Die Worte Jesu stiften Beziehung
Die Möglichkeit, mit einem konkreten Wort des Evangeliums zu leben, entdeckte ich als Jugendlicher – und bin seitdem davon fasziniert! Ich verstand damals: Es geht nicht darum, „Worte zu machen“, sondern „ein Wort zu sein“, es konkret im Alltag zu leben. Eine doppelte Entdeckung hat sich mir in vielen Jahren zugespielt: Mit Jesus lerne ich seine (auf der Erde ausgesprochenen, aber aus dem Himmel stammenden) Worte kennen und durch die Worte Jesu lerne ich ihn selbst besser kennen. Das bedeutet: auf der einen Seite lasse ich mich von Jesus - durch seine Worte - zum Leben einladen. Und gleichzeitig merke ich, dass zunächst einmal er selbst derjenige ist, der seine eigenen Worte (in mir) lebt. Richtig verstanden werde ich von Jesu Wort gelebt. Deutlich wird mir das vor allem an den „Seligpreisungen der Bergpredigt“. Sie sind für mich an erster Stelle wie ein Porträtfoto oder eine Biografie Jesu. Erst an zweiter Stelle sind sie auch Einladung, sie zu leben.
Es geht beim Leben der Worte Jesu um eine lebendige Beziehung zu ihm persönlich. Diese „vertikale Beziehung“ zwischen Gott und mir findet ihren konkreten Ausdruck in der zwischenmenschlichen Horizontale: So erlebe ich immer wieder, dass neue Beziehungen entstehen und andere sich vertiefen. Eine besondere Qualität der Beziehung erlebe ich bei Menschen, die miteinander im Leben der Worte Jesu verbunden sind. Mit wie vielen Menschen habe ich seither das Leben teilen und Erfahrungen austauschen können!
Aber wie lebe ich konkret mit einem einzelnen Wort? Um mich zu erinnern, habe ich z.B. ein Blatt mit einem Kommentar zu einem „Wort des Lebens“ auf meinem Schreibtisch liegen – und lese ihn auch immer wieder einmal. Ich trage die kleinen Kärtchen mit einem Wort des Evangeliums im Geldbeutel oder Terminkalender. Eine Zeit lang hatte ich mir auch einen entsprechenden Bildschirmschoner auf dem PC eingerichtet. Es kommt eben darauf an, immer wieder auf das konkrete Wort gestoßen zu werden.
Und dann ist mir das Teilen meiner Erfahrungen wichtig! Deswegen versuche ich einmal im Monat eine kleine Erfahrung aufzuschreiben und ich versende sie via Mail. Auch wenn ich predige, ist mir nicht wohl, wenn ich nicht auch von meinem eigenen Leben her etwas zu einer Schriftstelle sagen kann.
Seit einiger Zeit bin ich zur Mithilfe in einem sich neu organisierenden pastoralen Raum beauftragt. Dabei hilft mir das Wort: „Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32). Gott gibt mir darin eine Marschrichtung für meine Arbeit, die ich zu tun habe. Zum anderen erinnert mich das Wort daran, zunächst im Team der Hauptamtlichen in dieser Haltung eines gelebten Miteinanders zu sein. Ich bin gespannt, welche Horizonte mir die Worte Jesu noch aufreißen werden, denn sie wollen gelebt sein, Tag für Tag neu!
P. Alois