Ich bin glücklich!
Seit Jahren lebte sie in unserem Land, hatte - als Flüchtling - die deutsche Sprache gut gelernt und sich liebevoll und vorbildlich als alleinerziehende Mutter um ihre Kinder gekümmert. Dann traf sie eine Botschaft, die ihr Leben neu aufwühlte. Ihre Mutter und ihre Schwester waren bei einem Bootsunglück auf der Flucht im Mittelmeer umgekommen. Ihr Bruder hatte überlebt, er war Zeuge des Unglücks gewesen und brachte diese Botschaft. Sie flog nach Griechenland und suchte auf kleinen Inseln Strände ab, in der Hoffnung ihre Lieben zu finden - vergeblich. Immer wieder teilte sie ihre hoffnungslose Situation und war froh über jeden Kontakt, der sie nicht verzweifeln ließ. Monate später bohrten Fragen in ihr. Gibt es einen Gott? Wer ist dieser Gott, dass er so schwere Lebenssituationen zuläßt? Und zu all dem die Not: “Ich habe meinen Kindern keinen Zugang zum Geheimnis Gottes eröffnen können, denn ich selber habe in meinem Heimatland nur schlechte Erfahrung mit einem strafenden Gottesbild gemacht. Und niemand hat mir geholfen, weiter zu kommen.” Später, in einem vertrauensvollen Gespräch erzählt sie: “Aber wenn ich Euch alle hier erlebe, wenn ich sehe, was ihr für andere macht und wie ihr Euch einsetzt, dann spüre ich, dass da etwas ist, was mich tieft anspricht und anzieht. Ich möchte das noch viel tiefer erleben und kennen lernen!” - Das Leben zieht an, wenn es zur Botschaft geworden ist. Setz Friedens-Zeichen!
Da wir in einem ärmeren ost-europäischen Land zu Hause sind, sind wir es gewohnt, mit unseren knappen Finanzen sorgsam umzugehen. So hatte ich mit meinem Mann frühzeitig einen preis-günstigen Flug nach Rom gebucht. Zugleich hatten wir entschieden, dass wir in den Tagen in Rom auch nach Assisi fahren. „Zufälliger-weise“ waren wir genau am Tag des Heiligen Franziskus – 04.10. – in Assisi. Vom Beginn der Reise an hatte ich den Eindruck, von Gott in diesen Tagen in besonderer Weise geleitet zu werden. So gelang es uns, am Festtag des Heiligen noch in eine völlig überfüllte Kirche zu gelangen und dort an einer ergreifenden Vesper teilzunehmen. Dann kam der Höhepunkt. Wir hatten geplant, nach Portiunkulla zu gehen, um dort die kleine Kirche, die Franziskus wieder aufgebaut hatte, zu besuchen. Als wir eintraten, spürte ich eine ganz große Nähe und Tiefe, die ich nicht erwartet hatte. Mir kamen Tränen. Ich merkte, wie sehr Gott mir nah war und mir seine Liebe zeigte. In diesem Augenblick kam mir meine Schwester in den Sinn, die seit vielen Jahren psychisch schwer erkrankt ist. Ich betete für sie und darum, dass ich die Geduld und Phantasie behielt, ihr weiter zu helfen auf ihrem Weg. Während ich betete, vibrierte mein Handi in der Tasche. Als ich später nachschaute, sah ich, dass eine „leere SMS“ von meiner Schwester gekommen war. Sie versteht es nicht, mit dem Handi eine SMS zu versenden, hatte folglich mit dem Handi gespielt und auf irgendeinen Knopf gedrückt, so dass mich eine „leere SMS“ von ihr erreichte. Ich war total gerührt und spürte, wie sehr Gott uns zusammen hielt. Er ließ mich verstehen, dass wir als Familie Kirche sind, die es immer wieder „aufzubauen“ gilt.
Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatte mich wegen einer nigerianischen Flüchtlingsfrau angerufen hatte, die schon kurz vor ihrem Entbindungstermin stand. Mittlerweile ist er geboren - 4 Kilo - ein prächtiger Junge! Alles war gut. Mit vielen Telefonaten hatte ich es geschafft, den älteren Sohn der Afrikanerin rechtzeitig in die Betreuung des Jugendamtes zu bringen. Nach der Geburt und einem Tag Erholung war es aber umso schwieriger, die junge Mutter mit ihrem Neugeborenen nach „Hause“ - ins Flüchtlingsheim - zu bekommen. Taxischeine gibt es nicht, Bus mit Säugling und Tasche aber ohne Kinderwagen oä geht nicht. Niemand fühlte sich zuständig! So habe ich in einem weitern Telefonat mit dem Jugendamt gesagt, dass ich die Frau mit dem Kind nach Hause bringen würde, wenn Mitarbeiter der Behörde wirklich den „großen“ 6 jährigen Sohn ins Wohnheim nach Kamen bringen. Schweigen war die Antwort. „Wie ? Sie holen die Frau ab?“ - „Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie gerade in einem fremden Land ein Kind geboren hätten und zum wiederholten Male die Unterkunft wechseln mussten und ihr anderes Kind in unbekannte Obhut geben müssten?“ war meine Gegenfrage. „Dass mir jemand hilft!“ war die Antwort. „Sehen Sie, und das tue ich. Und das wollen Sie doch auch, oder?“ Die Angerufene von der Stadtverwaltung hat es organisiert, dass am gleichen Nachmittag der ältere Sohn wieder in die Flüchtlingsunterkunft gebracht wurde!!! - An diesem Tag hätte ich vor Glück platzen können!”
Ich war mit einer Gruppe Studenten zu einem Sommer-Camp in Madagaskar. Und ich muss sagen: Ich hab mich dem Himmel noch nie so nah gefühlt. Ich liebe Gott so sehr ich kann, aber ich hab mich in den Tagen in Afrika als diejenige gefühlt, die immer beschenkt worden ist und die Afrikaner waren die, die uns ständig beschenkt haben. Ohne viel zu arbeiten, hab’ ich immer ganz viel bekommen. Für mich völlig unerwartet! Ich hab gelernt, dieses Geschenk so anzunehmen. Die Menschen auf diesem Kontinent - arm und reinen Herzens haben uns alle als Königinnen und Könige angeschaut und ich weiß gar nicht, wie wir das verdient haben! Das war ein ganz eigenartiges Gefühl: Du bekommst etwas, wofür Du Dich gar nicht würdig fühlst. Wir sind ja wirklich nicht mehr wert als sie, wir sind alles gleiche Menschen, Kinder einer großen Familie...
Ich hab wirklich eine Menge gelernt und die schönste Erfahrung war, zu entdecken, wie die Welt ohne Uhr und High-Tech-Instrumente arbeitet... Ganz einfach. Auf viele Arten: glücklicher! Wie klein wir doch sind, ersetzbar als Nummern, aber wertvoll als Menschen. Ja, ich möchte mein Leben liebend leben, weil soooo viel Liebe in mich investiert ist.