Wir waren für eine Studienarbeit zusammen gewürfelt worden, meine Kollegin mit serbischen Wurzeln und ich aus Albanien. Der zu bearbeitende Text war in englischer Sprache, unsere Power-Point-Präsentation hingegen sollte in deutscher Sprache sein. Meine Mitstudentin sprach nur gebrochen Englisch. So blieb der Hauptanteil der Arbeit an mir hängen. Ich gab alles, was ich konnte. Meine Mitstudentin sollte meine ganze Liebe spüren. Der Tag unserer Präsentation kam. Gemeinsam stellten wir unser Ergebnis vor. Wir bekamen eine sehr gute Note. Das Glück, das ich in den Augen meiner Mitstreiterin sah, berührte mein Herz zutiefst. Meine Liebe hatte sie getroffen und irgendwie auch verwandelt.
Wenige Tage danach ergab sich ein tiefes Gespräch mit ihr. Sie begann zu erzählen. Sie kam aus dem serbischen Teil Bosniens. Sie erzählte von ihren Eltern, die sie – trotz der ethnischen Zerwürfnisse in Bosnien-Herzegowina – in einer großen Liebe und Wertschätzung gegenüber jedem Menschen, egal welcher Herkunft, erzogen hatten. Ihre Mutter war vor einigen Monaten relativ plötzlich gestorben. Wäre sie in einem westeuropäischen Land gewesen, hätte ihr medizinisch geholfen werden können. Ich spürte eine tiefe Not in der Seele meiner Freundin und hörte ihr aufmerksam zu.
Plötzlich fragte sie mich völlig unvermittelt: „Glaubst Du, dass meine Mutter jetzt auf mich schaut?“ Wir hatten nie vorher darüber gesprochen, ob wir gläubig sind oder nicht. Ich sagte ihr. „Weißt Du, ich glaube, dass unser Weg hier auf der Erde, ein Pilgerweg ist und dass wir letztlich für die Ewigkeit gemacht sind. Unsere Seele kann ja hier auf der Erde nie ganz zufrieden sein. Irgendwie ist die Welt zu klein geraten für unsere Seele. Aber die Ewigkeit fängt nicht erst nach unserem Tod an, sondern wenn wir echt lieben, wie das Deine Mutter auch getan hat, dann beginnt die Ewigkeit schon jetzt. Und ich glaube, dass Deine Mutter jetzt für immer in dieser Ewigkeit beheimatet ist!“ Strahlend schaute mich die junge Bosnierin an. „Oh, wie schön, dass ich Dich das gefragt habe. Ich spüre, dass meine Mutter jetzt an einem guten Ort ist und dass sie auf mich schaut!“
"Lass dich HEUTE berühren", war das Motto des gestrigen Tages. Letzten Samstag ist eine Bewohnerin meiner Alteneinrichtung verstorben. Am Geburtstag ihrer Tochter. In den Tagen davor habe ich viele Stunden an ihrem Bett gesessen in der Nacht ihres Heimgangs bis nachts um zwölf, bis sie ein wenig ruhiger war und die Nachtschwester alle wichtigen Dinge soweit erledigt hatte, dass sie öfter nach ihr schauen konnte.
Am Donnerstag zuvor haben wir mit der Familie an ihrem Bett die Krankensalbung gefeiert. Am Samstagmorgen am Bett der Verstorbenen mit zwei Pflegekräften und der engsten Familie gebetet.
Jetzt am Donnerstag sollte die Auferstehungsmesse sein. Ich habe Urlaub, genoß das Ausschlafen, da momentanen Umbrüche in meinem Leben mich viel Kraft kosten. Es war sehr heiß und ich hatte entgegen meines ursprünglichem Vorhabens, in diese Messe zu gehen und auch die Lesung zu übernehmen, ernsthaft überlegt, liegen zu bleiben und nicht zur Kirche zu gehen.
Aber der Gedanke auch in dieser Messsituation den Angehörigen nahe zu sein, von denen ich mitbekommen habe, dass ihnen das Gebet, die Krankensalbung und jetzt auch die Messe wichtig für ihre Mutter war, sie aber aus verschiedenen Gründen sehr unsicher in all diesen Dingen sind, und die vielen Stunden des Begleitens ihrer Mutter, berührte mich. So stand ich auf und ging zur Messe.
