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doppelter Applaus

Ein älteres Ehepaar hatte sich gemeldet. Sie waren nun 50 Jahre beieinander und wollten ihre Goldene Hochzeit feiern und nochmals um den Segen Gottes bitten. Wir trafen uns zu einem Vorgespräch. Tiefe Risse in der Beziehung kamen – für mich unerwartet – ans Licht und unser Gespräch wurde ein Weg, in dem vieles gesagt werden konnte. Psychische Lasten und Belastungen schienen mir eine große Rolle zu spielen. Ich bewunderte den Mann, der mit großer Gleichmut viel ertrug und aushielt. An einer Stelle des Gespräches aber, sah ich Tränen in seinen Augen. Ich ahnte, wie sehr er litt.

Dann kam der Tag der Goldenen Hochzeit. Ich hatte mich schon früh auf den Weg gemacht, um meinen Teil zu geben, ein Klima der gegenseitigen Liebe entstehen zu lassen. Pünktlich zum Gottesdienst erschien das Jubelpaar. Sie wirkten ein wenig angespannt. Beim Einzug in die Kapelle begannen alle zu klatschen. Kinder spielten vor dem Altar. Ein Bild gelebter Familie. In der Predigt erzählte ich dem Goldhochzeitspaar und den Kindern von einem großen LKW, der mit flüssiger Schokolade auf der Autobahn umgekippt war. Das Problem der Feuerwehr war gewesen, die Schokolade flüssig zu halten, denn erkaltet war sie nur schwer von der Autobahn zu entfernen. Dann ging’s um die Frage, wie die Schokolade und analog eben auch die Liebe zwischen Menschen flüssig, liquid zu halten sei. Beim Nachdenken darüber schmunzelten alle und immer wieder lachte die ganze Festgemeinde. Als der Augenblick der erneuten Segnung des Ehebundes vollzogen war, schauten sich beide Eheleute an und nach langer Zeit gaben sie einander wieder einen Kuss. Erneuter Applaus in der Kapelle.