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Ich bin glücklich!

Wir hatten uns zur Vorbereitung eines navi4life-Einsatzes an einer Schule getroffen. Ich präsentierte die auf die Schule hin erarbeitete PowerPoint Präsentation, in der junge und ältere Menschen in kleinen Videofilmen (Testimonials) an ihren Erfahrungen teilhaben lassen. Es ging um den Mut, Fehler zu machen, um den Mut, Altes immer wieder loszulassen und sich in Neues zu wagen, wenn die alten Schuhe ausgetreten zu sein erscheinen und um jugendliche Neugier, die jeden einzelnen ins Leben zu bringen vermag … Auf jedes Testimonial reagierte mein Gesprächspartner sehr lebendig, da er die Filme noch nicht kannte. Auf einmal waren wir in einem Austausch über die Kostbarkeit des eigenen Lebens und über die Chance, die es bedeutet, dass Gott all diese Wege mitgeht – verborgen aber lebendig. Es herrschte ein tiefes Vertrauen unter uns. Kurz bevor wir uns verabschiedeten, ereignete sich ein kurze Zeit des Schweigens. Plötzlich sagte mein junger Gesprächspartner mit einem Strahlen in seinen Augen: „Heute hat sich irgendetwas getan, irgendetwas hat sich ereignet!“

Kurzfristig hatten mich Schüler*innen eines Gymnasiums in ihren Abitur-Reli-Kurs eingeladen. Ihr Thema war: Kirche als Ort der Hoffnung. Ich hatte einige Termine verschieben müssen, um das Treffen möglich zu machen. Sie begannen mit einer kurzen Vorstellung des Netzwerkes go4peace und stellten mir dann ein Dutzend vorbereitete Fragen. Sehr persönlich und erfahrungsbezogen konnte ich antworten. Am Ende des Treffens sagte eine Schülerin: „Ich hätte Ihnen noch viel länger zu hören können. Wie kommt es, dass Sie trotz der schwierigen Lage der Kirche und all der Skandale in der Kirche so froh und hoffnungsvoll gestimmt sind? Ich bin richtig beeindruckt!“ Wieder versuchte ich persönlich zu antworten: „Wenn ich bei euch das Wort Kirche verwende, dann bin ich mir sicher, dass viele von euch an ein Bauwerk oder die Hierarchie oder für sie fremde Liturgien denken. Auf jeden Fall hat das alles wenig mit euch und eurem Leben zu tun. All das, woran ihr beim Wort Kirche denkt, hat natürlich mit der Kirche zu tun. Aber für mich ist Kirche in erster Linie ‚Ereignis‘. Der lebendige Jesus will sich unter uns ereignen. Und das tut er, wenn wir einander lieben, so gut wir können. Genau diese Erfahrung dürfen wir gerade miteinander machen. Der verborgene Gott ist unter uns und Fährten in seine Gegenwart sind die Freude, die Offenheit, der Friede und das Feuer unter uns!“ Nach dem Unterricht kam eine Schülerin zu mir. Als sie ging, strahlte sie mich an und sagte: „Ich bin mir sicher, wir sehen uns wieder!“

Schon früh war ich auf der Autobahn, um eine Fastenpredigt in einem weit entfernten Dorf zu halten. Ich hatte mich an der Emmaus-Stelle im Lukas-Evangelium orientiert. An zwei Stellen taucht in der neueren Übersetzung relativ unvermittelt das Wort „und es geschah“ auf. Mir war es wichtig, die fast 200 vorrangig älteren Gottesdienstbesucher*innen, an der Konkretheit eines Lebens mit den Worten Jesu teilhaben zu lassen. Es herrschte eine große und dankbare Aufmerksamkeit in der Kirche. Am Ende des Gottesdienstes, als ich noch mehren Menschen einen persönlichen Segen spenden durfte, kam eine ältere Frau auf mich zu und ließ mich wissen: „Ich bin so gerührt von diesem Gottesdienst und von all den Erfahrungen, die Sie mit uns geteilt haben. Irgendetwas ist mit mir geschehen! Ich bin so erfüllt und so glücklich. Ich gehe anders nach Hause, als ich gekommen bin!“ Behutsam versuchte ich ihr zu erklären, dass es der verborgene Jesus war, der unsere Herzen anspricht und tiefen Frieden und echte Freude schenkt! Sie schaute mich lange an, ohne etwas zu sagen und ich durfte erleben: „Und es geschah!“

Zum zweiten Mal hatte ich einen Schüler, der schwere Startbedingungen für sein Leben gehabt hatte, auf einen Kaffee eingeladen. Da er sehr an Musik interessiert ist, hatte ich ebenfalls einen fitten Musik-Pädagogen eingeladen. Schnell ergab sich ein lebendiger Austausch und es boten sich neue Perspektiven für den Jugendlichen. Der Lehrer ermutige den Schüler, sich zu wagen und den eigenen Talenten zu trauen. Er blühte richtig auf und begann aus seiner Geschichte zu erzählen. Dann machten die beiden einen musikalischen Sondierungstermin aus. Als wir nach der Begegnung noch ein paar Augenblicke an unseren Fahrrädern standen, schaute er mich mit glücklichen Augen an und sagte: „Danke, was du da für mich machst, ist alles andere als  selbstverständlich!“ Dann setzte er sich auf sein altes Fahrrad und fuhr davon.