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Wir blieben.

Mit kleinen Geschenken hatten wir uns zum Heiligen Abend auf den Weg zu den Kindern und Jugendlichen der Flüchtlingsfamilien gemacht. Wir schellten an der Tür einer Wohnung in einem Hochhaus. Vorsichtig, fast schüchtern wurde uns geöffnet. Zwei Jugendliche schauten uns fragend an. Wir erklärten, warum wir gekommen waren. Nach einigen Minuten in der Tür stehend, baten die beiden und ihr Vater uns, herein zukommen. Wir kamen in ein kahles, fast nackt wirkendes großes Zimmer. Alles wirkte traurig, fast ein wenig depressiv. Über große Sprachbarrieren hinweg versuchten wir zu kommunizieren. Diese Flüchtlinge kamen aus Kurdistan, sie waren Jesiden. Wir erfuhren, dass die Tochter der Familie in Bayern lebte. Ich fragte nach der Mutter der Familie. Der 17-jähirge antwortete uns: „Mutter – tot!“ Diese Worte wirkten auf uns alle lähmend. Dann kam heraus, dass ihre Mutter letzte Woche bei einem Zug-Unfall in unserer Stadt ums Leben gekommen war. Gelesen hatten wir das in der Zeitung. Nun saßen wir in der Familie, zu der die Frau gehört hatte. Wir spürten, jetzt nicht wieder gehen zu können. Die Liebe ließ uns bleiben und diese schwere Situation mit aushalten. Wir blieben lange. Als ich wenige Tage später wieder vorbei schaute, um ein paar Süßigkeiten vorbei zu bringen, war sofort ein Strahlen auf den Gesichtern der drei Männer, als sie mich sahen. Sie suchten das Herz eines Bruders.