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"Liebst du mich?."
Joh 21,16
Monatsimpuls - 12/2023
Liebe Freunde von go4peace,
oft fragt das Leben unerwartet nach unserer Liebe. Ein Kind ist gefallen, weint und schaut uns flehentlich an. Ein Flüchtling kommt mit einem Antrag. Er versteht die Fragen nicht. Ein Bettler erscheint auf unserer Tür. Eine Mutter ist krank geworden und kann ihre Kinder nicht versorgen. Jemand geht in einer Straße auf und ab und sucht etwas. Eine Beziehung ist zerbrochen und Menschen bleiben einsam zurück.
Wenn das Leben uns solche Situationen zuspielt, fragt es ganz konkret nach meiner Liebe. Ich bin gerufen, meinen Teil zu geben und mich zu verschenken. Petrus hatte in manchen Augenblicken seines Lebens versagt. Er hatte Jesus in den schwersten Augenblicken seines Lebens sogar verleugnet. Aber das Leben ging weiter und brachte neue Chancen und Gelegenheiten, in denen der auferstandene Jesus Petrus fragt: Liebst du mich? Wieder neu bekam er eine Chance. Er sagt Jesus: „Du weißt, dass ich dich liebe!“
Ich erzählte einem Brautpaar, dass mich die Münzen in meinem Portemonnaie immer neu daran erinnern, dass allein die Liebe Wert gibt! Mit Jugendlichen hatte ich mir während eines Monats vorgenommen, einen Euro zu schenken, wenn wir einen besonderen Augenblick echter Liebe erfahren hatten. Strahlend schaute mich die junge Frau an und sagte: “Wissen Sie, heute morgen war ich bei einer Patientin, die richtig schwer krank ist und gar nicht mehr viel kann. Als ich mich verabschiedete, kramte sie in ihrer Tasche und gab mir ein Zwei-Euro-Stück. Dazu sagte sie: ‘Ich will sie nicht bezahlen! Dieses kleine Geldstück soll ein Glücksbringer für sie sein!’ Ich spürte, wie sehr mir die Frau einfach DANKE sagen wollte!” - Gib deine Antwort!
für das go4peaceTeam Meinolf Wacker
Erfahrungen des Monats
Beim Bäcker
Im Anschluss an einen Gottesdienst ging ich noch in eine nahe gelegene Bäckerei, um ein Brot zu kaufen. Unerwartet traf ich dort auf die Küsterin der Kirche, die sich für zwischendurch ein leckeres Brötchen kaufte. In der Schlange stehend wies sie auf eine der Verkäuferinnen und ließ mich wissen, dass sie nach einem Rosenkranz gefragt habe. Auf dem Heimweg von der Kirche erinnerte ich mich an ein Tagesmotto, das wir mit Jugendlichen in Sarajevo zu Beginn dieses Jahrtausends gelebt hatten und das eine echte Dynamik hervorgebracht hatte: „Uviek i odmah!“ (immer und sofort). Vor meinem inneren Auge tauchten all die Gesichter der Jugendlichen auf und ich spürte eine solche Freude in meinem Herzen, dass ich – als ich zu Hause war, meinen schönsten Rosenkranz aus Betlehem einpackte und ihr in das kleine Dorf brachte. Als ich der Verkäuferin das kleine Päckchen gab, schaute ich in strahlende Augen.
Der Impuls kam zur richtigen Zeit!
Aufgrund eines Krankheitsfalls im administrativen Bereich unseres Netzwerkes kam viel unerwartete Arbeit auf mich zu. Ich spürte zunächst eine echte Überforderung und wusste nicht, wie ich all die Arbeit tun und organisieren sollte. Eine WhatsApp-Nachricht erreichte mich. Eine Frau, für die ich in einer schwierigen Lebenssituation viel gebetet hatte, ließ mich ihre tiefe Dankbarkeit spüren. Sie schickte mir den Link zu einem Online-Adventskalender und schrieb: „Damit möchte ich dir für deinen Einsatz und all dein Engagement danken.“ Ich schaute in den Kalender und las: „Versuch Dir etwas neues anzueignen und halt es bis Weihnachten durch. Schreib dir z. B. täglich 5 Dinge auf, für die du dankbar bist!“ Während des Eintütens vieler Briefe dachte ich über diesen Impuls nach und spürte, wie mein Herz von einer tiefen Dankbarkeit erfüllt wurde. So werde ich in diesen Tagen Abend für Abend fünf Dankbarkeitsperlen sammeln.