Als die Messe begann, war niemand der Angehörigen da, ganz hinten saßen zwei Menschen, von denen wir nicht genau wussten gehörten sie zur "Trauergemeinde"? Der Priester fragte mich ob jemand da sei, ich antwortete vielleicht die zwei. Wir feierten mit den Leuten aus der Gemeinde, die da waren die Auferstehungsmesse für die verstorbene Bewohnerin. Ich konnte nicht verstehen, warum da jetzt niemand da war, ließ das aber los und konnte mit ganzem Herzen für meine Bewohnerin und für die Angehörigen diese Messe feiern.
Nach der Messe sprach ich noch einige Zeit mit Thorsten und als ich um kurz vor zehn ging, sah ich eine kleine Enkeltochter, die auch bei der Krankensalbung dabei war, über den Parkplatz kommen. Ich stutzte, ging näher und sah, die Familie mit acht Leuten am Auto auf dem Parkplatz stehen, sie wollten zur Messe, das war klar ersichtlich. Ich ging hin begrüßte sie und sagte ihnen, dass die Messe schon war, sie zu spät sind. Wir die Messe für ihre Mutter jetzt alleine gefeiert haben und war eigentlich ein wenig "pikiert innerlich", wie man zu so einem Anlass die Uhrzeit verwechseln kann...
Aber die wirklich echte Betroffenheit in ihren Augen über diese Verwechslung, berührte mich und ich dachte SO kann ich sie jetzt auch nicht gehen lassen. Die Trauernden zu trösten.... Ich bot ihnen an, dass wir zusammen in der Kirche noch für ihre Mutter beten und im Rahmen wie in einer "Hauskommunion" auch die Kommunion empfangen könnten.
So standen wir alle zusammen im Kreis vor dem Altar, ich habe frei ein Gebet gesprochen, zusammen mit ihnen das Vater unser und das Gegrüßet seist du Maria, sie haben die Kommunion empfangen, ich noch ein freies Dankgebet gesprochen. Es war eine ganz dichte Atmosphäre, in der Jesus wirklich gegenwärtig spürbar war. Ich habe die Tochter, an deren Geburtstag die Mutter gestorben war und die die deutsche mehr schlecht als recht versteht beziehungsweise noch schlechter spricht, in den Arm genommen. Die Betroffenheit und Traurigkeit in ihren Augen war einem frohen und warmherzigen Blick gewichen. Sie bedankte sich sehr und auch die Blicke und Umarmungen der anderen Familienmitglieder sprachen Bände.
Sie fragten, ob sie noch bei der Pieta Kerzen anzünden dürften... und sie haben das dann noch in aller Ruhe getan und auch dort noch im Gebet verweilt. Ich ging derweil zu meinem Auto und fuhr in einer echten Freude nach Hause. In einer echten Freude darüber, dass Jesus in dieser Situation gegenwärtig sein konnte. Das eine Erfahrung der Liebe Gottes für die Angehörigen sein durfte, in ihre Betroffenheit und Verschämtheit sich so vertan zu haben hinein und ihrer Trauer.
Hätte ich mich gestern Morgen NICHT "berühren lassen" und wäre liegengeblieben, hätte ich mich von der Betroffenheit in den Augen der Familie NICHT "berühren lassen"....
