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Ich kann Gott doch nicht anlügen!

Endlich Wochenende! Auf meinem Handy sehe ich eine Menge verpasster Anrufe. Die Nummer ist mir unbekannt. ‘Wird sich wohl wieder melden!’ denke ich. Ich möchte auf jeden Fall die letzten Sonnenstrahlen genießen und endlich etwas essen. Wieder ruft dieser Unbekannte an, ich hebe ab: "Bitte, kannst du uns helfen? Ich bin der Onkel von Josipa*, sie und ihr Mann haben heute Post bekommen. Ihr Asylantrag ist abgelehnt worden und sie müssen in wenigen Tagen unser Land verlassen haben!” Ich bin geschockt! Was soll ich tun? In meinem Kopf und in meinem Herzen rumort es. Ich rufe ein mir bekanntes Rechtsanwaltsbüro an. In 20 Minuten schließt das Büro, und es ist Freitag nachmittag.”Ja, schicken Sie noch schnell eine Mail!” Wenige Minuten später sitze ich bei dem jungen Ehepaar mit ihrem Säugling, um die notwendigen Infos zu sammeln. Unendlich groß sind die Not und die Sorgen, die mir sofort entgegen schlagen. Ich kann nur meine Nähe geben und sachliche Informationen per mail an den Anwalt schicken. 15.55 h, es ist geschafft! Ich verspreche meinen Beistand und mein Gebet, und ich verspreche Menschen zum Mit-Beten zu animieren.  Der Mann strahlte...
Am nächsten Tag ein erneuter Anruf, der Onkel der Frau - schon lange in Deutschland wohnhaft -  war mit seiner Familie gekommen. Er bringt Ideen und recht fragwürdige Vorschläge. Er wolle ein Gutachten besorgen, ließ er mich wissen. Ich spürte, in Unehrlichkeiten hineingezogen zu werden. Dazu war ich nicht bereit. Ich wollte helfen, aber so nicht! Ich blieb dem eingeschlagenen Weg treu und suchte die Kommunikation mit dem Anwalt. Er bat um weitere Unterlagen vor unserm Gespräch und so fuhr ich wieder in die Wohnung der jungen Familie. Bereitwillig händigten sie mir die Unterlagen aus. Ihre Angst, gehen zu müssen, war mit Händen greifbar! Da sagte der Mann zu mir: "Meine Familie hat unehrliche Vorschläge gemacht. Aber ich will das nicht! Das ist eine Lüge und ich will Gott nicht anlügen! Er sieht uns doch!" Ich war sprachlos! Wir umarmten uns alle drei mit Tränen in den Augen. Was für eine menschliche Größe in dieser schweren Situation! Dadurch erleichtert, gehen wir diesen Weg gemeinsam weiter!

* Der Name ist von der Redaktion geändert.