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Anbruch der Ewigkeit

Darf ich noch schnell eine Erfahrung teilen? fragte mich eine Frau nach dem Gottesdienst. Sie erzählte von einem älteren Mann, der mit seiner Frau in einem Seniorenzentrum gelebt hatte. Unvermutet hatte er am Vortag einen Schlaganfall bekommen und war daraufhin ins Krankenhaus eingeliefert worden, wo er nach wenigen Stunden verstarb. Seine Frau, die ihn seit Kindertagen kannte, war völlig halt- und fassungslos. Im Altenzentrum kümmerte sich die Erzählende als Seelsorgerin mit hoher Empathie um die Trauernde. Abends schaute sie nochmals vorbei und saß dann mit einer weiteren Mitarbeiterin am Bett der alten Frau. „Dürfen wir noch mit ihnen beten?“ fragten sie die Trauernde. Gern willigte die Witwe ein. Als Text schlug sie selber Psalm 90 vor, ein Psalm in dem die Härte des Lebens und des Todes zum Klingen kommt. Vers für Vers beteten die drei dieses uralte Gebet. Es wurde ein tiefer, ehrlicher Augenblick – eine Zeit großer Nähe in tiefem Schmerz. Die Zeit stand still, Anbruch der Ewigkeit.