Ich bin ja seit einigen Wochen in einem neuen Arbeitsfeld. Gott hat mir sehr energisch aufgezeigt das ich nochmal aufbrechen muss und auch wenn ich deutlich spürte, dass mich dann wieder Angst, Grübeln, Panik und Einsamkeit beschäftigen würde. Aber ich erinnerte mich an ein Wort, das mir in einer bedeutsamen Lebenssituation zugesprochen worden war: „Du führst mich hinaus ins Weite!“
Mit diesem Wort im Gepäck nahm ich an einem Austauschtreffen meiner Berufsgruppe teil. Ich bat einen Priester um seinen Segen für meine neue Weg-Etappe. Dieser Augenblick wurde ganz besonders für mich. Ich hörte den Priester sagen: „Schau nicht auf Deine Grenzen, sondern schau darauf, wie stark Jesus ist. Du bist ein Mensch, der das Evangelium Jesu mit großer Freude weitergibt. Dass Du auch mit Depressionen zu kämpfen hast, tritt dabei nicht ans Tageslicht. Das zeigt mir: Die Kraft, die Jesus Dir schenkt ist bei weitem größer als die all der Dämonen, die in Deinem Kopf mit einander kämpfen.“
In diesen Momenten spürte ich: „ER ist da – HE happens!“ Das hat mir viel Mut gegeben, neu auf Gott zu setzen und darauf zu vertrauen, dass ich mit IHM all meine Tiefs leben und durchleben kann.
Ich war mit meiner Schwester, die mich in meiner Uni-Stadt besuchte, in einem Fachgeschäft. Der Kundenbetreuer, mit dem wir es zu tun bekamen, schien aus Serbien zu stammen. Er sprach nur gebrochen Deutsch. Er schaute sehr jung aus. Er hatte Schwierigkeiten mit dem Computer und schaffte es zunächst nicht, die Rechnung ausdrucken. Er bat zwei seiner Kollegen um Hilfe. Aber die waren sehr beschäftigt, weil sie viele Kunden zu bedienen hatten. Dann sagte ich zu dem jungen Mann: ''Mach dir keinen Stress! Wir warten gerne!" Erstaunt über unsere Gelassenheit erwiderte er: "Ich bin neu hier!" - Daraufhin sagte ich zu ihm: "Irgendwann muss man immer anfangen! Und das nächste Mal wirst du dich besser mit dem Computer auskennen!" Daraufhin fragte der Mann: „Kommt ihr aus Albanien? Ich versteh nämlich ein wenig von Eurer Sprache, da ich viele albanische Freunde habe!“ Ich spürte, wie sehr er sich in dieser schwierigen Situation für ihn im Laden echt geliebt gefühlt hatte. - Was zählt ist die Liebe!
Das Telefon schellt. Eine mir fremde ältere Stimme meldet sich. „Ob meine Nachbarn in Urlaub wären, denn sie wären nicht erreichbar?“ höre ich eine Frage. Mein Nachbar, ein Mann mittleren Alters, ist Kundendienst-Beauftragter eines Heizungsbetriebes und die Anrufende hatte schon seit Tagen kein warmes Wasser mehr. Deshalb rief sie an. „Wissen Sie“, ließ ich die Frau verstehen, „meine Nachbarn sind vor Ort, aber sie stellen oft ihr Telefon ab, um nicht erreichbar zu sein.“ Die Frau entschied sich, es am nächsten Tag telefonisch nochmals zu versuchen.
Da sie am kommenden Tag telefonisch erneut nichts ausrichten konnte, rief sie mich erneut an. Ich entschied mich, die Sache aus Liebe zu der älteren Frau in die Hand zu nehmen und sagte ihr: „Ich schreibe mir jetzt ihre Telefonnummer auf und gehe dann nach nebenan und sage, dass Sie in Not sind und technische Hilfe brauchen.“ Gesagt getan. Ich schellte am Nachbarhaus und traf sofort auf den Heizungsmonteur. Er nahm die Telefonnummer entgegen und versprach sich zu kümmern. Nachmittags schellte es bei mir. Die Kinder aus der Nachbarschaft standen mit einem Glas Marmelade vor meiner Tür. „Die hat eine Frau unserem Opa gegeben und wir sollen sie Dir weitergeben!“ strahlten mich die Kleinen an. Ich wusste sofort, von wem die Marmelade kam und nahm sie erstaunt und dankbaren Herzens entgegen.
Seit längerem kümmere ich mich um meinen bettlägerigen Mann. Damit ist mein Aktionsradius auch sehr eingeschränkt. Eine Einladung zum Klassentreffen, das für mich eine dreistündige Fahrt bedeutet flatterte ins Haus. Mir war sofort klar, dass ich meinen Mann über Nacht nicht allein lassen konnte und ich somit auch nicht zu dem Klassentreffen fahren konnte.