Ein Licht in der Dunkelheit
Der Tag war lang und beschwerlich gewesen. Es war der Tag der Ankunft des Lichts von Betlehem. Abends schaute ich in das Licht und spürte noch den leisen Impuls: Bring das Licht noch zu einer Familie, mit der ich am Morgen nach der Messe gesprochen hatte. Die Mutter hatte mir erzählt, dass sie in der Nachbarstadt eine Freundin habe, die in einem Flüchtlingscamp aufgewachsen war und dann einige Jahre im Gaza-Streifen gelebt hatte. Ihr wollte sie das Licht gern weitergeben. So brachte ich es noch in tiefer Nacht mit einer Sturmlaterne zu der Familie. Am nächsten Morgen hörte ich in einer Voice-Mail. „Von Herzen Danke für das Licht von Betlehem. Ich habe es heute morgen in der Sturmlaterne mitgenommen und bin vom Bahnhof aus mit dem Licht durch die Stadt zu meiner Freundin gelaufen. Sie war schon in ihrer Praxis. Als ich ankam, haben wir beide ein paar Augenblicke in das Licht geschaut. Uns kamen die Tränen. Dann haben wir uns herzlich umarmt. Meine Freundin ist Muslima. Sie war so gerührt von diesem fragilen Zeichen des Friedens. Nach Feierabend wird sie das Licht in einem kleinen Video via WhatsApp an ihre Familie im Gazastreifen schicken. Sie haben dort ihr Haus verloren und auch die Flüchtlingsunterkunft wurde zerstört. Jetzt leben sie in einem Zelt. Dort wird das Licht ankommen.“ Als ich das hörte, kamen mir Tränen. Ich schaute auf die Weihnachtskarte, die wir dieses Jahr gestaltet hatten. Dort stand: „Gott sehnt sich nach uns. Er kommt als Mensch, der unsere Hilfe braucht!“
Gerade JETZT!
Ich hatte mich aufgemacht, den 500 Lehrer*innen unserer Stadt einen kleinen Weihnachtsgruß in die Schulen zu bringen. Dazu fuhr ich an 10 verschiedenen Grund- und Weiterführenden Schulen vorbei. Kurz vor Ende meiner Rundtour schellte ich an einer der Schulen vergeblich. Da ich das Gebäude kannte, fand ich einen anderen Eingang. Als ich vor dem Lehrerzimmer stand, kam eine Lehrerin auf mich zu und sagte: „Wie gut, dass Du kommst. Hier steht gerade alles Kopf!“ Und dann erzählte sie von einem Schüler, dem sie Zeit geschenkt hatte, um ihn und seine persönliche Situation – nach einem faux pas an der Schule – besser kennen zu lernen. „Ich bin echt geschockt!“ hörte ich. „Da war gar nichts mehr an Motivation. Ich hab ihn gefragt: Wann warst du das letzte mal froh? – Keine Antwort. Wann hast du dich das letzte Mal für irgendetwas angestrengt? – Keine Antwort. Hast Du Freude an irgendetwas? – Keine Antwort. Und was tust du den ganzen Tag? Seine Antwort: Abhängen! – Oh, ich bin so geschockt und weiß irgendwie nicht mehr, wie wir ihm helfen können!“ Dann kehrten einige Augenblicke der Stille ein. „Wie gut, dass ich das gerade JETZT mit dir teilen konnte!“ Dann klingelte das Telefon und der Alltag ging weiter.
Geteilter Schmerz
Eine Botschaft erreicht mich aus der Ukraine. „Ich liege noch im Bett und versuche ein wenig Schlaf nachzuholen, denn letzte Nacht war wieder ein Angriff auf unser Stadtviertel. Wir haben zu zweit im Korridor unseres Hochhauses gesessen. Ich habe versucht, stark zu bleiben, um meine Mitbewohnerin zu trösten und ihr Halt zu geben.“ Dann höre ich in einer angehängten Audio-Datei zwei Minuten lang die Einschläge der Raketensplitter und Martinshörer. Eine gespenstische und bedrohliche Situation. Ich spüre die Angst all derer, die das wieder aushalten mussten. Ich sehe die Zeit, in der das Audio aufgenommen wurde: 3 Uhr morgens. Tief erschüttert und bewegt höre ich mir diesen Lärm der Zerstörung zwei Mal an und bete dabei für die, deren Lebenssituation es jetzt ist. Der geteilte Schmerz und die geteilte Angst werden zu einer Brücke der Liebe.
