinbarten ein paar Schnupptertage, zu denen der Kleine auch mit seiner Mutter erschien. Schon bald verabschiedete der kleine Junge seine Mutter, weil er keine „Zeit“ mehr für sie hatte, denn er wollte mit den Kindern spielen. Offensichtlich hatte er den Sprung in seine neue Welt schnell geschafft. Er hatte Vertrauen gefasst und zu Hause erzählt, dass er die Christiane (mich, die Erzieherin), so gerne mag.
Jedes Mal, wenn ich sah, dass der Vater kam, um sein Kind abzuholen, ging ich auf ihn zu, um kurz mit ihm zu reden und ihn einfach meine Aufmerksamkeit und Wertschätzung spüren zu lassen. Ich erzählte ihm, wie viel ich von regionalem Einkauf halte und beschrieb ihm den Hof, auf dem wir als Familie im Hofladen immer wieder einkauften. Natürlich kannte er den Hof. Eines Tages fragte ich den zutraulicher gewordenen Mann, ob wir ihn mit den Kindern des Kindergartens nicht mal auf dem Hof besuchen könnten? Schnell war ein Termin gefunden. Mit der ganzen Kindergartengruppe verlebten wir wunderbare Stunden. Stolz zeigte und erklärte uns der Vater den Hof. Die Kinder durften eine Henne und ein Ferkel streicheln und den ganzen Hof “erobern“. Beim Abschied strahlte der Vater, weil er gespürt hat, wie wertvoll wir seine Arbeit finden und hat uns eingeladen, jederzeit wieder zu kommen.
Durch diesen Besuch hat sich unsere Beziehung noch einmal verbessert und wenn der Vater jetzt seinen Sohn abholt, kommt er gelöst und unbeschwert auf uns zu.
Seit längerem kümmere ich mich um meinen bettlägerigen Mann. Damit ist mein Aktionsradius auch sehr eingeschränkt. Eine Einladung zum Klassentreffen, das für mich eine dreistündige Fahrt bedeutet flatterte ins Haus. Mir war sofort klar, dass ich meinen Mann über Nacht nicht allein lassen konnte und ich somit auch nicht zu dem Klassentreffen fahren konnte.
Meine Tochter kam mit ihren Kindern zu Besuch. Eher zufällig sah sie die Einladung auf dem Küchentisch liegen und frage, ob ich an dem Treffen teilnehmen wolle? Und sofort fügte sie hinzu: „Selbstverständlich bleibe ich die zwei Tage bei Papa!“ Ihr älterer Sohn blieb auch nicht stumm und sagte: „Ich bleibe auch bei Opa, damit er nicht allein ist!“ Was für eine Freude, seit langem kann ich mal wieder für zwei Tage unsere kleine Wohnung verlassen.