Meine Tochter kam mit ihren Kindern zu Besuch. Eher zufällig sah sie die Einladung auf dem Küchentisch liegen und frage, ob ich an dem Treffen teilnehmen wolle? Und sofort fügte sie hinzu: „Selbstverständlich bleibe ich die zwei Tage bei Papa!“ Ihr älterer Sohn blieb auch nicht stumm und sagte: „Ich bleibe auch bei Opa, damit er nicht allein ist!“ Was für eine Freude, seit langem kann ich mal wieder für zwei Tage unsere kleine Wohnung verlassen.
Von Anfang an war er skeptisch, als er seinen kleinen Sohn zum Kindergarten brachte. Er hielt nicht viel von dem ‚ganzen pädagogischen Kram‘ und fragte sofort, ob es auch möglich sei, sein Kind nur drei Tage in der Woche zu bringen und ihn ansonsten zu Hause auf dem Hof zu lassen? Ich schaute auf das Kind und spürte, wie unsicher sich der Kleine in der neuen Umgebung fühlte, der Vater wahrscheinlich auch. So erklärte ich dem Vater, dass es für die Beziehungen zu anderen Kindern und um in der Gruppe gut integriert zu sein, wichtig ist, dass er 4 Tage pro Woche in den Kindergarten kommt. Wir vereinbarten ein paar Schnupptertage, zu denen der Kleine auch mit seiner Mutter erschien. Schon bald verabschiedete der kleine Junge seine Mutter, weil er keine „Zeit“ mehr für sie hatte, denn er wollte mit den Kindern spielen. Offensichtlich hatte er den Sprung in seine neue Welt schnell geschafft. Er hatte Vertrauen gefasst und zu Hause erzählt, dass er die Christiane (mich, die Erzieherin), so gerne mag.
Jedes Mal, wenn ich sah, dass der Vater kam, um sein Kind abzuholen, ging ich auf ihn zu, um kurz mit ihm zu reden und ihn einfach meine Aufmerksamkeit und Wertschätzung spüren zu lassen. Ich erzählte ihm, wie viel ich von regionalem Einkauf halte und beschrieb ihm den Hof, auf dem wir als Familie im Hofladen immer wieder einkauften. Natürlich kannte er den Hof. Eines Tages fragte ich den zutraulicher gewordenen Mann, ob wir ihn mit den Kindern des Kindergartens nicht mal auf dem Hof besuchen könnten? Schnell war ein Termin gefunden. Mit der ganzen Kindergartengruppe verlebten wir wunderbare Stunden. Stolz zeigte und erklärte uns der Vater den Hof. Die Kinder durften eine Henne und ein Ferkel streicheln und den ganzen Hof “erobern“. Beim Abschied strahlte der Vater, weil er gespürt hat, wie wertvoll wir seine Arbeit finden und hat uns eingeladen, jederzeit wieder zu kommen.
Durch diesen Besuch hat sich unsere Beziehung noch einmal verbessert und wenn der Vater jetzt seinen Sohn abholt, kommt er gelöst und unbeschwert auf uns zu.
Eines Abends saß ich während unseres Camps go4peace mit meinen Schwestern und einigen Freunden zusammen. Wir hatten viel Spaß zusammen. Ich sah, dass zwei Jungen aus unserem Camp allein an einem Tisch saßen und mit ihrem Handy beschäftigt waren. Ich hatte den Eindruck, dass sie sich alleine fühlten, so entschied ich mich, sie anzusprechen. Sie legten sofort ihre Handis aus der Hand und setzten sich zu uns. Wir sprachen über Schule, übers Reisen und über Gott und die Welt. Dann gesellten sich noch mehr Leute zu uns. Es war richtig lustig und schön. In den Augen der beiden Jungs spürte ich die Freude, mit dabei sein zu dürfen und in meinem Herzen war die gleiche Freude, dass ich den Augenblick beim Schopf gepackt hatte.