Nachhaltigkeit
Bei einer Zusammenkunft von Priestern hatten wir uns in verschiedene Arbeitsgruppen aufgeteilt. In der Gruppe, in der ich mitarbeitete, ging es um die Sakramentalität des Priestertums. Einige Brüder wirkten sehr entmutigt angesichts innerkirchlicher Entwicklungen. Sie fühlten sich nicht mehr mitgetragen. Ich teilte meine Erfahrung, sehr gerne Eucharistie zu feiern. „Aber der gleiche Jesus, der mir in der Eucharistie als Quelle begegnet, ist für mich auch erlebbar, wenn sich ehrliche und authentische Begegnungen ereignen. Dann spüre ich: Jesus ist verborgen da und erfüllt mein Herz mit einer tiefe Freude,“ sagte ich. Am Ende des Treffens kam ein Mitbruder, der vor über 30 Jahren in meiner Heimatpfarrei ein Praktikum gemacht hatte und den ich über Jahre nicht mehr gesehen hatte. Er setzte sich neben mich und sagte: „Es tat mir so gut, was Du eben von dir geteilt hast. Ich mache die gleiche Erfahrung. Übrigens, lebt deine Mutter noch?“ Als ich bejahte, fragte er weiter und nannte genau die Straße, in der er sie vor langer Zeit besucht hatte. „Das war damals eine so schöne Begegnung. Deshalb hab ich mir auch die Straße gemerkt!“
Zeichen der Hoffnung
„Darf ich Sie anrufen?“ lese ich auf meinem Display des Handis. „Na klar!“ meine schnelle Antwort und schon klingelt das Telefon. „Ich wollte Sie auf jeden Fall persönlich sprechen, denn als ich gestern das kleine Päckchen mit dem wunderbaren Stern bekommen habe, sind mir die Tränen gekommen! Ich war so gerührt und konnte meine Gefühle einfach nicht in Worte fassen. Es hat mir so viel Hoffnung gegeben in dieser schweren Zeit, denn Sie wissen ja, ich komme aus dem Gaza-Streifen und lebe und arbeite schon einige Jahre hier in Deutschland, aber meine ganze Familie lebt im Gaza-Streifen – mittlerweile in selbstzusammen gebauten Zelten…“ Gebannt höre ich zu und spüre, was die kleine Aufmerksamkeit für diese Muslima aus Palästina bedeutet hat. Ich kannte sie nicht persönlich, aber alles hatte damit begonnen, dass ihre Freundin ihr das Licht von Betlehem gebracht hatte… Gott schreibt in allem Dunkel SEINE ganz persönliche Geschichte des Friedens!
Zur rechten Zeit am rechten Ort!
Ich hatte mein Handi vergessen und musste deshalb nochmals kurz nach Hause. Nicht weit von meinem Haus entfernt stand ein Auto, in dem zwei Ehepaare saßen. Sie suchten nach der Adresse einer Frau, die Portraits malte. Ich wusste, dass diese über beide Ohren voll mit Arbeit in diesen Tagen keine neuen Projekte würde beginnen können. Interessiert fragte ich, für wen sie denn ein Porträt malen lassen wollten. Sie erzählten, dass ihre Mutter verstorben sei und sie schon in drei Tagen beerdigt würde. Gern würden sie ein Foto ihrer Mutter neben den Sarg stellen, sie hatten aber nur ein kleines Passfoto ihrer Mutter. In einem Fotografengeschäft waren sie abgewiesen worden, deshalb hatten sie an ein Porträt gedacht. Ich schaute mir das Passfoto an und ließ sie verstehen, dass ich ihnen helfen könne. In meinem Büro vergrößerte ich das Foto und wir rahmten es. Nach einer Stunde Arbeit war alles erledigt. Als die vier nach dem Preis fragten, ließ ich sie verstehen, dass ich für diese Arbeit für eine Verstorbene kein Geld nehmen würde. Mit Tränen in den Augen verabschiedeten sich. Sie riefen mir noch nach: „Was für ein Geschenk, Ihnen begegnet zu sein. Diese Begegnung wird auch in 20 Jahren in uns noch lebendig sein.“