Während des Liborifestes in Paderborn hatten wir Armbänder mit der Aufschrift „go4peace – building bridges in Europe“ verteilt. Einige Tage nach dem Fest schrieb mir ein jüngerer Ehemann: „Ich trage das Armband nun durchgehend. Dazu musst du folgenden Hintergrund wissen: Wir haben in unserer Ehe zwei grundlegende Schwächen identifiziert, meine Frau jammert und ich motze zu schnell. Vor einiger Zeit fand ich in einem Buch, in dem Verhaltensänderungswünsche vorgeschlagen werden, den Tipp, sich ein Armband zu suchen und 40 Tage am gleichen Arm zu tragen. Nur muss man jedes Mal, wenn man in die alte Verhaltensweise zurückfällt, das Band vom einen Arm an den anderen wandern lassen. Also, mein Vorhaben war klar: 40 Tage nicht motzen und ein Armband musste her. Und dann bekam ich Euer Armband geschenkt. Und die Ermutigung, „Brücken zu bauen“ hätte besser nicht sein können. So trage ich es nun und hatte bereits vier Tage geschafft. Heut bin ich leider gescheitert und hab das Armband nun am anderen Arm. So zähle ich neu und bin gespannt, ob ich es schaffe.
Während der Liboritage hatten wir unterschiedlichste Menschen interviewt. Wir hatten gefragt, was sie geworden sind und wer sie auf dem Weg unterstützt hat. Am Ende gaben alle aus ihrer Erfahrung heraus den jugendlichen Zuhörenden einen Tipp mit auf den Weg. Mir war der Impuls gekommen, dieses Video an eine größere Gruppe zu schicken. Kurz darauf erhielt ich die Botschaft: „Das ist zum wiederholten Male ein ‚Zeichen von Ihnen‘ (ohne dass Sie es wissen)! mit ausgerechnet diesem Dieses „Entscheidungshilfe-Video zur Wegorientierung“ erreicht mich in einer Zeit, in der ich eine Entscheidung für eine berufliche Neuorientierung (mit fast 58 Jahren) treffen muss und alte Wege und Sicherheiten dafür verlassen muss. Aber ich habe mich entschieden, auf mein Bauchgefühl zu hören und mich auf den Weg zu machen, in dem Wissen, dass Gott mich begleitet. Und genau darin hat mich das Video bestärkt.“
In einer Mail lese ich: Heute bin ich einer tapferen jungen Mutter begegnet, die viel Kummer mit ihren Kindern hat. Zum Glauben hat sie nur wenig Zugang. Ich erzählte ihr von meinem Mann, der mit schwer erziehbaren benachteiligten Jugendlichen arbeitet. Sie war total berührt. Dann sagte sie: „Dein Mann wurde ganz sicher zu diesen Kindern geschickt. Das ist alles kein Zufall, das ist einfach …“ Ihr fehlten die Worte.
Später begleitete ich eine lebhafte Kindergruppe zum Spielplatz. Dort begann meine Kollegin plötzlich unerwartet zu weinen. Sie erzählte, dass man bei ihrem jüngsten Sohn eine schwere Krankheit festgestellt habe. Am Nachmittag müsse sie zu Untersuchungen mit ihm ins Krankenhaus. Sie war voller Angst. Ich habe mein Herz ganz für sie geöffnet. So spürte sie, nicht allein zu sein.
Es stimmt wirklich: Wenn wir Jesus nachfolgen, führt er uns genau zu den Menschen, die sein Brot des Lebens brauchen. Dieses Brot sein und weitergeben zu dürfen, erlebe ich als tiefes Vertrauen Gottes in uns. Es ist schwer und schön – ganz schön schwer!