Die Schule hatte wieder begonnen und so galt es in unserer Klasse einen Kurssprecher zu wählen. Eine Mitschülerin hatte mich für dieses Amt vorgeschlagen. Anfangs war ich mir alles andere als sicher, ob ich tatsächlich zusagen sollte. Dann fiel mir ein Motto aus unserem go4peace-Camp ein: "Sei offen im Augenblick!“ Das hat mich total ermutigt und so habe ich zugesagt. Und dann spürte ich wieder diese tiefe Freude, die ich oft im Camp erlebt hatte.
Das Motto "Don't stop giving!" begleitet mich Tag für Tag. Ein Verwandter war schwer krank geworden. Bei uns zu Hause im Szekler Land konnten ihm die Ärzte nicht helfen. Deshalb kam er nach Cluc Napoca (Klausenburg), wo ich lebe. Er war schon nach zwei Wochen im Krankenhaus, doch niemand hatte ihm geholfen, weil er den Ärzten kein Geld gegeben hatte – leider ist das bei uns so! Er war sehr frustriert, denn er hatte den Eindruck, vergeblich gekommen zu sein. Ich selber war in diesen Tagen beruflich sehr beschäftigt, hatte nur wenig Zeit. Das Motto gab mir dennoch den Anstoß, ihn zu besuchen. Es wurde ein langes Gespräch. Fast vier Stunden haben wir geredet. Ihm tat es richtig gut, sich jemanden anvertrauen zu können. Auch wenn ich ihm fachlich nicht weiterhelfen konnte, war mein Dasein ein großes Geschenk für ihn. Die Topfblume, die ich ihm mitgebracht hatte, wird diese Augenblicke in seinem Herzen lebendig halten.
Das Jahr mit Arbeit lag hinter uns und der Urlaub stand vor der Tür! Wir freuten uns riesig und wir meinten sogar, wir hätten ihn verdient. Dann kam der Anruf, dass die Schwiegermutter mit Lungenentzündung ins Krankenhaus musste. Eigentlich meinten wir, wir hätten keine Kraft mehr, das zu meistern. Aber wir gingen unserer Aufgabe nach, besuchten sie, machten Besorgungen, erledigten Schriftverkehr, gingen also all die Dinge an, die anstehen, wenn jemand aus Familie oder Freundeskreis im Krankenhaus liegt.
Aber immer wieder merkten wir auch, wir dürfen nicht nur geben, sondern werden auch unendlich geliebt. So ergaben sich viele wertvolle Gespräche zwischen der Kranken und uns. Außerdem gab ein Musiker ein großes Konzert in jener Stadt. Wir hatten uns um keine Karten kümmern können. Aber irgendwie dachten wir an dem Abend ganz spontan, ob wir noch in das Konzert hineinkommen könnten. Kurz nach Beginn des Konzertes standen wir mit dem Rest des aufgewärmten Essens für die Kranke im Foyer des Konzertsaals. ‚Haben sie noch Karten?‘ wagten wir zu fragen. Dann sagte der Ticketverkäufer: Ja, diese zwei Karten sind für sie! Ihnen einen erholsamen Abend.‘ Voller Freude und mit der Gewissheit im Herzen ‚Gott vergisst uns nicht‘ konnten wir diese Stunden genießen und unseren weiteren Aufgaben nachgehen.
Ein Treffen leitender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bistums war angesagt. Es ging um die Digitalisierung der Welt. Ich war angefragt zu erzählen, wie wir mit Hilfe digitaler Technik die Wortes Jesu zu den Herzen vieler zu bringen versuchten. Für mich hatte das bedeutet, eine andere Veranstaltung, die ich gern bis zum Ende besucht hätte, früher zu verlassen. Ich hatte mich entschieden, es zu tun. Ich traf auf viele Mitarbeiter, die ich nicht kannte. An Stehtischen wurden nach einem Vortrag Praxisbeispiele in kurzen Zeitfenstern dargestellt. Würden sich Menschen für die Worte Jesu im Netz überhaupt interessieren, fragte ich mich? 70 Mitarbeitende waren im Raum.
