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Stunden voller Einladungen

Für den Nachmittag hatte ich mich entschieden,  in der KHG “Beethovens Neunte” zu üben. Doch dazu kam es zunächst nicht. Spontan geriet ich in ein Jogawochenende. Die Gruppe machte grad Pause und lud mich zum Essen ein. Total herzlich! Die Einladung schlug ich natürlich nicht aus. Auch der Bitte, doch ein wenig Klavier zu spielen, kam ich nach. Es klappte aus meiner Sicht nur mittelmäßig, aber meine Zuhörer waren begeistert. Und dann die nächste Überraschung. “Komm; nimm dir eine Matte und mach mit!“ Es war so eine offene herzliche Atmosphäre. Ich dachte nur: „Hier und Jetzt!“– immer Überraschungen, immer wieder neu, aber ich war total im Hier und Jetzt. Aber dann die vielleicht größte Herausforderung. Ich begegnete nach dem Jogaworkshop meiner Freundin und Chorleiterin, mit der mich schwierige Erfahrungen verbanden. Die Begegnung war trotz der Kürze total herzlich und offen. Wir hatten uns vor längerer Zeit ausgesprochen und das Problem beiseite geräumt. Ich überlegte sogar, ob ich im Chor, aus dem ich heraus gegangen war, wieder mitsingen wollte. Doch während ich darüber nachdachte, stand schon eine weitere Bekannte vor mir. Vor ein paar Monaten hatte mich eine mail von ihr total verletzt, das schmerzte jetzt immer noch so sehr… einer Konfrontation und offenen Begegnung wichen wir beide aus. Vielleicht nicht die geschickteste Lösung.
Aber dadurch hatte ich doch noch Zeit, “Beethovens Neunte” zu üben - mit der bekannten Melodie von „Freude schöner Götterfunken“. Die Zeit verflog so schnell. Im Hochschulgottesdienst im Kerzenschein wählte der neue Hochschulpfarrer Worte, die mich kurzzeitig in intensive Momente nach Afrika zurückversetzten, wo ich ein Freiwilliges Soziales Jahr verbracht hatte. Gerade beim “Vater unser” trafen mich die Worte „wie die Kinder“ direkt ins Herz, es war als sängen wir es mit meinen Freunden, den Kindern, aus dem afrikanischen Kinderdorf. Ganz persönlich, voller Vertrauen mit einem riesigen Zusammengehörigkeitsgefühl! Es rührte mich so sehr, dass mir Tränen in die Augen schossen.
Für mich war der Liedtext – der mich in der Anfangszeit im Studium so tief berührt hatte- wieder zum Greifen nah: „In der Mitte der Nacht steht der Anfang eines neuen Tags und in ihrer dunklen Erde blüht die Hoffnung. Ich will Licht sehn, in der Dunkelheit die richtigen Worte finden die die Liebe weckt. Lass uns Licht sehn!“

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Viel tun konnte ich nicht!

Und wieder hatte sie ein echter Schicksalsschlag getroffen! Gerade hatte sie einen langen Weg der Trauer zurückgelegt und es schien einen Pfad aus dem “Tal der Tränen” zu geben... da kam die Nachricht: “Dein Vater ist im Urlaub schwer krank geworden!” - Wenige Tage später war er tot. Als ich die Nachricht mitbekam, spürte ich darin den Ruf, meine tagespläne zu ändern. So saßen wir zusammen - lange und hielten diese neue Situation miteinander aus. Wenige Tage später die Beerdigung. Immer, wenn ich mein Handi in die Hand nahm, mußte ich an diese junge Frau denken, denn über mein Handi hatte mich diese Botschaft erreicht. Ich versuchte all die Schritte, die sie zu gehen hatte, innerlich betend mitzugehen. So schickte ich dann und wann eine kurze sms, um Hoffnung aufkeimen zu lassen. Eine Botschaft kam zurück: “Wie gelingt es eigentlich, dass Du immer dann eine SMS schickst, wenn ich mich am einsamsten fühle und kaum noch Licht sehe?! Gerade sind alle meine Verwandten wieder weg und die Einsamkeit ist so lastend wie selten! Danke für die Gebete und die Verbundenheit!”

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Sollte ich mich wagen?

Bei der Frühbesprechung an meiner Arbeitsstelle kam das Gespräch auf die vielen neuen Asylanten in der Landesstelle, die häufig, in den Augen meiner Mitarbeiter, unverhältnismäßig viele Kosten produzieren. Die Unsicherheit und Angst sowie mangelndes Sprachverständis auf Seiten der Asylsuchenden, was häufig dahinter steht, wurde nicht gesehen. Es herrschte eine recht zynische Stimmung.
Mich hat das ziemlich aufgebracht, da ich von vielen Menschen, die bei uns um Asyl bitten, die sehr traumatischen Hintergründe kenne und versuche sie in diesen Zeiten zu begleiten. Also habe ich - auf Verständnis hoffend - angefangen, von der Not zu erzählen, die in den Unterkünften herrscht, ganz zu schweigen von den Verletzungen, die viele in ihrer Seele tragen. Ich versuchte möglichst konkrete Lebensgeschichten zu erzählen. Als das Wort “Lampedusa” fiel - wir haben mehrere Menschen, die über diese Insel nach Europa hineingekommen sind - breitete sich betretenes Schweigen aus. Nahezu alle Mitarbeiter hatten Tränen in den Augen und zeigten sich tief berührt. Plötzlich kamen sogar Hilfsangebote. Kinderspielzeug, Schultornister sowie Kleidung wollen einige mitbringen...
Nachmittags klingelte mein Handy: eine Einladung?! Eine meiner Kolleginnen rief mich an: ”Du hast heute so bewegend von den Asylanten gesprochen. Jetzt ist hier eine Frau aus dem Kreis der Asylsuchenden mit großen Schmerzen und Ängsten! Ich habe nicht geahnt, dass die Not so groß ist! Wie kann ich helfen?” Gemeinsam fanden wir schnell eine Lösung, wie der Frau zu helfen war. Aber größer noch war meine Freude über das Angerührtsein und die sofortige Hilfsbereitschaft meiner Kollegin!