Meine Frau hatte ihr Portemonnaie oben aufs Autodach gelegt und es dort vergessen. Bei der anschließenden Fahrt war es verloren gegangen. Die Polizei hatte angerufen, ein ehrlicher Finder habe die Geldbörse zurückgebracht. Was fehlte, war allein eine Bankkarte. Durch einen Anruf beim ehrlichen Finder war klar geworden, wo er die Börse gefunden hatte. So fuhr ich aus Liebe zu meiner Frau in der Mittagspause an den genannten Ort und suchte jeweils ca. 400 Meter in beide Richtungen den Straßenrand ab. Dabei betete ich zu Gott, er möge das geschehen lassen, was jetzt richtig sei. Über 10 Minuten hatte ich schon gesucht und war vertieft ins Gespräch mit Gott. Auf einmal fiel mein Blick auf die kleine Checkkarte von go4peace, den sog. Bootsführerschein. Er lag im Gras am Straßenrand. Auf dieser Karte las ich: „Seid gewiss, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt!“ Dass meine Frau diese Karte in ihrer Geldtasche hatte, erfreute mich sehr. Ich fühlte mich von Gott umarmt. Wenige Augenblicke später fand ich auch die EC-Karte.
Während meiner Ferien war ich auf die Passhöhe des Großen St. Bernhard gefahren und hatte dort in der Kirche des Hospiz, wie schon in vergangenen Jahren, für die Jugendlichen Europas gebetet. Viele einzelne Gesichter hatte ich Jesus ans Herz gelegt. Dann war ich auf ca. 3000 Meter Höhe an einen meiner Lieblinsorte gestiegen. Dort saß ich an einer exponierten Stelle und las in einem Buch – unter mir ein Kamin. Auf einmal hörte ich Stimmen. Ein Ehepaar mittlerer Jahre kam durch den Kamin hoch geklettert. Das hatte ich kaum für möglich gehalten. Schnell machte ich Platz, damit sie gut ankommen können. „Toll, dass sie da geschafft haben. Ich bewundere Eure Kondition, Euren Mut und Eure Zielstrebigkeit!“ Sie fühlten sich sehr geliebt und wir kamen in ein längeres Gespräch. Dann setzten sie sich an einen anderen Ort und aßen ihre Butterbrote. Als ich weiterzog, kam die Frau nochmals zu mir und sagte: „Wir hätten keinen schöneren Empfang hier oben haben können, als durch Dich! Danke für Dein offenes Herz und Deine Freundlichkeit!“
Es liegt 35 Jahre zurück. Als junger Priester hatte ich für ein Ferienlager mit Jugendlichen von einer befreundeten Familie einen VW-Bulli zur Verfügung gestellt bekommen. Da ich noch nicht so geübt war im Fahren eines größeren Fahrzeuges, hatte ich den Wagen in einer engen Bergkehre auf einen Stein aufgesetzt. Es war nichts Gravierendes passiert und doch saß mir der Schock in den Knochen. Nach der Rückkehr aus dem Ferienlager brachte ich der Familie das Fahrzeug zurück. Ich „beichtete“ dem Vater, was geschehen war. Er schaute sich den Schaden unter dem Fahrzeug an, stand wieder auf, lächelte mich mit einer Güte an, die mir bis heute im Herzen geblieben ist und sagte: „Lass mal gut sein. Alles in Ordnung!“ Ich weiß noch, wie ich tief berührt wieder nach Hause fuhr. Diese Güte und Großherzigkeit hatte mein Herz tief erreicht. In den vergangenen Tagen haben wir diesen Freund beerdigt. Ich spüre: Die Liebe bleibt!
Was soll ich nur wieder predigen, fragte ich mich am Samstagmorgen. Die „ungerechte Geschichte“ der Arbeiter im Weinberg, die trotz unterschiedlicher Arbeitszeiten alle einen Denar bekommen, war mir aufgegeben. Mit diesen Gedanken im Herzen ging ich durch unsere Stadt, in der ein Flohmarkt veranstaltet wurde. Ich schlenderte zwischen den Ständen hindurch, an denen viele Kinder ihre Waren anboten. Hinter einem Tisch sah ich einen kleinen Jungen stehen, der ein wenig traurig ausschaute. "Na, läuft das Geschäft?" fragte ich ihn. Dann erklärte er mir, wenn ich mein Fahrrad und meinen Rucksack verkauft bekomme, dann war der Tag gut. Aber bisher habe ich noch fast nichts verkauft. Dann schaute er ganz traurig in die Weltgeschichte. Ich sagte ihm: "Und ich muss heute dringend was bei Dir kaufen!" Dann zeigte er mir all seine Spielzeuge, die er nicht mehr brauchte. Ich entschied mich für ein älteres Holzspielzeug und kaufte es ihm ab. Er war total glücklich. Als ich ging, winkte er mir heftig hinterher. Wieder zu Hause, war das Thema meiner Predigt klar: Gott fragt nicht: Was hat der einzelne verdient? Sondern: Was braucht der einzelne?