Zum ersten Kurzmeeting an meinem Stehtisch kamen drei, zum zweiten zwei und zum dritten abermals zwei. Mit Freude und Feuer erzählte ich von der wandelnden Kraft der Worte Jesu. Bei jedem Meeting downloadete mindestens einer der Teilnehmer sofort die beiden Apps onword24 und onword. Wir kamen zum Ende der Veranstaltung. Die Leitende lud zu einem geistlichen Abschluss ein. Sie las das Motto des Tages aus der onword24 App. Es verdichtete die Erzählung über das Weinen Jesu angesichts der Stadt Jerusalem. „Ich will Deine Tränen trocknen!“ lautete das Motto. Dann las die Leiterin das Evangelium des Tages aus der App und wiederholte das Motto. Im Anschluss sagte sie: „Ich weiß von den go4peace-Camps, dass die Jugendlichen am Ende des Tages immer eingeladen sind, ihre Erfahrungen mit dem gelebten Wort, eben den Mottos, auszutauschen. So lade ich Sie heut Abend ebenfalls ein, sich in kleinen Gruppen über die Erfahrungen ihres Tages auszutauschen.“ Ich traute meinen Augen nicht. Nach anfänglichem Zögern erlebte ich die eben noch so stummen Menschen im lebendigen Austausch über die Erfahrungen ihres Tages.
Das Wort von der TÜRE berührt ein Erlebnis, das mich tief bewegt: Als ich eine zeitlang in einem psychiatrischen Krankenhaus Seelsorger war, erkannte ich, dass die Situation der Obdachlosen in meiner Stadt und Umgebung absolut mangelhaft war. Von einem Freund im Seelsorgeamt meiner Diözese ließ ich mir einen diesbezüglichen schriftlichen Lagebericht machen. Mein Freund, hocherfreut, dass mich das so bewegte, feuerte mich an, bei den entsprechden administrativen Instanzen vorzusprechen. Doch mit meinen Priester- Brüdern war mir klar, dass ich das nicht kann, weil mir dazu die Fähigkeiten fehlen. So ließ ich die besagten Unterlagen liegen, mieg es, mit meinem Freund zu kontaktieren und betete, betete… in dem Anliegen. Nicht sehr lange später erhielt ich auf einem seltsamen Weg eine Einladung ins alte Rathaus der der Stadt, wo sich eine mir fremde Gruppe mit dem Oberbürgermeister und dem Caritasverantwortlichen unserer Region zu einem sehr kontroversen Informationsgespräch traf. Thema: „Obdachlose…“. Der Caritasverantwortliche, ein Riese, kämpfte, ich ein Zwerg schwieg und betete. Beim gemeisamen Nachhauseweg ließ ich meine Wut raus:“Die haben doch überhaupt nicht verstanden, worum es uns geht! Alles umsonst!“ Doch er schaute mich vielsagend an und meinte:“ O doch, Herr Pfarrer, die haben schon verstanden, Die wollen nur nicht. Denn das kostet ja einiges. Doch wir haben den Fuß zwischen die TÜRE bekommen. Und das reicht fürs Erste." In der Folge starb er an Krebs.- „Es muß halt alles durch den Nullpunkt“, so Bischof Hemmerle. - Der Nachfolger in der Caritas-Verantwortung führte die Sache professionell weiter. Bald hatten wir einen Raum, nach einem Umzug Küche mit sanitären Anlagen, und in Bälde wird in meiner Stadt ein umgebautes Haus für Obdachlose eingeweiht mit mehreren Räumen, Schlaf- und Wohnmöglichkeiten samt allem, was nötig ist. Einfach Toll!
