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Ich bin glücklich!

Mit Menschen aus 14 Nationen hatten wir Gottesdienst gefeiert – mit vielen Kindern und Jugendlichen. Alle hatten ihren Ort in der Liturgie gefunden. Der Kirchenraum war spürbar von Freude erfüllt. Ein altes Ehepaar – beide schon weit über 90 Jahre alt – waren eigens mit dem Zug über 150 Kilometer angereist, um in der Karwoche in unserer Stadt, in der sie sich sehr wohl fühlen, zu sein. Dann hatten sie die Idee gehabt, bis Ostern zu bleiben, was in dem Hotel, in dem sie untergebracht waren, auch möglich war. Im Gottesdienst hatte ich sie entdeckt und begrüßt. Nach der Messe kamen die beiden alten Leute nach vorn und sangen voller Freude ein Marienlied in ihrer Mundart. Der Mann, schon ein wenig gehbehindert, setzte sich nach dem Lied und strahlte mich an. „Was für ein Geschenk, hier sein zu dürfen. All die vielen Kinder und jungen Leute aus so vielen Ländern und jeder ist willkommen. Wenn man den Glauben verloren hat, hier kann man ihn wiederfinden!“ ließ er uns mit Tränen in den Augen wissen.

 

Ostersonntag Nachmittag - die kirchlichen Feierlichkeiten zu Ostern in unserer katholischen Gemeinde sind fast schon wieder vorbei. Ein kurzer Gang noch ins Büro und dann ein etwas ruhigerer Nachmittag, wie ich dachte. Auf dem Weg vom Büro ins Haus, das gleich nebenan liegt, sehe ich vor der evangelischen Kirche, die 70 Meter entfernt liegt, eine Gruppe von Menschen stehen, einer winkt mir zu. Es ist einer der evangelischen Pastoren, der dort mit einer kleinen Gruppe von Engagierten steht. Gemeinsam lassen sie Ostern ausklingen. Wir winken uns auf Entfernung zu und ich spüre den Impuls, zu der kleinen Gruppe herüberzugehen. Das tue ich und nach einer fröhlichen Begrüßung kommt die Frage an mich, wie Ostern war. So erzähle ich von unseren Begegnungen in den vergangenen Tagen, auch mit dem Netzwerk „go4peace“, das in der Gruppe bekannt ist. Es entsteht Interesse über den aktuellen Stand der Entwicklungen des Netzwerkes, die nicht so recht bekannt sind. Auch darüber berichte ich den sehr aufmerksamen Leuten. Nach verschiedenen Rückfragen berichtet die Gruppe über Entwicklungen in der evangelischen Gemeinde in Kamen, von denen ich auch noch nichts wusste. Ich habe den Eindruck, dass durch dieses ungeplante Miteinander ein Lichtstrahl des auferstandenen Jesus für uns spürbar geworden ist.
Und so gehen wir nach ca. einer halben Stunde wieder auseinander, der evangelische Pastor sagt mir noch: „Danke, dass du nicht nur auf Entfernung gegrüßt hast, sondern zu uns herübergekommen bist, als wir uns sahen, das hat mich sehr gefreut, und auch, von euch zu hören, wie ihr lebt. Das meiste wusste ich noch gar nicht. Das war jetzt wie ein Update über euer Leben. Danke, danke dafür.“

Ich wusste um seine Krankheit. Sie währte nun schon einige Jahre. Beim letzten Telefonat hatte ich den Eindruck, dass es ernster geworden war, obwohl er aus einer tiefen Zuversicht heraus zu leben versuchte. Ich verschob einen anderen Termin und machte mich auf den weiten Weg. Als ich ankam, nahm er mich herzlich in den Arm. „Wo kommt Du denn jetzt her?“ Als er erfuhr, dass ich eigens für ihn gekommen war ohne Begleittermine, rührte ihn das sehr. Seine Enkelin war da, ein sehr aufgewecktes Mädchen. Wir tranken Kaffee und teilten Leben. Die Enkelin machte Reime mit ihrem Opa: „Oma liegt im Liegestuhl, ihre Enk’lin find‘ das cool, im Vordergrund die Hummeln brummen, und in den Blüten Bienen summen.“ Dann lacht sie herzlich und geht in ein Nebenzimmer, um zu malen. Unser Gespräch umgreift nun die Krankheit. Ich versuche ganz da zu sein. Viel kommt ins Gespräch: Angst und Ungewissheit, tiefe Dankbarkeit und ein echtes Vertrauen. Nach drei Stunden geteilten Lebens fahre ich wieder. Am nächsten Tag lese ich in einer Mail: „ Herzlichen Dank für deine so wertvolle Nähe. Sie tut mir einfach gut – mehr als manche Medikamente!“

Seit Wochen hatte ich gespürt, dass es einem jüngeren Menschen nicht gut ging. Irgendwie schien das Leben schwer. Ich lud ihn auf einen Kaffee ein. Wir fanden einen guten Ort in einem Schnell-Café. Mitten im Trubel eines normalen Alltags entwickelte sich ein ehrlicher Austausch. Schnelle Lösungen für einige Fragen gab es nicht, aber es war gut, einander all die Fragen anzuvertrauen und sie damit ins Licht zu bringen. „Es tut so gut, das alles einfach zu sagen!“ durfte ich hören. Ich spürte, die Hälfte der Last war damit genommen. Ich spürte den Impuls, noch ein „Mehr an Liebe“ zu zeigen. „Was fehlt Dir denn noch in Deiner Wohnung?“ fragte ich. Die Fenster brauchten noch dringend Gardinen. So fuhren wir noch in ein Möbelhaus und besorgten all das, was noch nötig war. Als wir auseinander gingen schaute ich in Augen voller Frieden.