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Göttliche Phanstasie und seine Einladungen

Ich freute mich auf ein Austausch-Treffen mit Freundinnen, das dieses mal in einer entfernter liegenden Stadt sein würde. Da ich diese Stadt noch nicht kannte, wollte ich früh losfahren und mir vorher noch ein wenig Zeit für meine innere Orientierung nehmen. Alles schien gut geplant!
Doch dann rief mich eine Kollegin an, es gab Schwierigkeiten mit einer Schlüsselanlage. Wir mußten unvorhergesehen noch eine Schlüsselübergabe planen. Für mich war klar: Diesen Termin schieb ich noch nach meine Arbeitszeit. Gesagt und getan! Alles andere würde noch gehen!
 Zu Hause dann kam ein Anruf meiner Tochter, mit der Bitte etwas für sie Dringendes mit ihr zu erledigen, nach der Schule. Mein erster Impuls war: “Oh, machen wir das einen Tag später!” Aber ich merkte, wie wichtig es ihr war und so verstand ich auch diesen Anruf als "Einladung". - Direkt nach der Schule erledigte ich mit ihr ihre Dinge. Ich konnte den Gedanken an mein Vorhaben ganz beiseite lassen und wir haben mit viel Freude diese Augenblicke geteilt.
Noch auf dem Weg kam der nächste Anruf. Eine Freundin rief an: “Ich erreiche schon seit zwei Tagen eine alte Dame nicht mehr, um die ich mich sonst immer kümmere. Ich bin noch auf der Arbeit, hab ein ganz komisches Gefühl kann jetzt nicht hinfahren. Kannst Du wohl mal nachschauen, ob da irgendetwas geschehen ist?” Ich sagte zu, von zu Hause bei der alten Dame anzurufen und wenn sie sich  nicht melde, bei der Nachbarin anzurufen.
Dann legten wir auf. Während ich darüber nachdachte, spürte ich, dass dieser “Einladung” nicht mit einem Anruf Genüge getan war. Ich mußte dort persönlich vorbeifahren - auch wenn das bedeuten könnte, zu spät zum Treffen zu kommen oder es vielleicht ganz sein lassen zu müssen.
So brachte ich meine Tochter zum Ort ihres nächsten Termins und fuhr dann zu dem Haus, indem die alte Dame wohnt. Mein Klingeln an der Wohnung blieb unbeantwortet. So schellte ich bei der Nachbarin, um mich zu erkundigen. Sie erzählte, dass die alte Dame ins Krankenhaus gebracht worden sei, es ihr aber gut ginge. Sie lud mich ein hineinzukommen.... JETZT und GANZ. Also ging ich hinein und nahm mir die Zeit. Die ebenfalls schon ältere Frau erzählte, was alles in letzter Zeit mit der Dame vor gefallen war. Sie konnte einiges loswerden und ich sie in Manchem beruhigen oder ihr mit einem Tip weiter helfen. Sie bedankte sich  dafür, dass ich mich in einer länger zurückliegenden Krisensituation  gekümmert hätte ... Es war eine gute Zeit miteinander.
Als ich wegfuhr, blieben mir nur noch wenige Minuten, um eben zu Hause vorbei zu schauen, bevor ich sofort zu dem Treffen weiter fuhr, auf das ich mich sehr gefreut hatte. Ich kam noch pünktlich an! Die Straßen waren frei und ich fand sofort, wohin ich wollte. Und  innerlich war ich so richtig froh! Es war die beste "Vorbereitung" auf unseren Austausch, all diesen "Einladungen" gefolgt zu sein.

Erfahrungen, Ich muss mich entscheiden!

Immer neu: Eine Einladung!

“Oh, wir haben uns zu früh gefreut!” höre ich am Telefon. In der Arbeit mit Asylanten war auf ein junges afghanisches Ehepaar mit zwei kleinen Kindern hin Hoffnung aufgekeimt, dass sie in unserem Land bleiben könnten. Sie hatten bereits eine wahre Odyssee hinter sich. Nun war ein Brief angekommen, der ihnen einen weiteren Verbleib in unserem Land versagte. Dieser Anruf kam an einem Tag, der schon viele Kreuze mit sich gebracht hatte. Im ersten Augenblick spürte ich eine Barrikade in meiner Seele: “Nicht auch das noch!”  Aber der Anruf kam ja wieder auf meinem Handy an und so sagte ich leise: “Ich nehme deine Einladung an!” Am nächsten Tag war ich bei dem jungen Paar in ihrer ärmlichen Behausung. Viel zu sagen war in dem Augenblick nicht. Ich spürte, wie ich ihre Not und Zukunftsangst an mein Herz zu lassen gerufen war. Ich hielt es mit ihnen aus. Ob sich noch ein Weg auftun würde? Wir hofften und hoffen gemeinsam und halten einander im Herzen!

Erfahrungen, Gemeinsam schaffen wir das!