Mit kleinen Geschenken hatten wir uns zum Heiligen Abend auf den Weg zu den Kindern und Jugendlichen der Flüchtlingsfamilien gemacht. Wir schellten an der Tür einer Wohnung in einem Hochhaus. Vorsichtig, fast schüchtern wurde uns geöffnet. Zwei Jugendliche schauten uns fragend an. Wir erklärten, warum wir gekommen waren. Nach einigen Minuten in der Tür stehend, baten die beiden und ihr Vater uns, herein zukommen. Wir kamen in ein kahles, fast nackt wirkendes großes Zimmer. Alles wirkte traurig, fast ein wenig depressiv. Über große Sprachbarrieren hinweg versuchten wir zu kommunizieren. Diese Flüchtlinge kamen aus Kurdistan, sie waren Jesiden. Wir erfuhren, dass die Tochter der Familie in Bayern lebte. Ich fragte nach der Mutter der Familie. Der 17-jähirge antwortete uns: „Mutter – tot!“ Diese Worte wirkten auf uns alle lähmend. Dann kam heraus, dass ihre Mutter letzte Woche bei einem Zug-Unfall in unserer Stadt ums Leben gekommen war. Gelesen hatten wir das in der Zeitung. Nun saßen wir in der Familie, zu der die Frau gehört hatte. Wir spürten, jetzt nicht wieder gehen zu können. Die Liebe ließ uns bleiben und diese schwere Situation mit aushalten. Wir blieben lange. Als ich wenige Tage später wieder vorbei schaute, um ein paar Süßigkeiten vorbei zu bringen, war sofort ein Strahlen auf den Gesichtern der drei Männer, als sie mich sahen. Sie suchten das Herz eines Bruders.
Mein Mann hatte an einem großen Friedenscamp in Albanien teilgenommen. Er hatte ein paar Lek, so die albanische Landeswährung, übrig behalten. Nun lag dieses Geld schon über ein Jahr in einer Schublade. Als ich es wieder einmal dort sah, erinnerte ich mich an ein albanisches Lokal in unserer Stadt. Ich hatte mitbekommen, dass die Eltern der Wirtin für ein paar Wochen zu Gast waren und nun bald wieder abreisen würden. So brachte ich das Geld zusammen mit meinem Mann in das Restaurant. Als ich die Wirtin nach einigen Wochen wieder traf, sagte sie: „Sie glauben nicht, was sie meiner Mutter für eine Freude bereitet haben. Sie war schon besorgt, da sie keine Lek mehr hatte, wie sie es bei der Rückkehr nach Albanien mit dem Brot-Kauf machen sollte. Nun hatte sie genug Geld um Brot und auch noch andere Lebensmittel einzukaufen. Sie hat sich riesig gefreut!“
Eine Freundin besuchte mich an meinem Studienort. Ich hatte mich sehr auf sie gefreut, da ich mich mit ihr auch über meinen Glauben austauschen kann, was mit den meisten meiner Mitstudierenden nicht möglich ist. Wir machten uns auf den Weg zu einem nahen Wallfahrtsort, an dem ich gern bin, weil er mich innere Ruhe finden lässt. Wir sind fast alle Wege gelaufen, weil meine Freundin das Geld für den Nahverkehr sparen wollte. Der Hinweg dauerte zwei Stunden. Für den Heimweg entschieden wir uns, doch ein Ticket zu kaufen und mit der Straßenbahn zu fahren. Als wir einstiegen und ein Ticket kaufen wollten, lag am Ticketautomaten ein noch für eine Stunde gültiges Ticket. Es war so, als hätte ein Engel dieses Ticket für uns hinterlassen, damit wir kein Geld ausgeben mussten. Wir hatten genau eine Stunde Zeit für den Heimweg. Es passte genau! Wir waren so glücklich! Ein Geschenk!
Ein Mitarbeiter des TÜV hatte sich angemeldet, er schaute vorbei, um einen Aufzug in unserem Haus technisch zu warten und abzunehmen. Ausgerechnet am Vortag seines Kommens gab der Aufzug seinen Geist auf. Ich erklärte dem Mitarbeiter, dass wir in der Kürze der Zeit noch keinen Techniker hatten kommen lassen können. Dann entwickelte sich ein Gespräch über Gott und die Welt. Auf einmal sagte er: „Wissen Sie, ich schau mir den Aufzug jetzt Mal genauer an!“ Am Ende hat er den Schaden selber repariert, den TÜV abgenommen und mir im Schalterkasten noch ein paar Tricks erklärt. Als er dann unser Haus verließ und ein Spendenschweinchen an einer Ecke stehen sah, griff er noch in seine Hemdtasche und warf ein paar Münzen in die Box. Ich denk, das war sein Trinkgeld.