Über Jahre waren wir in einem Kreis als Priester gemeinsam unterwegs gewesen. Dann hatte ich ihn längere Zeit nicht gesehen. Er war einem anderen Pfad gefolgt. Vor wenigen Tagen hatten wir offen eingeladen, den Projekthorizont navi4life für junge Menschen kennenzulernen. Auf einmal sah ich sein Gesicht wieder – voller Freude. Wir begannen mit einem persönlichen Austausch unter den Brüdern, die gekommen waren. Er erzählte. „Ich wollte mal was Neues ausprobieren, einem anderen spirituellen Weg folgen. Doch auf diesem Weg gelang es nie, in einen echten ehrlichen Austausch zu kommen. Den hab ich von Monat zu Monat mehr vermisst, weil mein Herz gespürt hat: Wenn wir so offen und ehrlich voneinander erzählen, dann ist Jesus immer da. Jetzt, da ich bei euch bin, spüre ich das so tief und mein Herz ist wieder in der Freude. Ich bin wieder da!“
In einer Mail lese ich: Seit ein paar Tagen begleitete mich der Gedanke: Die Welt ändert sich, wenn ich mich ändere! Heute traf ich einen älteren Mann, der seit vielen Jahren für die Firma meiner Familie arbeitet. Er ist ein ganz lieber Mann – voller Wärme und Demut. Ich war nach einem langen Arbeitstag total müde. Es fiel mir schwer, dem Mann zuzuhören. Auf einmal fiel mir der Gedanke ein: Die Welt ändert sich, wenn ich mich ändere. Plötzlich war ich voller Energie und hellwach und hab ihm zugehört, als ob es meine letzte Tat auf Erden wäre. Der ältere Mann erzählte mir, wie dankbar er für seinen Job ist. Ich ließ ihn wissen, wie wichtig er für unsere Firma ist. Er konnte das kaum glauben. Ich blieb dran und konnte ihn überzeugen, dass seine Arbeit, unser Firmengelände täglich aufzuräumen, so wichtig für alle ist. Es ist ein Geschenk für jeden, der vorbei geht.
Sechs Flüchtlingsgeschichten hatten wir an einem Abend im Rahmen der interkulturellen Woche einem breiten Publikum vorgestellt. Bewegend hatten Filmon aus dem Irak, Berislav aus Bosnien und Herzegowina, Aata aus dem Irak, Elham und Hakim aus Afghanistan, Artemida aus Albanien und Stas und Sasha aus der Ukraine erzählt. Sie alle hatten sehr persönlich erzählt, wie sie das kostbare Gut ihres Lebens zu schützen gesucht und jetzt bei uns in Deutschland angekommen waren. Nach der Begegnung kam eine Frau mit Tränen in den Augen und sagte: „Ich habe noch nie so sehr gespürt, dass wir alle zu einer Menschheitsfamilie gehören und alle in einem Boot sitzen. Die Aussage der jungen Christin aus dem Irak: Für mich ist nicht wichtig, welcher Religion eine Person angehört, sondern ob sie ein gutes Herz hat, ist mir tief ins Herz gefallen. Ich gehe sehr bereichert wieder nach Hause!“
Ich war mit einigen Jugendlichen auf einem Flohmarkt unterwegs, der für Sozial-Projekte veranstaltet wurde. Wir standen vor einer großen Kirche. Mir fiel eine jüngere Frau asiatischen Ursprungs auf, die sehr traurig in die Welt schaute. Ich gab ihr ein kleines Geschenk und sprach sie an. Sie wirkte unsicher. Sie sprach Englisch. Auf meine Frage, woher sie komme, erfuhr ich, dass sie aus Malaysia sei und mit ihrer Mutter für eine Woche nach Europa gekommen sei. Vertrauen wuchs. Sie erzählte, dass sie ihre Schule beendet habe und nun unsicher sei, ob sie auf eine medizinische Hochschule gehen solle. Ich hörte ihr aufmerksam zu und fragte sie dann, wieviel Sicherheit sie für eine Entscheidung brauche. 