Ich bin glücklich!
Ich war die letzten zwei Tage in einem Hostel. Wir waren nur zwei Mädchen im Raum, allein in einer fremden Stadt. Natürlich haben wir jedes Mal, wenn ich in den Raum kam, ein paar Worte gewechselt, mehr aber auch nicht. Ich dachte, das wird so bleiben, bis wir wieder auseinander gehen. Aber am Ende, während der (nicht einmal) zwei Tage, kam es ganz anders. Wir haben ganz viel erzählt.
Wir hatten sehr unterschiedliche Hintergründe - Lu stammt aus China, war ein Einzelkind und arbeitete zehn Jahre lang als Leiter einer Finanzabteilung in einem Luxusresort. Sie lebte in einer Kultur, die sich sehr auf Karriere und Geld konzentrierte und nicht so sehr auf sie als Mensch. Ich hingegen bin mit 4 Geschwistern – an christlichen Werten orientiert - aufgewachsen und studiere internationale Entwicklung.
Wir haben über die Situation in China und viele verschiedene kulturelle und soziale Themen und Wertvorstellungen gesprochen. Als ich mich heute von ihr verabschiedete, umarmten wir uns und ich fühlte in diesem Moment, dass wir wirklich Schwestern sind. Wir haben in nur zwei Tagen eine lebendige und ehrliche Beziehung aufbauen können.
Ich bin mit einer Kursgruppe meiner Universität zu einem Projekt-Aufenthalt in den Niederlanden. Gestern habe ich in unserem Hostel einen ganzen Topf Erbsensuppe zubereitet, damit viele Leute mitessen können.
Heute Abend habe ich es aufgewärmt, weil wir es gestern nicht essen konnten. Ich aß gerade einen Teller Suppe im Gemeinschaftsbereich, als ein Mädchen aus unserem tschechischen Team kam und mir sagte, dass in der Küche ein Mann warte, der die Suppe bezahlen wolle.
Also ging ich in die Küche. Der Mann schön ältere Mann wollte einen Teller nehmen und mir 10 Euro dafür geben. Ich sagte ihm, er sei eingeladen und ich wolle kein Geld dafür. Dann setzte er sich mit der Suppe zu uns an den Tisch. Obwohl er nicht viel Englisch sprach, verstand ich, dass er aus der Türkei stammte und schon seit 50 Jahren in den Niederlanden lebte. Ihm sagte die Suppe so sehr zu, weil ihn der Geschmack an die Suppen erinnerte, die seine Mutter immer in der Türkei für ihre Familie gekocht hatte. Sie war schon vor vielen Jahren verstorben.
Ich hatte nicht die Absicht, diesem Mann einen kostbaren Moment zu schenken. Ich hatte nur eine Suppe gekocht und wollte sie jedem geben, der im Hostel Hunger hatte. Für diesen Mann wurde daraus ein Moment kostbarer Erinnerungen, ein Augenblick voller Liebe. Ich war so glücklich, dass ich diesen Moment für ihn hatte möglich machen können.
Den ganzen Tag hatte ich Termine in der Gemeinde. Erst eine Klausurtagung im Team und dann noch einen Abendtermin. Immer wieder hatte ich an eine Familie in Damaskus denken müssen, deren Vater im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen war, sich dann aber entschieden hatte, nach einem guten Jahr wieder zu seiner Familie nach Syrien zurück zu kehren.
Er schrieb mir gerade heute, dass es am vergangenen Sonntag einen Luftangriff auf Damaskus gegeben habe, der seine Kinder sehr verängstigt hatte. Für seine Familie war die Situation unerträglich. Spät abends kam mir nochmals das Motto in den Sinn und ich entschied mich, der Familie in Syrien ein paar tröstliche Worte zu schreiben. Sie sollten meine Verbundenheit spüren. Nachdem mir der syrische Freund über eine halbe Stunde beschrieben hatte, wie schwer die Lage für ihn war und dass von Seiten Israels immer wieder Angriffe kämen, las ich auf einmal: „Ehrlich gesagt fühle ich mich sehr wohl, wenn ich mit Ihnen spreche.“ Ein wenig Licht schien auf.
Eine unerwartete Enttäuschung hatte mich eine schlaflose Nacht und viel innere Kraft gekostet. Als ich aufstand, spürte ich, wie sehr meine Seele im Dunkel war. Ich wollte meinen Tag nicht von diesem Dunkel bestimmen lassen. Ich nahm das Tagesevangelium zur Hand und las, wie Jesus seinen Jüngern Erfahrungen in Erinnerung rief, die ihnen zum Glauben helfen konnten. So wurde das Motto „Erinnere, was Gott für dich getan hat!“ geboren. Ich nahm mir vor, jeden kleinen Schritt des Tages sehr bewusst und aus Liebe zu tun. Nachmittags hatte ich in einem Flüchtlings-Café zu tun. Auf einmal kam ein junger Afghane ins Café, den ich mehrere Monate nicht mehr gesehen hatte. Freudestrahlend zeigte er mich seinen LKW-Führerschein, den er gerade ausgehändigt bekommen hatte. Ihm und seiner Frau hatte ich auf den ersten Metern seines Lebens in unserem Land sehr helfen können. Ein freundschaftliches Band war zwischen uns gewachsen. Voller Freude und Dankbarkeit nahm er mich fest in den Arm. In diesem Augenblick hatte ich den Eindruck, dass Gott mich umarmt und mir einen neuen Frieden schenkte.
“Remember what God did for you!”
An unexpected disappointment had cost me a sleepless night and a lot of inner strength. When I got up, I felt my soul in the dark. I didn't want that this darkness in my heart would rule my day. I picked up the gospel of the day and read how Jesus reminded his disciples of experiences that could help them to believe. This is how the motto “Remember what God did for you!” was born. I decided to do every little step of the day very consciously and out of love. In the afternoon, I was in a refugee café. Suddenly a young Afghan came into the café whom I had not seen for several months. Beaming with joy, he showed me his truck driver's license, which has just been given to him. I had been able to help him and his wife a lot on the first few meters of his life in our country. A friendship had grown between us. Full of joy and gratitude, he hugged me tightly. At that moment I had the impression that God was hugging me and giving me a new peace.