Ich bin glücklich!
Am Heiligen Abend waren wir unterwegs, um Flüchtlings-Kindern ein Geschenk zu bringen. Wir klopften an eine Tür. Wir erwarteten eine Familie aus Nigeria. Sie war nicht mehr da. Hingegen schauten wir in die Augen eines verängstigten jungen Paares. Ein kleines Kind weinte auf den Armen seiner Mutter. Der Raum - nackt und kahl: zwei Betten aus Stahlrohr, zwei Stühle, ein kleiner Tisch, ein Kühlschrank und ein Schrank. Die Verständigung gelang nur mit Hilfe eines Dolmetschers. Sie kamen aus Georgien. Ohne Worte fragte uns hier "jemand": Kannst Du mir helfen? - Kurz vor dem Weihnachts-Gottesdienst konnten wir noch ein Kinderbett, Spielzeug, Bekleidung, einen Teppich und etwas zu Essen besorgen. Als wir zum zweiten Mal in die Flüchtlings-Herberge kamen, mit allen nützlichen Dingen beladen und der Familie neben den Dingen unser Lächeln schenkten, kehrte ein tiefer Friede in das kleine Zimmer ein. Es war Weihnachten.
Drei meiner Mitbrüder, mit denen ich mich regelmäßig getroffen hab, waren im Lauf einer kurzen Zeitspanne gestorben. Das war und ist ein gewaltiger Schmerz, der sehr an mir nagt. Auf einmal fehlt mir das regelmäßige Treffen, bei dem ich immer neu Jesus in unserer Mitte erfahren durfte. Wie sollte ich weiter meinen Weg gehen? „Für Gott ist nichts unmöglich!“ Auf originelle Weise gab er Antwort. Ich war zu einigen Tagen Erholung zu einem weiter entfernt lebenden Mitbruder gefahren. Uns kam die Idee, einen franziskanischen Bruder zu besuchen, der durch einen schweren Auto-Unfall seit Jahren ständig Schmerzen hat. Er ist in eine tiefe Verbundenheit mit Jesus in seiner Verlassenheit hinein geführt worden – ein echter Experte. Ein sehr brüderliches Gespräch entspann sich. Zwei seiner Sätze trafen meine Seele sehr: „Wenn du treu den Augenblick mit Jesus dem Verlassenen lebst, bist ganz verbunden mit allen, egal ob Brüder da sind oder nicht!“ Und: „Die Stille ist die Sprache Gottes!“ Das berührte mich zutiefst, zumal ich Anbetung in Stille liebe und suche und alle BewohnerInnen des Altenheimes mit in dieses Gebet hinein nehme. Dann weiß ich mich immer neu verbunden als Fröhlicher mit den Fröhlichen und als Weinender mit den Weinenden. Als wir fuhren, spürte ich einen tiefen Frieden in meiner Seele.
Heut hab ich über meinen Weg mit go4peace nachgedacht und mir ist klar geworden, wie bedeutsam für mich die jährlichen Sommer-Treffen in den Camps und die darin gewachsene Verbundenheit darüber hinaus sind. Während der Tage im Camp ist alles sehr intensiv, das Beten, die Verbundenheit untereinander, das Erleben der Worte Gottes… aber dieses Feuer bleibt auch während des Jahres am Brennen.
Ich bekomme in den Camps immer Energie geschenkt, die ich in mir berge und dann nach den Camps einsetze. Das gemeinsame Leben in den Camps ist so wunderbar, aber die wirklichen Herausforderungen, das Leben des Evangeliums voranzubringen, kommen dann nach der gemeinsamen Zeit in den Camps. Die geschenkte positive Energie hilft mir auf diesem Weg in meinem Alltag. Deshalb bin ich so dankbar für alles, was ihr für mich und für uns junge Leute in Europa tut. Wir brauchen das wirklich für unser Leben!
Wir hatten uns sehr auf das Wochenende und eine geplante Fahrradtour gefreut. So hatten wir uns früh auf den Weg gemacht und einen wunderbaren Tag verbracht. Als wir wieder bei unserem Auto waren, kam mir ein Onkel in den Sinn, der nicht weit entfernt von unserem Zielort wohnte. Er hatte uns in jungen Jahren viel geholfen und litt jetzt sehr darunter, seine Frau in ein Haus für demenzkranke Menschen abgegeben haben zu müssen. Täglich besuchte er seine Frau. Mir kam die Frage in den Sinn: Sollten wir ihn noch kurz besuchen? Zugleich spürte ich meine begrenzten Kraft-Reserven. Wir sprachen über die Idee und waren einer abschlägigen Antwort nahe. In diesem Augenblick erreichte uns per SMS das Tagesmotto: „Jetzt oder nie!“ Spontan entschieden wir: „Wir machen den Besuch!“ Beim zweiten Anlauf öffnete mein Onkel die Tür. Eine große Freude sprach vom ersten Augenblick der Begegnung aus seinem Gesicht. Wir blieben eine knappe Stunde und fanden in einen tiefen ehrlichen erfrischenden Austausch. Freude, Leid und viel Dankbarkeit hatten Platz in diesem Gespräch. Wenige Tage nach dem Besuch erreichte uns die Nachricht, dass die Frau meines Onkels gestorben war. Wie gut dass wir ihn noch besucht hatten.