80 %! Dann ließ ich sie durch kleine Beispiele verstehen, dass die 20 % Unsicherheit bei ihren Entscheidungen bleiben und mitgehen würden und dass sie – in unsicheren Phasen – diesen 20 % nicht zu viel Raum geben dürfe. In der Zwischenzeit war ihre Mutter dazugestoßen und hörte dankbar und aufmerksam zu. Ich sah Tränen in den Augen der jungen Frau, Tränen der Dankbarkeit und Freude. Am Ende sagte die Mutter: „Vielleicht war es nur wegen dieses hoffnungsvollen Gespräches für meine Tochter, dass wir nach Europa kommen sollten. Morgen fliegen wir wieder!“ Dann verabschiedeten wir uns.
Immer wieder hatte ich versucht, einen Jugendlichen zu kontaktieren, der sich auf die Firmung vorbereitete. Er war kaum zu Veranstaltungen erschienen, auf meine Kontaktversuche reagierte er nicht. Nach vielfältigsten Versuchen und Brückenschlägen spürte ich Ärger in meiner Seele. Ich schrieb ihm, ihm auf dem Weg zur Firmung keine Steine in den Weg legen zu wollen, aber sein Nicht-Reagieren sei nur schwer zu nehmen. Die Mutter meldete sich, ob wir ein Gespräch zu dritt haben könnten. Natürlich gern. Schon nach einer Stunde war ich bei den beiden. Schnell waren wir in einem ehrlichen Austausch. Ich erfuhr, dass der Vater des Jungen die Familie im Stich gelassen und jeglichen Kontakt zu seinem Sohn abgebrochen hatte. Nach und nach kam viel Schmerz und Enttäuschendes – auch im Hinblick auf die Kirche – ins Wort. Ich konnte alles gut nachvollziehen. Plötzlich war ein Klima unter uns, so dass auch die Mutter Schmerz aus ihrer Seele teilen konnte. Kostbare Augenblicke. Als ich den Jugendlichen am Ende fragte, ob er im Firmgottesdienst einen Text vorlesen könne, schaute er mich an wie einen Omnibus. „Ich?“ fragte er mehrmals. „Kommt gar nicht in Frage!“ Ich ermutigte ihn durch eigene Erfahrung und bat ihn, zumindest abends nochmals darüber nachzudenken. Gegen Mitternacht kam eine WhatsApp: „Ich mach’s!“
Heute rief meine Freundin an. Sie war sehr verzweifelt, weil ihr Mann schwer erkrankt im Krankenhaus liegt. Ich war gerade dabei, meine Wohnung zu verlassen, aber ich blieb am Telefon. Sie erzählte mir ihre Sorgen und Nöte. Später schrieb sie mir: Ich danke dir für unser Gespräch, es hat mir sehr gut getan. Und genau das, war das Monatsmotto. Teile, was schwer ist für Dich! Ich hatte den Brief dazu gerade in meine Muttersprache übersetzt.
„Kann ich kurz mit dir reden?“ lese ich in einer kurzen WhatsApp-Nachricht. Sie kommt von einem Freund aus Afghanistan, dem ich seit seiner Ankunft in Deutschland helfen konnte, hier ins Leben zu finden. Für all die Hilfe, die er bekommen hat, ist er äußerst dankbar und zeigt diese Dankbarkeit, in dem er selber hilft, wo es nur geht. „Ich kenne einige Familien, die haben durch das Erdbeben in Afghanistan alles verloren, ihre Familienangehörigen, ihre Häuser, ihre Kleidung, ihre Nahrung. Sie haben absolut nichts mehr. Ich habe schon helfen können, dass sie Zelte und Kleidung bekommen, aber vielmehr schaffe ich auch nicht mehr? Siehst du noch eine Möglichkeit?“ Sofort entwickeln wir eine neue Projektlinie, um diesen Allerärmsten zum Überleben zu helfen. Später erfahre ich: Seine Frau bekommt augenblicklich keine finanzielle Unterstützung in ihrer Ausbildung. So ist das Monats-Budget sehr klein. Trotzdem haben die beiden alles hergegeben, was sie konnten.