Eine Familienfeier stand an. Kuchen wurde gebacken, Stühle und Tische wurden gestellt und noch so manches mehr. Die Verwandten kamen und es war wirklich ein gutes Beisammensein. Alle waren froh, mal wieder miteinander ausgiebig reden zu können. Nur in mir machte sich der Gedanke breit: Dieses Fest vorzubereiten war so viel Arbeit bei all dem anderen, was es alltäglich immer zu tun gilt. Warum konnten die Gäste nicht auch etwas beisteuern? Am nächsten Tag ging ich zur Messe und erhielt die Antwort: Der Priester schenkte jedem ein kleines Buch mit allen Evangelien. Er gab uns Mitfeiernden die Anregung mit auf den Weg, einmal darüber nachzudenken, was gibt es Größeres gibt, als die Liebe Gottes geschenkt zu bekommen.
Nur noch schnell was einkaufen, denn im Brotkorb war kein Brot mehr und das Wochenende nahte. So lief ich am späten Samstagnachmittag noch schnell aus der Bibliothek meiner Uni in einen Supermarkt, um für den Sonntag gut gerüstet zu sein. Als ich vor dem Brot-Regal stand, war ein älterer Mann gerade dabei, alle Semmeln in seinen Einkaufswagen zu legen. Er schien Besuch zu bekommen und brauchte anscheinend eine Menge an Brot. Sonst war kein Brot mehr vorrätig. Als er mich vor dem Regal stehen sah, fragte er, ob ich auch noch Brot brauche? Ich nickte. So ließ er noch drei Semmeln in Regal liegen. Mich rührte diese Geste so sehr, dass ich mich entschied, nur einen davon mitzunehmen und ansonsten fürs Wochenende auf Nudeln zu setzen. Der ältere Mann sah das, und fragte, ob ich die restlichen zwei nicht aus noch brauche? Ich verneinte und sagte ihm: „Nehmen Sie die ruhig noch, ich spür, Sie brauchen die ja noch!“ Lächelnd nickte er und bedankte sich. Diese ehrliche und achtsame Begegnung am Brotregal ließ in mir eine große Freude zurück.
Nach einer langen Reise war ich heimgekehrt und musste mich wieder in meinen Studienalltag einfinden. Es war Sonntag. Ich wollte zur Messe. Leider fand sie nicht statt, da die Kirche aufgrund von Renovierungsarbeiten für längere Zeit geschlossen war. So ging ich traurigen Herzens weiter. Plötzlich stoppte ein Auto neben mir. Eine Kinderstimme rief meinen Namen. Und schon war der kleine Junge aus dem Auto gesprungen und umarmte mich inniglich. Als Au-pair hatte ich ihn über mehr als zwei Jahre begleitet und ins Herz geschlossen. Ich hatte ihm zu seinem Geburtstag noch wunderschöne Karte geschickt. Gesehen hatten wir uns lange nicht mehr. „Danke, dass Du mir zum Geburtstag geschrieben hast! Ich hab mich soooo gefreut!“ Nachdem er mich erneut ganz fest an sich gedrückt hatte, sagte er weiter: „Du hattest ja auch Geburtstag. Ich hab ganz fest an Dich gedacht.“ Dann holte er zwei Euro aus seiner Hosentasche und sagte: „Hier, das ist mein Geschenk für Dich!“ Zunächst lehnte ich ab, da ich dem Kind dieses Geld nicht wegnehmen wollte. Aber er blieb beharrlich. Und so musste ich es nehmen. Als wir uns verabschiedeten, rief er noch: „Und besuch uns bald mal wieder! Ich vermisse Dich so sehr!“ Mit Tränen der Freude in den Augen blieb ich zurück. Ich hatte mit dem Kind so viel Zeit geteilt und ihm Liebe geschenkt. Und nun durfte ich erfahren, dass die Liebe wirklich bleibt.
Als ich an der Uni ankam, traf ich eine Freundin und lud sie auf ein Eis ein. Sie hatte Zeit und so vervielfachten die zwei Euro auch noch ihre Freude. Ein lebendiger Austausch mit meiner Kollegin war ein weiteres Geschenk. Ich verstand: Der, dem ich hatte in der Messe begegnen wollen, hatte sich zwei Mal unter uns Menschen ereignet, ER in der Mitte der Seinen.