In der Frühe des Tages wurde ich wach. Ich hielt noch ein wenig Stille. Verschiedene Regungen nahm ich in mir wahr. Ich entschied mich, dem Positiven in mir Raum zu geben. Mir war, als ordnete Gott all die Schritte meines Tages. Dieser positiven göttlichen Dynamik, dem Heiligen Geist, wollte ich Raum in mir an diesem Tag geben. Ein Anruf. Ein junger Lehrer erzählte mir von der schwierigen Situation in seiner Schule, die nach dem palästinensischen Angriff auf Israel entstanden war. Ich spürte all seine Fragen und seine Not. Geduldig hörte ich ihm zu und gab ihm dann einige konkrete Ideen im Umgang mit den Schüler*innen, die – in seiner Wahrnehmung – schnell zu einseitigen Verurteilungen neigten. „Und wenn du nur einen Schüler bewegt hast, sein Unverständnis und seine Verurteilungen im Herzen aufzugeben, dann hast du für den Weltfrieden gelebt. Denn wie von einem Menschen Weltkrieg ausgehen kann, geht in diesem Augenblick von diesem Menschen Weltfrieden aus“, ließ ich ihn verstehen. „Da habe ich noch nie drüber nachgedacht. Aber du hast recht!,“ ließ er mich wissen. „Ich spüre, wie wichtig es ist, in jedem Augenblick mit denen, die mir dann nahe sind, Frieden zu halten!“
Am Ende eines Gottesdienstes stehe ich noch mit einer Gruppe Menschen in der Kirche. Unter uns herrscht eine frohe Atmosphäre. Ein jüngerer Mann kommt mit seiner kleinen Tochter in die Kirche. Ich begrüße sie herzlich. „Wenn ich euch irgendwie behilflich sein kann, gerne!“ sage ich. Der Vater des Kindes antwortet mir: „Ja, ich bin auch in einer Kirche groß geworden, aber jetzt bin ich Muslim. Aber ich möchte, dass meine kleine Tochter alle Religionen kennen und fühlen lernt. Sie möchte jetzt gern eine Kerze anstecken!“ – „Dann macht das am Besten vorne in unserer großen Weltkugel. Die Kerzen dort brennen in den vielen Anliegen dieser Erde!“ lasse ich die beiden wissen. Später, als die Kerze brennt, informiere ich den Vater noch über die Aktion Brückenschläge, die Menschen einlädt, ihre Augen nicht vor den vielen leidenden Gesichtern zu verschließen, sondern diese Menschen in einem kurzen Augenblick Gott anzuvertrauen!“ Dann schenken wir dem Kind noch eine Laterne, die die Messdiener gerade gebastelt haben. „Ich bin so berührt!“ sagt der Mann. „Danke für unser so ehrliches und lebendiges kurzes Miteinander!“
Zu ihrem Geburtstag hatte ich ihr einen Gruß geschickt. Gesehen hatten wir uns über Jahre nicht mehr. In ihrer Antwort las ich: „Auch ich denke gerne an die schöne Zeit zurück, die wir geteilt haben. Es war eine tolle Zeit und die Basis für so Vieles. - Meine Mutter hat bis vor wenigen Wochen lange Zeit im Koma gelegen. Ich durfte ihr in den letzten Tagen ihres Lebens zur Seite stehen. Es war nicht einfach, aber ich habe mich niemals alleine und schwach gefühlt. Diese Erfahrung hat mir eine tiefe Ruhe geschenkt, weil ich gespürt habe, ich werde niemals alleine sein. Gott war und ist bei mir und begleitet mich. Selbst du warst in den letzten Stunden ganz nah und hast mir Kraft gegeben. Der evangelische Pfarrer des Krankenhauses kannte dich auch noch. Diese tiefe Verbundenheit zu erleben, war ein großes Geschenk!“
Ich hatten ein Video auf den YouTube-Kanal von go4peace gestellt mit dem Impuls: „Teile, was schwer ist für dich!“ Unerwartet viele Menschen meldeten sich über WhatsApp-Nachrichten und mit Voicemails. Eine Frau teilte ihr Leid, dass ihr Patenkind – gerade Mutter geworden – mit schweren Komplikationen ins Krankenhaus musste. Eine andere erzählte von ihrem Vater in der Ukraine und seinem Krebsleiden. Sie litt, dass sie ihn nun nicht besuchen konnte. Ein Mann - gerade aus dem Krankenhaus entlassen - ließ mich verstehen, dass es ihm nicht gut ging. Den ganzen Abend kamen weitere Nachrichten. Ich ging mit all diesem Anvertrauten in die Kirche und legte einen jeden dieser Menschen einzeln Gott ans Herz. Auf meinem Handi poppte eine Botschaft auf. Ein junger Afghane schrieb: „Als neulich mein Land von dem schweren Erdbeben getroffen wurde, hatte ich eine große Not in meinem Herzen. Und es tat so gut, dieses Schwere mit anderen zu teilen. Und dann sollte ich dir noch eine Botschaft von meinem sechsjährigen Sohn schicken.“ Ich fand eine Sprach-Nachricht und hörte von dem kleinen Jungen: „Danke lieber Gott, dass du uns Meinolf gegeben hast!“ In der Kirche betend, füllten sich meine Augen mit Tränen.
Die fünf klugen und fünf törichten Jungfrauen waren mir als Predigtthema aufgegeben. Moritz und seine Schwester Chiara hörten mir gespannt zu. So fand ich den Mut die beiden zu fragen, ob sie es fies fänden, dass die klugen Jungfrauen ihr Öl nicht mit denen geteilt hatten, die kein Öl hatten. „Ne, finde ich nicht“, sagte mir Moritz, „die hätten ja selber dran denken müssen. Das kann einem niemand abnehmen.“ Ich staunte über diese Aussage des Fünftklässlers. Und dann erzählte er weiter ins Mikro: „Wir haben neulich eine Bastelaktion für ein Kinderhospiz gemacht. Da haben wir einen tollen Spruch gefunden: ‚Zum Leben bleibt nicht mehr viel Zeit, doch diese Zeit gilt es VOLL zu leben!‘ Das ist doch auch so bei den 10 jungen Frauen so, die einen haben voll gelebt, die anderen nicht! Die einen hatten Öl mit, die anderen nicht.“ Gebannt hörte ich dem kleinen Jungen zu. „Wenn ihr nicht so werdet wie die Kinder…!“
Letztes Jahr habe ich ein neues Hobby für mich entdeckt, das Stricken. Es macht mir große Freude, dass ich etwas für mich stricken kann, und das erste war eine graue Mütze. Ich war stolz auf mich und habe dann eine Mütze für meine Nichte gestrickt. Sie sagt immer, dass das ihre Lieblingsmütze ist, und darüber freue ich mich sehr. Dieses Jahr habe ich eine Menge Garn gekauft, um etwas für mich selbst zu stricken. Aber dann wollte ich eine Mütze für meine Freundin stricken, weil sie sie wirklich brauchte und ich jedes Mal lächle, wenn ich sie sehe. Die nächste Mütze war für meine Mitbewohnerin, zu der ich eigentlich ein kompliziertes Verhältnis habe, aber sie war gerührt, als sie die Mütze bekam. Dann habe ich meiner Nagelmeisterin eine Mütze geschenkt, und die Tränen in ihren Augen haben mir ein sehr warmes Gefühl gegeben. Jetzt setze ich meinen Plan um, meine Mützen an alle zu verschenken, die ich liebe, und jedes Mal werden es mehr, und meine Liebe wird größer...